Groß Offenseth-Aspern. In Groß Offenseth-Aspern häuft sich altes Gummi auf 8000 Quadratmetern bis zu sechs Meter hoch.

Ein großes Reifenlager ist seit rund 30 Jahren ein Ärgernis, das weder die Behörden noch die Gemeinde Groß Offenseth-Aspern bislang beseitigen konnte. Jetzt gibt es auf Kreisebene eine neue Initiative, die Deponie an der Hauptstraße zu schließen. CDU und Grüne wollen während der nächsten Sitzung des Umweltausschusses des Kreistages direkt nach Ostern die Verwaltung auffordern, die Deponie zu räumen. Seit 2007 gebe es keine Betriebsgenehmigung mehr.

„Für uns besteht hier ein hohes Risiko für Mensch und Umwelt“, sagt der Umweltausschussvorsitzende Thomas Grabau. „Sollten die Reifen in Brand geraten, werden hoch giftige Stoffe freigesetzt, die in Boden und Wasser gelangen und das angrenzende Naturschutzgebiet kontaminieren“, warnt der Grünen-Politiker.

Seit Jahren Sicherheitsbedenken gegen die Reifendeponie

Eine ausführliche Antwort der Verwaltung auf eine Anfrage der Grünen hat die Kreistagspolitiker alarmiert. Danach bestehen schon seit vielen Jahren Sicherheitsbedenken gegen die Reifendeponie in dem kleinen Dorf bei Barmstedt mit seinen rund 400 Einwohnern. „Nach wie vor geht eine große Gefahr von dem Reifenlager aus“, heißt es darin vom Fachbereich Sicherheit und Ordnung, den Jürgen Tober leitet. Der sagt: „Das läuft seit Jahrzehnten und ist ein unhaltbarer Zustand.“

So hätten mehrere große Feuerwehrübungen, zuletzt 2018, an der sechs Ortswehren und die Kreisfeuerwehr beteiligt waren, erhebliche Mängel bei der Wasserversorgung in einem Brandfall festgestellt. Nur wenn die gewährleistet sei, die Feuerwehren schnell eingreifen würden und ein Fahrzeug mit Schaumzumischung rechtzeitig vor Ort sei, „könnte eine große Katastrophe verhindert werden“.

Ein Brand würde zu einer „großen Schweinerei“ führen

Zudem bestünde bei einem tatsächlichen Einsatz, wenn die bis auf sechs Meter hoch auf einer Fläche von 8000 Quadratmetern aufgetürmten Altreifen in Brand gerieten, die große Gefahr, dass das kontaminierte Löschwasser ungehindert über einen Graben direkt in die Offenau und das dahinter liegende Naturschutzgebiet und dann über die Krückau in die Elbe flössen. „Wenn das Reifenlager Feuer fängt, führt das zu einer großen Schweinerei“, sagt Grünen-Kreispolitiker Hans-Jürgen Bethe. „Wir fordern deshalb zusammen mit der CDU die Behörden auf, das Gelände zwangsweise zu räumen.“

Das hätte die Kreisverwaltung am liebsten schon längst getan, erklärt Fachbereichsleiter Tober. Nur sei sie dafür gar nicht zuständig, sondern das Landesamt für Umwelt und ländliche Räume (LLUR). So sei das Reifenlager 1987 ungenehmigt aus einem Autoverwertungsbetrieb entstanden, wogegen der Kreis 1991 erstmals bauordnungsrechtlich eingeschritten sei, heißt es in der Antwort der Kreisverwaltung an die Grünen-Fraktion. Da das Lager bis 1999 eine bestimmte Größe erreichte, war nach den Vorschriften des Bundesimmissionsschutzgesetzes nun aber das LLUR zuständig. Dieses erteilte dem Betreiber 2001 tatsächlich eine Betriebsgenehmigung, die aber an bestimmte Sicherheitsauflagen gebunden war.

In absehbarer Zeit wohl kaum Veränderungen

Insbesondere sollten Brandgassen zwischen den Altreifenbergen geschaffen werden. Da der Betreiber fortwährend diese Auflagen nicht eingehalten habe, widerrief das LLUR 2007 die Betriebsgenehmigung. Danach versuchten die Behörden bis heute vergeblich, zumindest eine teilweise Räumung des Reifenlagers zu erreichen oder die geforderten Brandgassen durchzusetzen.

Doch verschiedene Insolvenz- und Zwangsversteigerungsverfahren sowie Eigentümerwechsel des Grundstücks und Wechsel der Rechtsform der Betreibergesellschaft machten den Behörden bislang immer einen Strich durch die Rechnung. LLUR-Sprecher Martin Schmidt macht wenig Hoffnung darauf, dass sich in absehbarer Zeit daran etwas ändere. Eine mögliche Zwangsräumung werde die Landesbehörde nur anordnen, wenn „akuter Handlungsbedarf“ vorliege. „Und der besteht zurzeit nicht.“

Verarbeitet ein Investor das Gummi bald zu Granulat?

Mit einer Selbstentzündung der Altreifen sei aus Sicht der Behörde nicht zu rechnen. Zudem müsse gewährleistet sein, dass das Land durch den anschließenden Grundstücksverkauf die Kosten für die Zwangsräumung wieder hereinbekäme. Und die schätzt Schmidt auf mehr als eine Million Euro ein.

Jetzt könnte eine ganz aktuelle, neue Entwicklung einen möglichen Ausweg aus dieser verzwickten Lage bringen. Eine Firma aus Sachsen-Anhalt habe sich bei ihm gemeldet, sagte Groß Offenseth-Asperns Bürgermeiste Werner Schlüter dem Abendblatt. Diese wolle aus den Altreifen Granulat herstellen und dies zu einem Geschäftsmodell ausbauen. „Das könnte vielleicht endlich die Lösung sein, die wir schon seit vielen Jahren versuchen, mit dem Betreiber herbeizuführen“, sagt Schlüter.

Kontrolle durch die Behörden zweimal im Jahr

Auch LLUR-Sprecher Schmidt hielte es für „die eleganteste Lösung“, wenn sich das ungenehmigte Reifenlager in einen neuen, wirtschaftlichen Geschäftszweig auflöse. Wie konkret und realistisch das aber ist, wissen die Behörden zurzeit noch nicht.

Der Betreiber der Deponie in Groß Offenseth-Aspern, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte und von einem Reifenlager auf einer Fläche von 5000 Quadratmetern spricht, sagt dem Abendblatt dazu: „Das ist noch nicht spruchreif. Wir stehen in Verhandlungen.“ Die thermische Verwertung seines Reifenbestandes sei aber „ins Stocken geraten“, gibt er gegenüber dem Abendblatt zu.

Immerhin, betont LLUR-Sprecher Schmidt, sei das große Reifenlager im Nordwesten des Kreises Pinneberg eines der bestbeaufsichtigten Objekte seiner Behörde. „Wir kontrollieren das zweimal im Jahr.“ Während andernorts, wo sich die Betreiber streng an die Auflagen hielten, nur alle sieben Jahre nach dem Rechten geschaut werde.

Ausschusssitzung: Der Ausschuss für Umwelt, Sicherheit und Ordnung des Kreistages tagt am Donnerstag, 25. April, ab 18.30 Uhr im Kreishaus in der Kurt-Wagener-Straße 11 in Elmshorn. Dabei beraten die Kreispolitiker außer über den Antrag, die Reifendeponie zu räumen, auch über eine Aktion des Abwasserzweckverbandes, wie vermieden werden könnte, das Abwasser zu verunreinigen.