Kreis Pinneberg. Der Kreis muss die meisten Menschen Schleswig-Holsteins befragen. Kritik an 500 Interviewern und neuem Personal.

Bis etwa 45.000 Pinneberger einmal mehr neugierigen Besuch an der Haustür bekommen, dauert es zwar noch eineinhalb Jahre. Aber der Widerstand im Kreis ist schon heute spürbar. Nach dem Zensus 2011 frischen die Statistikämter im Jahr 2021 ihr Zahlenmaterial auf, und auch zehn Jahre nach der letzten Erhebung wird der Besuch an der Haustür klare Fragen haben: Wer sind Sie? Wie groß ist Ihre Wohnung? In welchen Familienverhältnissen leben Sie? In ganz Deutschland heißt es im Mai 2021: Volkszählung. Und auch der Kreis Pinneberg muss mitzählen.

Im Gegensatz zur Volkszählung 1987 haben die erwartbaren Widerstände in der Bevölkerung zwar abgenommen. Die Angst vor „gläsernen Bürgern“ ist im Internetzeitalter tägliche Realität. Aber bei der momentanen Vorbereitung auf den sogenannten „Zensus 2021“ treten andere Bedenken in den Vordergrund – vor allem beim Kreis, der das ganze organisieren und umsetzen muss.

Konkrete Auflagen für die Kreisverwaltung

Die vom Bund verordnete Volkszählung beinhaltet nämlich konkrete Auflagen für die Kreisverwaltung. In Pinneberg und dem Umland müssen in Schleswig-Holstein mit Abstand die meisten Haustürinterviews geführt werden. Deshalb soll der Kreis einen eigenen Zensus-Stab einrichten – mit 13 Vollzeitstellen. Aus Datenschutzgründen sollen die neuen Mitarbeiter zwar räumlich, technisch und inhaltlich komplett von der Kreisverwaltung gekoppelt sein, belasten aber mit etwa 400.000 Euro das Personalbudget zusätzlich.

Zudem müssen bis zum Jahr 2021 knapp 500 sogenannte Interviewer gefunden werden. Als Außendienstler sollen sie vom 16. Mai des übernächsten Jahres an die Hausbesuche im Kreis übernehmen. Auch die Interviewer müssen vom Kreis rekrutiert, geschult und betreut werden. Bei der ersten gesamtdeutschen Volkszählung vor neun Jahren wurde dafür ein Salär von 7,50 Euro pro Fragebogen in Aussicht gestellt.

Kein Wunder, dass Landrat Oliver Stolz dem Zensus 2021 nicht nur Gutes abgewinnen kann. Im Gegenteil: „Die notwendige Personalakquise muss frühzeitig und intensiv betrieben werden, insbesondere die benötigte Anzahl von Erhebungsbeauftragten zu gewinnen, wird ganz schwierig“ so Stolz. Er spricht von einer „großen Herausforderung“, und zwar für alle Kreise.

Unklare Verhältnisse bei Finanzen

Konkret hat der Landrat Bedenken bei der „abgeschotteten“ räumlichen Unterbringung der neuen Zensus-Stabstelle. Vermutlich müssen die neuen Mitarbeiter außerhalb des Kreishauses ihren Dienst versehen. „Und bezüglich der Finanzen besteht auch noch erheblicher Klärungsbedarf“, sagt Oliver Stolz. Bisher sieht der Plan lediglich eine finanzielle Unterstützung des Bundes in Höhe von 25 Prozent vor.

400.000 Euro, 45.000 Befragte, 500 Interviewer – allein diese Zahlen machen laut Stolz die Dimension des Vorhabens deutlich. „Allmählich darf man auch einmal fragen, ob dies in Zeiten, in denen gerade die Kreisverwaltungen mit neuen Aufgaben und Veränderungen überfrachtet werden – angefangen mit der Flüchtlingsintegration über die Einführung eines Bundesteilhabegesetzes und der Kita-Reform bis hin zur Digitalisierung – wirklich notwendig ist“ so Stolz.

Einwohner im Kreis, die für den Zensus ausgewählt wurden, um Rede und Antwort zu stehen, müssen den Interviewer zwar nicht in die Wohnung lassen, für sie besteht aber Auskunftspflicht. Im Jahr 2011 bestand der Fragebogen aus 46 teils sehr persönlichen Aspekten, dien Nichtbeantwortung wurde mit einem Zwangsgeld in Höhe von 300 bis 500 Euro bestraft. Weil die Interviewer auch 2021 die Existenz der Personen in einem Haushalt feststellen müssen, sind telefonische Auskünfte immer noch nicht zulässig.

Widerstand gegen Zensus

Nach dem vorerst letzten Zensus hatte es ohnehin erhebliche Widerstände gegeben. Mehr als 1000 Städte und Gemeinden hatten gegen ihre neu ermittelte Einwohnerzahl Widerspruch eingelegt, darunter auch die Stadt Elmshorn, die die ermittelten Daten anhand ihrer eigenen Aufzeichnungen anzweifelte. Denn mit den seinerzeit geschrumpften Einwohnerzahlen drohten auch die finanziellen Zuwendungen kleiner zu werden.

Erst 2018 urteilte das Bundesverfassungsgericht, dass die Methoden „verfassungsgemäß“ waren – und wies die Klagen von Hamburg und Berlin zurück. Der Zensus 2011 hatte ergeben, dass in der Bundesrepublik nicht wie angenommen 81,8 Millionen Einwohner lebten – sondern nur 80,2 Millionen.