Halstenbek. Fenster der Firma Eurocommand systematisch zerstört. Das Unternehmen stattete die Hamburger Polizei mit Software für G20 aus.
Etliche zersplitterte Scheiben, dicke Steine im Foyer und beträchtlicher Sachschaden: Das ist das Ergebnis eines wohl politisch motivierten Anschlags auf die Firmenzentrale des Sicherheitsdienstleisters Eurocommand in Halstenbek.
In der Nacht zum Montag wurden an der Gärtnerstraße nahezu alle Fenster des Unternehmens von bislang noch unbekannten Tätern mit Steinwürfen „entglast“. Jetzt ermittelt der Staatsschutz in der Bezirkskriminalinspektion Itzehoe, wie Polizeisprecherin Merle Neufeld dem Abendblatt bestätigte. „Ein politisch motivierter Hintergrund der Tat kann nicht ausgeschlossen werden.“
G20-Ausstatter im Fadenkreuz von Linksextremisten
Hintergrund des Anfangsverdachts ist, dass es bereits der zweite Anschlag auf die Sicherheitsfirma ist, die unter anderem die Hamburger Polizei mit Überwachungssoftware für den G20-Gipfel im Jahr 2017 ausgestattet hat. Schon nach einem Buttersäure-Attentat im Jahr 2018, bei dem wenig später ein Bekennerschreiben aus der autonomen Szene im Internet veröffentlicht wurde, hatte der Staatsschutz ermittelt. Das Engagement von Eurocommand für Sicherheitslösungen öffentlicher Behörden ist extremen Linken offenbar nach wie vor ein Dorn im Auge.
Nun steht Geschäftsführer Sascha Pomp einmal mehr vor Trümmern, die offenbar Linksextremisten in seiner Firma hinterlassen haben. Gegen 1.30 Uhr am Montagmorgen sei der Unternehmenssitz systematisch mit Steinen attackiert worden, sagt Pomp. „Die Täter haben sich Stück für Stück an der Fensterfront vorgearbeitet. So gut wie alle Scheiben sind kaputt“, sagte Pomp.
Einen aktuellen Anlass für den neuerlichen Anschlag gibt es laut dem Geschäftsführer nicht. „Wir wollen in diesem Jahr zwar die Software bei der Hamburger Polizei aktualisieren und die Handys der Beamten mit unserem System updaten.“ Doch das sei bisher nicht öffentlich gemacht worden. Ausgeschlossen sei aber nicht, dass politische Gegner davon Wind bekommen hätten.
Beim G20-Gipfel versorgte die Firma die Hamburger Polizei
Laut Geschäftsführer Pomp haben die Überwachungskameras an der Halstenbeker Gärtnerstraße, der sogenannten Wohnmeile, während der Tat aufgezeichnet. „Bisher sieht man aber nur, wie die Steine fliegen und eine kleine Gruppe durch das Bild läuft.“ Eine genaue Auswertung es Video-Materials soll folgen. „Aber am Vorgehen der Täter kann man schon erkennen, dass es sich nicht nur um Vandalismus handelt“, mutmaßt Pomp.
Nach Polizeiangaben seien zunächst Spuren am Tatort gesichert worden. Diese sollen in den nächsten Tagen analysiert werden. Formal handele es sich erst mal „nur“ um den Tatbestand der Sachbeschädigung. Die Tatsache, dass sich der Staatsschutz bei den Ermittlungen beteiligt, lässt aber darauf schließen, dass auch die Polizei einen politischen Hintergrund vermutet.
Firmen-Technik kam auch bei Moorbrand zum Einsatz
Die Firma Eurocommand bietet seit mehr als 30 Jahren integrierte Systemlösungen für Risiko- und Krisenmanagement an. Die Technik des Unternehmens wurde unter anderem bei dem riesigen Moorbrand im Emsland 2018 oder zuletzt bei einer Vermisstensuche im Sachsenwald eingesetzt. Auch Führungsunterstützungssoftware für stationäre und mobile Einsatzleitungen vom Einsatzleitwagen bis zum kompletten Führungsstab hat die Firma entwickelt.
Die Einsatzsoftware „CommandX“ zur Echtzeitüberwachung liefert etwa bei der Hamburger Polizei, der Feuerwehr und der Rettungsleitstelle der Hansestadt Bilder unterschiedlichster Quellen in Echtzeit. Sie diene der Koordinierung der Einsatzkräfte – größte Lage dabei war sicher das Treffen der Regierungschefs beim G20-Gipfel vor vier Jahren in Hamburg.
Mit der Software konnten etwa alle eingesetzten Kräfte im Stadtgebiet in eigens entwickeltem Kartenmaterial angezeigt werden. Die Bilder aller Verkehrskameras der Stadt ließen sich zuschalten. Neben einem Gesamtbild oder mehreren einzelnen Übertragungen konnten auch bis zu 20 zusätzliche Kameras etwa aus Polizeihubschraubern integriert werden. Das System habe für jeden Einsatz eine Übersicht aller zur Verfügung stehenden Einsatzmittel, egal ob sie von Polizei, Feuerwehr, Rettungsdienst oder dem Technischen Hilfswerk stammen.
Einsatzleiter könnten so auf einen Blick erkennen, welche Kräfte welchem Einsatzabschnitt zugeteilt sind und wer das Kommando führt. Sogar ein gerichtsfestes Einsatztagebuch mit der gesamten Kommunikation werde aufgezeichnet. Nicht zuletzt dieses Einsatzgebiet rückte die Firma ins Fadenkreuz von extremen Linken.