Neumünster/Kreis Pinneberg. Andreas Fohrmann habe bei der Sparkasse Südholstein Vertrauen missbraucht. Es gehe “allein um die Person und was sie getan hat“.

Die Nachricht, die diesen Paukenschlag verkündete, erreichte die Redaktionen am späten Freitagabend: Der Verwaltungsrat der Sparkasse Südholstein hat seinen Vorstandschef Andreas Fohrmann (58) nach siebeneinhalb Jahren mit sofortiger Wirkung seines Amtes enthoben.

Sparkasse Südholstein: Vertrauen beschädigt

Das Kontrollgremium des mit 6,1 Milliarden Euro Bilanzsumme größten Kreditinstituts der Region, das 830 Mitarbeiter beschäftigt, war kurzfristig zu dieser Sondersitzung nach Neumünster einberufen worden. Einziger Tagesordnungspunkt war die Entlassung Fohrmanns, die dann nach etwa vier Stunden Beratung beschlossen worden ist. Fohrmann selbst war nicht mehr vor Ort. Er war bereits eine Woche zuvor vom Präsidialausschuss der Sparkasse freigestellt worden.

Als Grund für die sofortige Beendigung dieses Dienstverhältnisses gibt die Sparkasse an, dass das „Vertrauensverhältnis zwischen Herrn Fohrmann und dem Verwaltungsrat nachhaltig beschädigt“ gewesen sei, weil dieser seine „Verantwortungs- und Zuständigkeitsbereiche“ überschritten hätte. Folge: „Das Amt des Vorstandsvorsitzenden ruht daher mit sofortiger Wirkung.“

Fohrmann bekam Sparkasse 500.000 Euro brutto im Jahr

Fohrmann gehörte mit einem Jahresgehalt einschließlich erfolgsabhängiger Bezüge von rund einer halben Million Euro brutto zu den drei bestverdienenden Sparkassenchefs in Schleswig-Holstein. Was genau Fohrmann sein Amt gekostet hat, mag auch die Sparkassensprecherin Imke Gernand nicht verraten. Das sei vertraulich. Es soll sich aber um mehrere „verschiedene Vorfälle“ gehandelt haben. „Es geht allein um die Person und was sie getan hat.“ Der Sparkasse sei kein bilanzieller Schaden entstanden. Die Mitglieder des Verwaltungsrates sind zum Stillschweigen darüber verpflichtet worden.

Der gebürtige Münsteraner Fohrmann, der zum 1. Januar 2014 vom Vorstand der Sparkasse Chemnitz nach Neumünster kam, ist der dritte Vorstandschef seit der Fusion der beiden Kreissparkassen Pinneberg und Segeberg im Jahr 2003 zur Sparkasse Südholstein, der sich 2005 auch die Stadtsparkasse Neumünster anschloss, der vorzeitig gehen musste. 2009 wurde Mario Porten seines Amtes enthoben, 2014 war es Ralph Schmieder.

Harter Sparkurs rettete die Sparkasse Südholstein

Diesen beiden trauten die Verwaltungsräte seinerzeit nicht mehr zu, die ins Schlingern geratene, einstmals größte Sparkasse im Land wieder auf Wachstumskurs zu bringen. Der Sparkassen- und Giroverband sowie die Finanzholding der Hamburger Sparkasse mussten die Sparkasse Südholstein zeitweise mit Bürgschaften und Darlehen von rund 100 Millionen Euro stützen. Diese Kredite sind erst vor kurzem vollständig zurückgezahlt worden.

Fohrmann gelang es mit einem harten Sparkurs, die Sparkasse aus dieser Misere herauszuholen und sie „zu einer der vertriebsstärksten Organisationen im gesamten Sparkassenverbund“ aufsteigen zu lassen, würdigte Verwaltungsratsvorsitzender Jan Peter Schröder, Landrat des Kreises Segeberg, die „erfolgreiche“ Arbeit Fohrmanns.

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Die Sparkasse Südholstein „verfügt über eine solide wirtschaftliche Verfassung“, so Schröder weiter. „Für diese Leistungen gilt ihm unser Dank“, so Schröder in Richtung des geschassten Vorstandschefs. „Doch die Überschreitung von Verantwortungs- und Zuständigkeitsbereichen ließ uns keine andere Wahl und dieser Schritt war notwendig, um die ordnungsgemäße Unternehmensführung nachhaltig zu sichern.“

Sparkasse Südholstein: Viele Geschäftsstellen dicht

Zu dem harten Sparkurs des Sanierers Fohrmann gehörte insbesondere die Schließung zahlreicher Geschäftsstellen. Fohrmann bezeichnete dies als „Neuausrichtung“ der Sparkasse. In den ersten drei Jahren seiner Amtszeit wurde allein im Kreis Pinneberg die Hälfte der Filialen dichtgemacht. 2017 folgten acht weitere Geschäftsstellen vor allem im Kreis Segeberg und Neumünster. Aktuell sind es noch 28 Geschäftsstellen, davon elf im Kreis Pinneberg, zwölf im Kreis Segeberg und fünf in Neumünster. Vor der Fusion 2002 hatten die beiden Kreissparkassen Pinneberg und Segeberg noch 51 Filialen.

Zuletzt wurden die Filialschließungen nicht mehr mit wirtschaftlicher Notwendigkeit, sondern dem veränderten Verhalten der Kunden begründet, die ihre Bankgeschäfte zunehmend online erledigten, ohne in die Geschäftsstelle zu kommen. 2020 erreichte die Sparkasse mit 6,1 Milliarden Euro Bilanzsumme beinahe schon wieder den bisherigen Rekordwert von 6,3 Milliarden Euro von 2005. Damals beschäftigte die Sparkasse allerdings noch 1241 Mitarbeiter und 134 Auszubildende in 49 Geschäftsstellen. Inzwischen sind es 833 Mitarbeiter und 63 Auszubildende in 28 Filialen, die mit Mitarbeitern besetzt sind.

Fusion der Sparkassen Südholstein und Holstein geplant

Die Führung der Sparkasse übernehmen die beiden Vorstandsmitglieder Martin Deertz und Eduard Schlett „als Team“, so Sprecherin Gernand. Einen Vorstandschef werde es vorerst nicht geben. Auf die Fusionsgespräche mit der Sparkasse Holstein soll das Ausscheiden Fohrmanns keine Auswirkungen haben. Die Gespräche mit dem Holsteiner Vorstand würden unverändert weiterlaufen, sodass beide Sparkassen wie geplant Mitte 2023 zur gemeinsamen Sparkasse Holstein fusionieren könnten.

Erst vor zwei Monaten hatten die Vorstände mit den Landräten Schröder und Henning Görtz (Stormarn) als Verwaltungsratsvorsitzende diese Mega-Fusion in Norderstedt verkündet. Die beiden Häuser zusammen würden mit 13,4 Milliarden Bilanzsumme zu einer der zehn größten Sparkassen in ganz Deutschland verschmelzen. Sie beschäftigen zusammen rund 1760 Mitarbeiter und 135 Auszubildende in 62 Geschäftsstellen in den vier Kreisen Pinneberg, Segeberg, Stormarn und Ostholstein sowie Neumünster und verwalten das Geld von einer halben Million Kunden.