Uetersen/Tornesch. Was der Planfeststellungsbeschluss für Straße zwischen Uetersen und Tornesch bedeutet. Was Befürworter und Gegner jetzt vorhaben.
Die Straße ist nur 5,5 Kilometer lang und seit fast 40 Jahren eine unvollendete Planung: die Kreisstraße 22, die einmal Uetersen über Tornesch auf direktem Wege zur A 23 verbinden soll. Das Teilstück vom Lindenweg über den Großen Moorweg in Tornesch bis zur Bahnlinie durch das Gewerbegebiet in Tornesch ist seit mehr als zehn Jahren fertiggestellt und hat etwa drei Millionen Euro gekostet.
Jetzt fehlt noch der Trog unter der Eisenbahnstrecke Hamburg - Elmshorn - Westerland und der Ausbau des Wischmöhlenweges in Uetersen mit der Ampelanlage an der Pinneberger Straße. Für diesen zweiten Bauabschnitt musste laut Oberverwaltungsgerichts im Jahr 2004 die Planung neu aufgerollt werden. Jetzt liegt der Planfeststellungsbeschluss aus dem Verkehrsministerium vor.
Hier nun ein Überblick über die Stimmungslage in den betroffenen Kommunen, beim Kreis, bei Anliegern und politischen Fraktionen im Kreistag, die über den Straßenbau noch befinden und das Geld zur Verfügung stellen müssen.
Der Vertrag:
Anfang 1981 treffen der damalige Landrat Winfried Hebisch und die Bürgermeister Waldemar Dudda (Uetersen) und Uwe Mettjes (Tornesch) eine „Vereinbarung“ zum Bau der K 22. Er besteht aus neun Paragrafen, die die Trasse, Planung und Finanzierung behandeln. Demnach soll der Große Moorweg in Tornesch bis zur Landesstraße 110 geführt werden.
Dieser Bauabschnitt ist bereits 2005 als erstes Teilstück realisiert worden. Auf Uetersener Gebiet soll die K 22 von der B 431 über die Große Twiete und den Wischmöhlenweg bis zur Esinger/Pinneberger Straße nach Tornesch geführt werden, wo sie unter der Bahnlinie auf den Großen Moorweg trifft. Ehemalige Gemeindestraßen werden zur K 22. Der Kreis wird als Baulastträger das Planfeststellungsverfahren beantragen. Bei der Finanzierung „wird davon ausgegangen, dass 75 Prozent der förderfähigen Kosten aus Mitteln des Landes bereitgestellt werden“. Den Rest der förderfähigen Kosten übernehme der Kreis, nicht zuschussfähige Kosten beide Kommunen.
Das Land:
Im Laufe des Planfeststellungsverfahrens seien aufgrund der im Anhörungsverfahren gewonnenen Erkenntnisse Änderungen an den ursprünglich mit dem Antrag eingereichten Planunterlagen erforderlich gewesen, sagt Ministeriumssprecher Harald Haase, zur langen Verzögerung des Verfahrens. „Der Planfeststellungsbeschluss zur K 22 ist gemäß den gesetzlichen Grundlagen nach Abwägung der verschiedenen Interessen erlassen worden.“ Aus Sicht des Amtes für Planfeststellung Verkehr „ein rechtssicherer Planfeststellungsbeschluss“, der aber erst nach erfolglosem Ablauf der Klagefrist Bestandskraft erlange. „Nach Auffassung des APV besteht in diesem Verfahren Klagepotenzial, insbesondere von Anliegern.“
Die Unterführung der Bahnstrecke Hamburg - Elmshorn - Kiel/Westerland in Tornesch sei im Planbeschluss mit vier Gleisen geplant, betont der Ministeriumssprecher aus Kiel. Damit würde es „kein Problem darstellen, wenn dieses Bahnstrecke ein drittes Bahngleis bekäme.“ Das Land fördere die Baumaßnahme mit bis zu 75 Prozent der förderfähigen Kosten, bestätigt Haase die ursprüngliche Vereinbarung.
Der Kreis:
Die Kreisverwaltung beantragt jetzt zum Etat 2019/20 200.000 Euro an Planungskosten einzustellen. „Denn der Ausbau der Kreisstraße 22 ist ein wichtiges Verkehrsprojekt, nicht nur für einzelne Kommunen, sondern für die gesamte Region“, sagt Landrat Oliver Stolz.
Der 200 Seiten umfassende Planungsbeschluss wird nach den Herbstferien für zwei Wochen in den Rathäusern in Uetersen und Tornesch sowie dem Kreishaus in Elmshorn öffentlich ausgelegt und ist dort für jedermann einsehbar. Anschließend läuft eine vierwöchige Klagefrist. Landrat Stolz rechnet mit Baubeginn frühestens 2020. Zumal noch zwei Grundstücke vom Kreis dafür erworben werden müssen. Zur Höhe der Kosten gebe es zurzeit keine seriöse Schätzung. 2013 ging der Kreis von Gesamtkosten für die K 22 von rund 30 Millionen Euro aus. 1999 waren es 47 Millionen Mark.
