Heede. Am Morgen entdeckt eine Erzieherin das Tier nahe dem Waldkindergarten in Heede. Ist es der zum Abschuss frei gegebene Problemwolf?

Nähert sich Problemwolf GW924m, der seit Jahresbeginn im Norden des Kreises Pinneberg mehrere Schafe gerissen hat, nun auch Menschen an? Am Freitagmorgen soll eben dort, in der Nähe des Waldkindergartens im 750-Einwohner-Dorf Heede, ein Wolf aufgetaucht sein.

Um 8.20 Uhr habe sie das Tier etwa 300 Meter vom Bauwagen des Waldkindergartens entfernt entdeckt, sagt Erzieherin Kerstin Soltau dem Abendblatt. Ihre Kollegin habe es auch gesehen. „Der Wolf ist über ein abgeerntetes Maisfeld gelaufen“, sagt die Waldspiel-Pädagogin. Die Kinder hätten davon nichts mitbekommen – einige malten drinnen im Bauwagen, andere seien noch gar nicht da gewesen.

Meldung bei der Polizei

Sie habe ihre Beobachtung sofort der Polizei gemeldet. Genau so, wie ihr Arbeitgeber, die Johanniter-Unfallhilfe, es mit den zuständigen Landesbehörden abgesprochen habe. Der Wolf sei dann nach ein bis zwei Minuten weitergelaufen und verschwunden, berichtet Kerstin Soltau. Zwei Nächte zuvor sind in Westerhorn knapp zehn Kilometer nördlich von Heede zwei Schafe von einem Wolf gerissen worden, wie die Schafzüchterin Nicole Kruse dem Abendblatt bestätigt. Sie hat diese Fälle dem landesweiten Koordinator für die Wolfsbetreuer beim zuständigen Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume (LLUR), Jens Matzen, gemeldet.

Der Waldkindergarten in Heede im Kreis Pinneberg.
Der Waldkindergarten in Heede im Kreis Pinneberg. © HA / Burkhard Fuchs

Der bestätigt auf Anfrage: „Vom Rissbild her passt das zum Wolf.“ Eine genaue Untersuchung müsse in den kommenden Tagen im Labor erfolgen. Zwei weitere Risse vergangene Nacht in Lutzhorn (genau zwischen Heede und Westerhorn) sind noch nicht bestätigt.

Mehrere Wolfsrisse seit Jahresbeginn in genau dieser Gegend lassen sich nach einer genetischen Untersuchung im Labor demselben Rüden zuordnen, den die Behörden intern GW924m nennen und den sie als sogenannten Problemwolf eingestuft haben. Problemwolf deshalb, weil er in mindestens acht Fällen Schutzzäune überwunden hat, die nach Ansicht der schleswig-holsteinischen Behörden eigentlich als wolfssicher gelten sollten. Sie stehen unter Starkstrom und sind etwa 1,10 Metern hoch. Das Tier ist deshalb seit Ende Januar zum Abschuss freigegeben (wir berichteten). Joschka Touré, Sprecher des Umweltministeriums in Kiel, sagt: „Wir sind auf der Jagd und arbeiten mit Hochdruck daran. Ich gehe davon aus, dass wir ihn früher oder später erlegt haben werden.“

Fünf Tiere an den Wolf verloren

Nach Ansicht von Schafzüchterin Nicole Kruse sollte dies lieber früher als später geschehen. Donnerstag hat sie weitere zwei – jetzt insgesamt fünf – Tiere an den Wolf verloren. Zum Glück seien nur noch 125 ihrer etwa 400 Schafe umfassenden Herde draußen auf dem Feld in Westerhorn, sagt sie. Die anderen seien schon im Stall. Aber der aufgestellte Zaun schütze ihre Schafe nicht. „Wir haben echt Angst um unsere Tiere. Wenn sie nachts draußen sind, kann schon bald das nächste Massaker passieren.“

Auch Gabriele Belch ist weiterhin beunruhigt. Die Schafzüchterin, die 1000 Tiere in Heede hält, zieht folgende Bilanz: fünf tote und drei verletzte Schafe in den letzten Monaten. Sie sehne die Zeit herbei, wenn bald alle Schafe in den Stall kämen und endlich in Sicherheit seien. Belch: „Der Wolf wird ja immer aggressiver. Das ist kein normaler Wolf. Er hat auch keine Angst mehr vor Menschen.“ Sie hofft, dass er bald von den Jägern aufgespürt und getötet wird.

Die Kinder seien entspannt

Zurück zum Waldkindergarten. Dort hat Erzieherin Kerstin Soltau den Kindern nichts von ihrer Beobachtung am Freitagmorgen erzählt. „Sie wissen aber, dass ein Wolf in der Gegend ist. Sie fürchten sich nicht, sondern sind relativ entspannt und gehen weiterhin gern in den Wald“ , sagt die erfahrene Erzieherin. „Wir und unsere Mitarbeiter sind auf diese Situation vorbereitet“, sagt auch Peter Küpper, der Bereichsleiter für die Kindergärten der Johanniter im Kreis Pinneberg.

Die Erzieherinnen seien angehalten, die Kinder immer zusammenzuhalten und mit Trillerpfeifen und Rasseln laut Krach zu machen, um den Wolf zu verscheuchen, falls er sich zeigen sollte. Und Kerstin Soltau sagt, sie habe laute Hupen dabei, um den Wolf, sollte er sich mal nähern, auf Abstand zu halten. „Wir sagen den Kindern vorsichtshalber, dass sie im Wald immer bei der Gruppe bleiben sollen.“