Brande-Hörnerkirchen. Bürgerinitiative „wolfsfreie Dörfer“ holt mehr als 400 Besucher nach Brande-Hörnerkirchen. Wolfsexperte aus Sachsen eingeladen.

Die Schäfer, Landwirte und Hüter von Weidetüren sind zurzeit in heller Aufregung, seit zwei Wölfe das Leben ihrer Tiere bedrohen und im Kreis Pinneberg in diesem Jahr ein dutzendmal zugeschlagen haben. Mehr als 400 Zuhörer drängelten sich jetzt laut dem Veranstalter im Landhaus Mehrens in Brande-Hörnerkirchen, wohin die im Oktober gegründete Bürgerinitiative „für wolfsfreie Dörfer“ eingeladen hatte. „Wir haben bei 400 aufgehört zu zählen“, sagt Jan Zukowsky, Mitbegründer der Initiative, der selbst 40 Mutterschafe auf dem Stördeich in Steinburg hält, die aber bislang vom Wolf verschont wurden.

Doch das sei nur eine Frage der Zeit, warnte Friedrich Noltenius aus der Nähe von Dresden, den die BI als Experten eingeladen hatte. Der Wildtierbeauftragte und Jäger sieht sich selbst nicht als Wolfsexperte, wie er sagt. Aber er hat die Internetseite Wolfszone gegründet, auf der er allerlei „Wissenswertes und Erfundenes über den Wolf“ veröffentlicht. Sein Credo lautet: „Der Wolf muss lernen, mit dem Menschen zu leben, und nicht umgekehrt.“ Soll heißen, es müsse wieder erlaubt sein, das jahrhundertelang in Westeuropa quasi ausgerottete und heute unter Schutz stehende Raubtier zu töten. So deutlich sagte er es zwar nicht, aber die gesetzlichen Auflagen, die Flora-Habitat-Vorschrift der EU und das Artenschutz-Abkommen stünden einer „Entnahme“ wildernder Wölfe nicht im Wege, erklärte Noltenius. In Frankreich oder Schweden würde dies bereits praktiziert. „Wölfe fressen kein Gras.“

Seine Aussagen untermauerte der „Wolfszonen“-Mann mit allerlei Zahlen- material, das sich aber nicht mit den Angaben der Behörden deckt. So sprach er von 141 „Ereignissen“ mit Wölfen allein in diesem Jahr in Schleswig-Holstein, wobei 284 Weidetiere getötet worden seien. Das Wolfsmonitoring des Landes hat auf seiner Homepage bis Anfang Oktober 52 nachgewiesene Nutztierrisse von Wölfen nach Ort, Datum und Tier, meist Schafe, aufgelistet. Umweltminister Jan Philipp Albrecht sprach diese Woche von jetzt 65 bekannten Schafsrissen, die hungrigen Wölfen zum Opfer fielen. „Die Zahl des Ministeriums kann nicht stimmen“, glaubt Noltenius. „So viele Zweifelsfälle kann es nicht geben.“

Auch die offiziellen Angaben zur Anzahl der inzwischen in ganz Deutschland lebenden Wölfe, die von zurzeit etwa 800 bis 1000 spricht, wurde von dem Referenten angezweifelt. Es lebten inzwischen 90 Wolfsrudel vor allem im Osten Deutschlands, sagt er. Insgesamt seien es etwa 1400 Wölfe, die sich schnell vermehrten. In sieben Jahren würde es bereits 10.000 Wölfe in Deutschland geben. Bei ihm an der Lausitz zögen sie bereits um die Häuser.

Die elektrischen Schutzzäune, die das Land Schleswig-Holstein den betroffenen Tierhaltern jetzt kostenlos zur Verfügung stellt, brächten gar nichts, so Noltenius. Die schnell lernenden Raubtiere sprängen sogar über 2,80 Meter hohe Zäune. Anders Minister Albrecht: „Es gab noch keinen Riss hinter einer wolfssicheren Zäunung in Schleswig-Holstein“, sagte er diese Woche vor Journalisten in Kiel. Was Schafzüchter Wolf Schmidt-Körby, der im Juli zwei seiner Schafe in Lutzhorn an einen Wolf verlor, bestätigt. „Seit wir den Zaun stehen haben, gab es keine Angriffe mehr“, sagte Schmidt-Körby am Freitag auf Nachfrage. Sein Zaun ist nur 1,05 Meter hoch.

Ein probates Mittel, um Wölfe abzuschrecken, sei auch ein Herdenschutzhund, erklärte Jan Tüllmann, der auf 180 Hektar Weideland im Wendland rund 500 Mutterschafe hält, die nun von fünf ausgebildeten Hunden gehütet werden. Seitdem habe er Ruhe. Aber es koste ihn ein Hund 2300 Euro im Jahr, und es habe einer längeren Eingewöhnungszeit zwischen den Hunden und Schafen bedurft, so der Schäfer, der bis 2005 in Quickborn lebte.

Für ihn als Hobby-Schafzüchter sei das aber zu teuer und nicht wirtschaftlich, sagt BI-Sprecher Zukowsky. „Wir brauchen endlich vom Land sichere und praktikable Lösungen, wie wir unsere Tiere schützen können“, fordert er. Dazu müsse auch gehören, Wölfe, die Tiere getötet haben, jagen zu dürfen. Wie das in der Praxis aussehen soll, wisse er auch nicht, so Zukowsky. Es sollte versucht werden, umherziehende Wölfe auf frischer Tat zu erwischen. „Wir wollen die Wölfe auch nicht einfach abschießen oder ausrotten lassen. Aber wir brauchen eine funktionierende Lösung.“