Uetersen. Hamburger Brüder gründen Kaffee-Start-Up. Sie verkaufen fair gehandelte und selbst geröstete Bohnen mit besonderem Aroma.
Unscheinbar, fast versteckt liegt die kleine Kaffeerösterei im Großen Wulfhagen in Uetersen. Nur ein Ladenschild an einer Hausecke an der Straße verrät, was sich seit Oktober in den ehemaligen Räumen einer Werkstatt im Hinterhof befindet. „Röstlich Coffee Brothers“ steht auf dem kreisrunden Schild, das im Stile großer Kaffeeketten gestaltet ist. In der Mitte: die Konterfeis der beiden jungen Gründer Adrian und Daniel Sousa. Sie sind Brüder, 25 und 32 Jahre alt.
2019 gründeten die Hamburger ihre Kaffeerösterei, die zunächst im Hamburger Stadtteil Rothenburgsort angesiedelt war. Als die Nachfrage stieg, benötigten sie größere Räume und wurden in Uetersen fündig. „Wir wollten nach Schleswig-Holstein, da es hier nicht so eine große Präsenz an Röstereien gibt“, sagt Daniel Sousa. „Die Verwaltung in Uetersen hat uns toll aufgenommen.“
Vom Rösten bis zum Versenden des Kaffees übernehmen die Brüder alles selbst
Beim Betreten der Rösterei fällt der Blick zunächst auf zwei große, schwarz-chromfarbene Röstmaschinen. Einen Raum weiter stehen Regale an der Wand, in denen die verschiedenen Kaffeemischungen sortiert sind. Kartons, Klebefolie und Etiketten liegen daneben. Vom Rösten über das Verpacken bis zum Versenden des fertigen Kaffees finden alle Produktionsschritte in Uetersen statt.
Im Obergeschoss steht auf einem langen Tresen in der Mitte des Raumes alles, was man zur professionellen Kaffeezubereitung braucht. Siebträgermaschine, Kaffeemühlen, Handfilter in verschiedenen Ausführungen. Hier werden die Qualitätstests, das sogenannte Cupping, durchgeführt. Der Boden ist mit Spanplatten bedeckt, die Wände sind weiß gestrichen, die alten Dachbalken freigelegt. Ein stylishes Ambiente, das an den puristischen Stil szeniger Cafés erinnert – alles in Eigenregie renoviert.
In Honduras lernten die Brüder eine Kaffeekooperative kennen
Wie die Idee entstanden ist, ein Kaffee-Start-up zu gründen? „Durch den Auslandsaufenthalt meiner Freundin in Honduras“, sagt Daniel Sousa. „Ihre Gastfamilie hat eine Kaffeekooperative in Marcala gegründet. Den Kaffee wollten sie auch nach Deutschland exportieren.“ Von dieser Idee angesteckt, vergingen jedoch einige Jahre, bis die Brüder 2017 schließlich gemeinsam nach Honduras reisten, die Kooperative und die Plantagen besuchten und den Kaffee vor Ort probierten. „Das war bis dato der beste Kaffee, den wir je getrunken haben."
Was ihn so besonders macht? „Der ist relativ mild, überhaupt nicht bitter, und dieses fruchtige, blumige, orangenartige Aroma, das man da rausbekommt, das ist einfach super lecker und außergewöhnlich im Vergleich zu sonstigem Kaffee, den man hier so trinkt. Das wollten wir an die Leute bringen“, so Daniel Sousa.
Denen scheint es ebenfalls zu schmecken. „Das Feedback ist gut.“ Drei Hamburger Cafés sowie die Daja Chocolate Schokoladenmanufaktur in Uetersen beliefern die jungen Unternehmer mit ihren Kaffeemischungen bereits. Daneben ein paar kleinere und größere Unternehmen.
