Kreis Pinneberg. Aufgrund von hohen Infektionszahlen versperrt der Kreis Pinneberg Besuchern nun den Weg zu beliebten Ausflugszielen. Ein Ortstermin

„Halt!“ Die Stimme des Wachmannes klingt freundlich, aber sehr bestimmt. Seine Botschaft ist eindeutig: Hier geht’s nicht weiter. Hier, das ist der Parkplatz vor dem stillgelegten Torfwerk am Rande des Himmelmoores, Ausgangspunkt für Wanderungen durch das rund 600 Hektar große Feuchtgebiet bei Quickborn.

Bis in den Sommer 2018 hinein wurde hier mehr als 150 Jahre lang Torf abgebaut, seitdem erobert sich die Natur die Landschaft zurück. Es ist gerade im Winter ein Ort von mystischer Schönheit und eines der beliebtesten Ausflugsziele im Kreis Pinneberg. Und nun ein verbotener Ort. Wer die Absperrgitter auf der Zufahrtsstraße noch hat umfahren können, kommt endgültig vor dem freundlichen, aber sehr bestimmten Wachmann zum Stehen.

Beliebte Ausflugsziele im Hamburger Umland betroffen

Denn am Sonnabend hat der Kreis Pinneberg den kritischen Wert von 200 Corona-Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen zum ersten Mal überschritten, seitdem verfestigt sich diese Zahl, mal knapp darüber, mal knapp darunter. Landrätin Elfi Heesch hat deshalb am Sonntag in einer Allgemeinverfügung erlassen, dass das Himmelmoor „aus touristischen Gründen“ nicht mehr betreten werden darf. Davon betroffen sind auch die Holmer Sandberge bei Wedel und das Marschland rund um die Hetlinger Schanze an der Elbe.

„Ich gehe hier doch jeden Tag spazieren. Wieso darf ich das denn jetzt nicht mehr?“, fragt die Dame, die der Wachmann gestoppt hat. Mit viel Geduld erklärt der Mitarbeiter einer privaten Sicherheitsfirma, was die Landrätin verfügt und warum sie es getan hat. Sein Gegenüber sieht das nicht ein. „Aber hier bin ich doch ganz allein“, erwidert sie. Es hilft nichts, an dem kräftigen Mittvierziger gibt es kein Vorbeikommen. Sie schüttelt den Kopf, wedelt erbost mit ihren Nordic-Walking-Stöcken und dreht um.

Mitarbeiter einer privaten Sicherheitsfirma kontrollieren

„Das erleben wir tagtäglich, und es nervt“, sagt der Sicherheitsmann. Bis zu 20 Spaziergänger, „die es immer noch nicht verstanden haben oder es nicht verstehen wollen“, kämen an Wochentagen vorbei. Er zeigt sich besorgt, dass es am kommenden Wochenende mit Sicherheit „zu viel mehr Stress“ kommen werde. Und das kann er wiederum nicht verstehen.

Zum einen, da weitreichend über den Erlass berichtet wurde, zum anderen, weil die Zuwegungen zum Himmelmoor weiträumig mit einem Einfahrverbot versehen sind. Auch ist die Durchfahrt eigentlich mit Gittern bis auf Weiteres gesperrt, an denen auch noch große Schilder die Zutrittsbeschränkung erklären. Anders als im Frühjahrs-Lockdown wählt die Stadt Quickborn unübersehbare Maßnahmen, um Besucher vom Moor fernzuhalten.

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Ortswechsel. Das Naherholungsgebiet Hetlinger Schanze an der Elbe. Im März und April, als ganz Schleswig-Holstein für Ausflügler tabu war, patrouillierte die Polizei. Von Einfahrtverboten oder Absperrgittern zu den Parkplätzen ist jetzt nichts zu sehen. Nur kleine Schilder an der Einfahrt zum Parkplatz am Klärwerk sowie an der Schautafel am Aufgang zum Deich informieren über das Betretungsverbot. Wer nicht erwartet, dass dort etwas bekannt gemacht wird, übersieht es leicht. Auch der Zugang zum Deich ist nicht versperrt. Niemand kon­trolliert, wer kommt und geht.

"Gerade in Ex­tremsituation muss man Menschen Raum geben"

Was etliche Spaziergänger nutzen, um auf dem Deich zu wandern. „Ich laufe hier jeden Tag“, sagt eine Pinnebergerin. Sie wisse, dass sie damit gegen das Betretungsverbot verstoße. Aber: „Es ist ja keiner hier, der das kontrolliert.“ Sie schmunzelt und zuckt mit den Schultern. Sie habe generell Verständnis für die Regelung, könne es allerdings nicht verstehen, dass die Beschränkungen auch innerhalb der Woche gelten, „wenn doch nur so wenige Menschen hier unterwegs sind“. „Gerade in dieser Ex­tremsituation muss man den Menschen Raum geben“, meint sie. Und Raum biete die Marsch viel, da könne man einander gut aus dem Weg gehen.

Auch vor den Holmer Sandbergen steht ein Schild mit dem Betretungsverbot.
Auch vor den Holmer Sandbergen steht ein Schild mit dem Betretungsverbot. © Kitty Haug | Unbekannt

Wenige Kilometer weiter landeinwärts. Auch auf den Zuwegen zu den Holmer Sandbergen, am Katastrophenweg und am Eggernkamp, hängt jeweils nur ein kleines Schild an den Schautafeln. Auf dem Parkplatz stehen Autos mit Hamburger und Pinneberger Kennzeichen. Sie gehören zum Beispiel Hundebesitzern wie Hans-Jürgen Herbst. Überrascht nimmt er den Hinweis auf das Betretungsverbot zur Kenntnis.

Einfahrt verboten: Der Weg zum Himmelmoor ist aufgrund von Corona gesperrt worden.
Einfahrt verboten: Der Weg zum Himmelmoor ist aufgrund von Corona gesperrt worden. © Kitty Haug | Unbekannt

„Der ist mir noch gar nicht aufgefallen“, stellt der Pinneberger entsetzt fest, nimmt seinen Hund auf den Arm und macht sich auf den Rückweg. Allerdings: „Ich finde die Verordnung übertrieben, nicht nachvollziehbar“, sagt der Rentner. „Das Gebiet ist sehr weitläufig. Die Wege sind so breit, da kann man den Abstand sehr gut einhalten.“​

Erwachsene müssen auf Spielplätze Mundschutz tragen

Die Einschränkungen gelten zunächst bis einschließlich Sonntag. Solange haben ausschließlich Menschen Zugang, die zu ihren Häusern gelangen müssen oder beruflich zu tun haben, Landwirte etwa.

Weitere Extraregeln für den Kreis Pinneberg, die im Zusammenhang mit der überschrittenen 200er-Inzidenz stehen: Erwachsene, die Kinder auf Spielplätze begleiten, müssen dort einen Mund-Nasen-Schutz tragen. Der Aufenthalt in Alten- und Pflegeheimen ist auf eine festzulegende Person pro Bewohner begrenzt.

Ein weiterer Punkt betrifft die Teilnahme an Beerdigungen und Trauerfeiern. Hier ist die Höchstzahl an Personen von 25 auf 15 begrenzt worden. Außerdem dürfen Geschäfte und Wochenmärkte nur noch von einer Person pro Haushalt besucht werden. Eine Beschränkung des Bewegungsradius auf 15 Kilometer um den eigenen Wohnort ist zurzeit noch kein Thema.