Kreis Pinneberg. Die 23 Überführungen auf den Kreisstraßen werden alle drei Jahre auf mögliche Schäden, Risse und Absackungen überprüft.

Thomas Iwers ist ein Mann, der alles über Brücken weiß. Der die meisten der 23 Überführungen auf dem rund 100 Kilometer langen Pinneberger Kreisstraßennetz schon mal ganz genau unter die Lupe genommen hat. Der ihnen Noten gibt. „Eine Null bedeutet kein Handlungsbedarf, eine Vier, dass sofort gehandelt werden muss“, sagt Iwers. Der Ingenieur aus Elmshorn ist der Brücken-Checker, tätig im Auftrag der Kreisverwaltung.

Und das nicht erst, seit die ganze Welt über einstürzende Autobahnbrücken spricht, über Genua, über viele Tote. Alle Brücken in der Zuständigkeit des Kreises Pinneberg werden alle drei Jahre überprüft, sagt Teamleiter und Bauingenieur Georg Pooth. Da könne nichts schieflaufen. „Wir haben kein einziges Brückenbauwerk, das in seiner Statik gefährdet wäre“, nimmt seine Kollegin, die zuständige Fachdienstleiterin Silke Dräger vom Fachdienst Straßenbau und Verkehrssicherheit, gleich vorweg.

Dieser Teil der Bilsbekbrücke aus dem Jahr 1872 ist einwandfrei in Ordnung...
Dieser Teil der Bilsbekbrücke aus dem Jahr 1872 ist einwandfrei in Ordnung... © Burkhard Fuchs | Burkhard Fuchs

Aber was macht denn nun ein Brücken-Checker wie Thomas Iwers? Eine Brücke werde grundsätzlich unter drei Gesichtspunkten untersucht und bewertet, erläutert Iwers. Für die Punkte Standfestigkeit, Verkehrssicherheit und Dauerhaftigkeit werden bei einer Inspektion, die je nach Größe und Zustand zwei bis vier Stunden dauern kann, Noten vergeben.

Eine Vier habe es zuletzt für die Brücke aus dem Jahr 1953 gegeben, die in Elmshorn auf der Wittenberger Straße über die Krückau führt. Bei einer Routineuntersuchung Ende 2016 seien erhebliche Risse und Korrosionsschäden im Spannstahl festgestellt worden, sagt Silke Dräger. Daraufhin sei sie sofort für den Schwerlastverkehr gesperrt und kurz darauf für rund zwei Millionen Euro neu gebaut worden.

Experte klopft mit Hammer, um Hohlräume zu finden

Brückenbau-Experte Iwers erklärt seine weitere Vorgehensweise so: Betonflächen werden mit dem Hammer auf Hohlräume abgeklopft. Das gilt auch für den Fahrbahnbelag, um zu klären, ob sich darunter Hohlräume verbergen, die Absackungen begünstigen. Stahlteile werden auf Korrosionsschäden überprüft. Bei Geländern werde geschaut, ob ihre Höhe den Vorschriften entspricht und die Füllstäbe, die höchstens zwölf Zentimeter auseinander stehen dürfen, den vorgeschriebenen Abstand besitzen. Zudem werde genau überprüft, ob die Durchfahrtshöhe der Norm entspricht und ob die Angaben in den Archivunterlagen mit den tatsächlichen Verhältnissen vor Ort übereinstimmen.

Außerdem würden noch die Lager gemessen, die Ankerköpfe des Betons untersucht und die Brücke nach Rissen oder Abplatzungen im Beton inspiziert, erklärt Brückeningenieur Iwers.

...das Teilstück von 1935 ist dagegen sanierungsbedürftig
...das Teilstück von 1935 ist dagegen sanierungsbedürftig © Burkhard Fuchs | Burkhard Fuchs

Auf diese Weise erhalte die Verwaltung ein ziemlich genaues Bild über den Zustand aller Brücken im Kreis, erklärt Teamleiter Pooth. Demnach bestehe für vier Brückenbauwerke im Kreis Pinneberg zwar kein akuter, aber doch kurzfristiger Handlungsbedarf. „Das heißt, wir müssen da in den nächsten zehn Jahren ran.“ Dazu gehören die Brücke über die Bilsbek in Kummerfeld (K 21), sowie die beiden Brücken in Elmshorn entlang der K 23 über die Gleise der Deutschen Bahn und der AKN sowie die Fußgängerbrücke im Elmshorner Philosophenweg. Sie sind 70 bis 80 Jahre alt.

Wobei das Alter einer Brücke nicht unbedingt ihre Qualität und Standfestigkeit beschreibe, wie das Bauwerk über die Bilsbek in Kummerfeld zeige, sagt Ingenieur Pooth. So haben die Untersuchen ergeben, dass nicht etwa der älteste Teil der Brücke, ein gemauertes Gewölbe aus dem Jahre 1872, marode ist. Vielmehr ist es der jüngere Teil der Brücke aus dem Jahr 1935, der Schäden an der Betonkonstruktion aufweist, berichtet Pooth.

Auch hier habe die Verwaltung sofort reagiert und eine Sanierung geplant, sagt Silke Dräger. In Absprache mit dem Landesbetrieb Straßenbau und Verkehr, der zeitgleich die Landesstraße 110 erneuern wollte, habe man die Sanierung auf das Jahr 2020 verschoben, um den Verkehr nicht zu sehr einzuschränken. Etwa eine Viertelmillion Euro seien eingeplant.

„Brückenpuffer“

650.000 Euro hat die Kreisverwaltung für die Unterhaltung der 19 Kreisstraßen jährlich zur Verfügung. Darin sind nur reine Wartungsarbeiten enthalten.

Investitionen für maroden Brücken wie die Krückaubrücke auf der K 23 werden extra bewilligt.

Damit die Verwaltung Handlungsspielraum hat, wurde für 2017/18 eine halbe Million Euro extra als „Brücken-Puffer“ genehmigt.

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Damit der Teil der Brücke, der die Schäden aufweist, aber in der Zwischenzeit nicht zu sehr belastet wird, hat die Verwaltung die Fahrbahn auf der Brücke so eingeengt, dass die überfahrenden Fahrzeuge weiter auf die südliche Seite verlagert werden, die keinerlei Schäden aufweist. Zudem ist ein Tempolimit von 30 Kilometern pro Stunde für Lastwagen und 50 Kilometern pro Stunde für andere Autos eingerichtet worden.