Außer auf besonderen Geschmack setzen die Brüder bei ihrem Kaffee vor allem auf Nachhaltigkeit. „Wir achten zum Beispiel darauf, dass die Landwirte vor Ort ordentlich entlohnt werden und wirklich alles bio ist“, sagt Daniel Sousa. Auch an der Verpackung werde gespart. „Unsere Verpackungen sind ohne Aluminium, und wenn wir Cafés beliefern, dann bekommen die den Kaffee von uns in Behältern, die wir bei einer neuen Lieferung austauschen.“
Ob es schwierig ist, im Kaffee-Markt eine Nische zu finden? „Überhaupt nicht“, sagt Daniel Sousa und lacht. „Man denkt das immer, aber der Markt ist riesig. Fast jeder trinkt ja Kaffee, und die meisten Unternehmen oder Cafés die haben halt konventionellen Kaffee.“
Instagram-Follower an Auswahl des neuen Verpackungs-Designs beteiligt
Was ihren Kaffee unkonventionell macht? „Wir bieten wirklich nachhaltigen Kaffee, regional geröstet und das ganze zu einem Preis, der auf dem gleichen Niveau ist.“ Obwohl erst seit einem Jahr am Markt, planen die Brüder in ihrem Unternehmen bereits einige Änderungen. Neben einem neuen Design für die Aufdrucke auf den Kaffeemischungen, an deren Auswahl sie auch ihre Instagram-Follower beteiligten, soll auch das Sortiment komprimiert werden. „Im Grunde genommen wollen wir nur noch zwei Hausmischungen anbieten. Eine fruchtig-milde und eine etwas würzig-schokoladigere jeweils für Filterkaffee, Café Creme und Espresso.“
Daneben soll es noch eine Spezial-Mischung, den Cabo Verde, geben. „Das hängt damit zusammen, dass unsere Eltern von den Kapverden kommen und wir letztes Jahr vor Ort waren und auch dort Kontakte geknüpft haben.“ Wie sie sich ihr Kaffee-Wissen angeeignet haben? „Zunächst war es nur eine Idee. Dann haben wir uns intensiv mit dem Thema befasst und auch Kurse belegt, in denen wir alles an Grundwissen erhalten haben“, sagt Daniel Sousa. Er selbst habe zudem in einem Café gearbeitet, „um Kaffee selbst besser und schneller zuzubereiten und ein Gefühl dafür zu bekommen, wie die Leute ihren Kaffee gern mögen“.
Das volle Aroma entfaltet sich nur ohne Milch und Zucker
Der Unternehmensname „Röstlich“ sei durch die Verbindung aus rösten und köstlich entstanden – für die Personalisierung wurden die „Coffee Brothers“ hinzugefügt. Wie gutes Marketing funktioniert, wissen die beiden. Und so sind sie auch in den sozialen Netzwerken sehr präsent. Der Kaffee des Duos kann sowohl über den Onlineshop als auch an zwei Tagen in der Woche direkt in der Rösterei gekauft werden.
Ihren eigenen Kaffee trinken die beiden, wie es sich für richtige Kaffee-Liebhaber gehört, am liebsten schwarz. „Ganz normal aus dem Handfilter“, sagt Adrian Sousa. Auf die Frage, ob Milch im Kaffee ein Frevel sei, müssen sie lachen. „Ich trinke auch mal einen Cappuccino“, so Adrian Sousa. „Aber wenn man Zucker nimmt, dann verändert sich der Geschmack.“ Das volle Aroma entfalte sich nur pur – ohne Milch und Zucker.
Fair-Trade-Siegel in Aussicht
Noch betreiben die beiden Brüder ihr Unternehmen nicht hauptberuflich – und ohne Angestellte. Während Daniel Sousa, der ein BWL-Studium absolviert hat, als Sachverständiger für Immobilien arbeitet, ist Adrian Sousa, der eine Ausbildung zum Speditionskaufmann gemacht hat, in Teilzeit bei dem Unternehmen Flaschenpost beschäftigt, einem Getränkelieferservice. Beide wohnen und arbeiten in Hamburg und pendeln an den übrigen Tagen nach Uetersen. „Das funktioniert relativ gut, aber irgendwann wird wahrscheinlich ein Wechsel stattfinden, an dem man sich entscheiden muss.“
Zurzeit befänden sie sich im Prozess, ein Fair-Trade-Siegel zu erhalten. „Das ist wichtig, denn man kann zwar viel erzählen, aber am Ende will der Kunde halt sehen, dass man es wirklich ist“, betont Daniel Sousa. Neben generellem Wachstum haben sie sich für die Zukunft vorgenommen, Uetersen zu erobern. „Wir wollen, dass fast jedes Café und jedes Büro den Röstlich-Coffee-Brothers-Kaffee bei sich hat.“