Kreistagsfraktionen:
CDU: „Wir stehen nach wie vor voll hinter dem Bau der K 22“, versichert Fraktionschefin Heike Beukelmann. „Das ist ein wichtiger Schritt.“ Deshalb werde die CDU auch die erforderlichen Planungskosten in den Haushalt einstellen, auch wenn mit Klagen zu rechnen sei.
SPD: Die SPD habe nichts gegen den Bau der K 22, sagt Fraktionschef Hannes Birke. Sie werde die Planungskosten aber nur in den Etat einstellen, wenn diese bis 2020 auch abgerufen werden und das Bauvorhaben rechtssicher sei. Zudem werde sie dem Gesamtausbau nur zustimmen, wenn das Land die zugesagten 75 Prozent der Kosten aufbringe.
Grüne: Die Grünen halten den Ausbau für unnötig, sagt Fraktionschef Thomas Giese. „Wir werden keine Haushaltsmittel dafür bereitstellen und keinem Haushalt zustimmen, in dem Geld für den Bau der K 22 eingestellt ist.“
FDP: Für die Liberalen sei die K-22-Planung „zu alt und nicht mehr aktuell“, sagt Fraktionschef Olaf Klampe. Darum wolle die FDP zunächst mit Tornesch, Uetersen und der IG Südtangente sprechen, um „nicht über deren Köpfe zu entscheiden“. Eine Anbindung an die noch im Bau befindliche Westumgehung in Pinneberg sei die bessere Lösung.
AfD: „Wir sind grundsätzlich für diese Investition in die Infrastruktur“, sagt Fraktionschef Bernhard Noack. Allerdings sollte die K 22 nicht mehr an die L 110 bei Tornesch angebunden sein, sondern lieber eine eigene Anschlussstelle zur A 23 zwischen den Abfahrten Tornesch und Pinneberg-Nord erhalten.
Die Linke: „Wir sind gegen den Bau der K 22“, sagt Fraktionschef Klaus-Dieter Brügmann. „Das Geld kann woanders viel besser verwendet werden.“ Zum Beispiel für den Ausbau der Radwege und die Verbesserung der Fahrradfreundlichkeit des Kreises Pinneberg.
KWGP: „Wir befürworten den Bau der K 22, aber nur, wenn auch der Tunnel unter der Bahn für drei bzw. vier Gleise vorgesehen ist“, sagt Fraktionschef Burghard Schalhorn. „Das ist für uns der Knackpunkt.“
Die Kommunen:
Uetersens Bürgermeisterin Andrea Hansen freut sich über den Planbeschluss. „Jetzt hoffen wir, dass er auch zügig umgesetzt wird, gern auch in Teilbereichen.“ Die K 22 sei notwendig, um den Verkehr zwischen Uetersen und Tornesch zu entlasten. „Der ist zurzeit eine Katastrophe und betrifft die Bürger genauso wie die Handwerksbetriebe.“
Tornesch: Auch Bürgermeisterin Sabine Kählert zeigt sich sehr erfreut über den Planbeschluss, auf den zwei Bürgermeister in 37 Jahren Planung vergeblich gewartet hätten und der nun am Anfang ihrer Amtszeit endlich fertig ist. Die K 22 werde eine enorme Entlastung des innerörtlichen Verkehrs für Tornesch bedeuten. Auch wenn dieser laut Gutachten nur 16 Prozent betragen solle. Aber immerhin: „Das ist eine Entlastung für alle, die im Ortskern leben.“
Amtsleiter Rainer Lutz, 32 Jahre an der Planung beteiligt, vergleicht die Entlastung mit dem geringeren Verkehr in den Sommerferien. Da sei der Verkehr auch viel entspannter, weil etwa 16 Prozent der Bürger im Urlaub wären. Die Trassengegner, so Kählert, hätten vor 37 Jahren „genau gewusst, dass die K 22 geplant wird, als sie ihre Grundstücke gekauft haben.“ Ex-Bürgermeister Roland Krügel: „Super, dass der Bescheid endlich da ist. Ich hätte ihn mir nur ein Vierteljahr früher gewünscht, als ich noch im Amt war.“ Der Ausbau-Vertrag von 1981 gelte bis heute und sei „unkündbar“, betont Krügel. Der Kreis sollte Sofortvollzug anmelden, damit mögliche Klagen keine aufschiebende Wirkung hätten.
Die Gegner:
Michael Krüger von der IG Südtangente sagt, dass seine Gruppe den Beschluss lange erwartet habe. „Wir begrüßen das. Das Ding muss jetzt endlich entschieden werden.“ Mit ihrer Anwältin würden die Unterlagen nun genau studiert, um zu entscheiden, ob sie dagegen klagen sollen. Er selbst würde sogar davon profitieren, weil seine Straße zur Sackgasse würde, so Krüger. Aus Sicht der BI bringe die Trasse keine Verkehrsentlastung für Tornesch. 16 Prozent weniger Verkehr – das merkt kein Mensch.“ Alternativ schlägt die IG eine Trasse vor, die vom Bierbahnhof an der K 20 in Uetersen Richtung Esinger Steinweg zum Wischmöhlenweg und über den Bahnübergang Prisdorf zur Westumgehung nach Pinneberg führen soll.