Quickborn. CDU im Wahlkreis Pinneberg-Nord stellt Landtagskandidaten auf. Ex-Abgeordneter übt scharfe Kritik an Veranstaltung.

Das ist deutlich. Mit fast 200 Stimmen Vorsprung – 236 zu 37 – hat die CDU für die Landtagswahl 2022 im Wahlkreis Pinneberg-Nord zum siebten Mal in Folge Peter Lehnert aus Bilsen nominiert. Unterdessen wird scharfe Kritik laut, dass die CDU die Wahl in der Corona-Pandemie mit 275 Menschen in einem Raum abgehalten hat.

Der 58-jährige Lehnert, der dem Landtag ununterbrochen seit 29 Jahren angehört, musste sich überhaupt zum ersten Mal mit Lars Kuhlmann (45) aus Tangstedt gegen einen Herausforderer aus den eigenen Reihen durchsetzen. In der Sporthalle des Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasiums in Quickborn gelang ihm dies eindrucksvoll. Der Wahlkreis umfasst die Städte Barmstedt und Quickborn, die amtsfreien Gemeinden Bönningstedt, Hasloh, Helgoland und Rellingen sowie die Ämter Hörnerkirchen, Pinnau und Rantzau – mithin die Hälfte aller Kommunen im Kreis Pinneberg.

Lehnert war zufrieden. „Das ist ein starker Rückenwind, den mir die Basis hier gegeben hat“, sagte er unmittelbar nach der Veranstaltung, die der Kreisvorsitzende Christian von Boetticher in nur 40 Minuten über die Bühne brachte. In seiner kurzen Vorstellungsrede hatte Lehnert gesagt: „Ich wünsche mir ein klares und deutliches Zeichen der Geschlossenheit.“ Was er dann ja auch erhielt. „Meine gute Arbeit hat sich bezahlt gemacht“, sagte Lehnert danach und gab zu, dass er diesen großen Vorsprung vor seinem Mitbewerber Kuhlmann nicht erwartet hätte. Aber es habe im Vorfeld eine „starke Mobilisierung“ gegeben, die offenbar zu diesem 86-Prozent-Ergebnis führte.

Herausforderer Kuhlmann enttäuscht

CDU-Stadtvertreter Henning Behrens erklärte die Unterstützung des Barmstedter Ortsverbandes: „Lehnert ist uns näher als Kuhlmann, allein schon weil er dichter dran wohnt. Und er hat sich für den Kunstrasenplatz für den SSV Rantzau eingesetzt.“

Herausforderer Kuhlmann war bereits bei der Bekanntgabe des Wahlergebnisses trotz Mund-Nasen-Schutz anzusehen, wie sehr ihn diese Niederlage traf. Am Tag danach sagt der Landwirt, der auch dem CDU-Kreisvorstand angehört und vor zwei Jahren der Spitzenkandidat der Pinneberger CDU bei der Europawahl war: „Ich bin schon sehr enttäuscht und hätte mehr erwartet.“ Er habe aus den Gesprächen zuvor in den Ortsverbänden „viel Unzufriedenheit“ mit der politischen Arbeit Lehnerts wahrgenommen, was ihn überhaupt dazu bewogen habe, anzutreten. Auch vor dem Parteitag habe er „ein gutes Gefühl“ gehabt, weil er von vielen Seiten Zuspruch für seine Kandidatur erfahren hätte. Was offenbar ein Trugschluss gewesen sei, bedauerte Kuhlmann.

„Offenbar wollen die Parteien keine jungen Leute“

Der Tangstedter vergleicht diese herbe Niederlage mit der von Mats Hansen im Dezember. Da war der 31 Jahre alte Vorsitzende des Kreisjugendringes ebenfalls klar und deutlich gegen den fast doppelt so alten Ralf Stegner als SPD-Direktkandidat für die Bundestagswahl gescheitert, obwohl der noch nicht einmal im Kreis Pinneberg wohnt. „Ich kenne Hansen von der Jugendverbandsarbeit“, sagt Kuhlmann. „Offenbar wollen die Parteien keine jungen Leute mit guten Ideen. Das ist ein ganz schöner Dämpfer.“

In seiner Rede hatte er gesagt: „Wir brauchen bessere Ideen, wir brauchen einen Plan. Wir brauchen mehr Peilung.“ Quickborns Bürgermeister Thomas Köppl, der quasi Gastgeber des Parteitages in der größten Sporthalle der Stadt war, hofft, dass Kuhlmann „jetzt nicht verdrießt“ und sich nicht politisch zurückzieht. „Die CDU war in der komfortablen Situation, dass sie für den Wahlkreis Nord zwei gute und qualifizierte Bewerber hatte.“

Aus Parteikreisen hieß es, die Fürsprache des früheren Landtagsabgeordneten Rainer Ute Harms, der einst als langjähriger Vertrauter und Ziehvater Lehnerts galt und Lehnerts Amtsvorgänger war, könnte Kuhlmann im Endeffekt geschadet haben. Kuhlmann sagt dazu: „Ich habe mich gefreut, dass Harms mich unterstützt.“

Harms sagt dazu: „Leider hat der bessere Kandidat verloren.“ Er findet es im Übrigen „unmöglich“, dass dieser Parteitag überhaupt als Präsenzsitzung stattfinden konnte. „So hat sich Peter Lehnert auf Deubel komm raus durchgesetzt und bestimmt vorher 1000 Leute angerufen. In solchen Dingen ist er ein Meister.“

Aber in Zeiten, da Kinder nicht mehr oder nur zeitweise in die Schulen dürften, hätte dieser Parteitag ohne Not in den Herbst verschoben werden können, wundert sich Harms. Die Landtagswahl sei erst im späten Frühjahr 2022. „Die Versammlung hätte gut im September erfolgen können, wenn die Herdenimmunität erreicht ist.“ Aber dann wären wohl die Chancen für Lehnert geschwunden, meint Harms. „Das ist ein miserables Zeichen der CDU an die Bürger des Kreises Pinneberg.“

Der frühere Abgeordnete beruft sich dabei auf einen aktuellen Gesetzentwurf, den die Fraktionen von CDU, SPD, Grüne, FDP und SSW gemeinsam beantragt haben und der am gestrigen Dienstag vom Landtag beschlossen werden sollte. Darin heißt es: „Vor diesem Hintergrund ist es nicht zumutbar, die Durchführung von Versammlungen nach dem Landeswahlgesetz zur Aufstellung von Bewerberinnen und Bewerbern zwingend in Präsenz durchzuführen.“ Der Landtag stelle fest, „dass die Durchführung von Versammlungen im Sinne von Paragraf 23 des Landeswahlgesetzes wegen damit einhergehender Gefahren für Leib oder Leben aufgrund des Vorliegens einer epidemischen Lage von überregionaler Tragweite im Land unzumutbar ist.“