Elmshorn. Macht und Pracht ist Motto am Tag des offenen Denkmals. Villenstraße steht für beides. Führungen und Ausstellungen für Interessierte.
Sie galt als Elmshorns Prachtstraße, und auch heute noch zeugen ihre Villen von der glanzvollen Zeit Industrieller, die sich in der Kaltenweide niederließen. Stadtführerin Annkatrin Holbach hat die Geschichte dreier bekannter Unternehmerfamilien erforscht, die es Anfang des
20. Jahrhunderts zu Wohlstand brachten und an der Straße Häuser bauten: die Fabrikantenfamilien Rostock (Margarine und Fleischproduzent), Knecht (Lederfabrik) und Carstens (Steingut).
Noch heute sind an der Kaltenweide beeindruckende Gebäude aus dieser Zeit zu sehen. Holbach: „Wenn sich die Macht und Pracht in Elmshorn irgendwo zeigt, dann hier.“ Noch immer leben dort erfolgreiche Unternehmer wie Bauunternehmer Semmelhaack oder Modehausbetreiber Ramelow.
IHK zeigt Videos zu Familien im historischen Kontext
„Macht und Pracht“ – unter diesem Motto steht der bundesweite Tag des offenen Denkmals am Sonntag, 10. September. An ihm beteiligen sich zahlreiche Akteure aus dem Kreis Pinneberg. In Elmshorn hat Annkatrin Holbach seit Dezember beinahe täglich im Stadtarchiv geforscht. Die pensionierte Lehrerin sprach mit Erben und heutigen Hausbewohnern und trug Fakten zusammen. „Die Unterstützung bei der Recherche war riesig“, sagt Holbach. Bei zwei Führungen entlang der Kaltenweide wird sie Teilnehmern die Ergebnisse präsentieren.
Ergänzend wird es eine Ausstellung in der IHK-Zweigstelle, Kaltenweide 6, geben. Zudem werden Videos über die bekannten Familien fortlaufend zur vollen und halben Stunde gezeigt. Paul Raab, IHK-Zweistellenleiter, war es wichtig, die Geschichte der drei Fabrikantenfamilien im historischen Kontext zu beleuchten. „Wir erzählen auch vom Aufstand der Lederarbeiter im Jahr 1911, von der Gründung der ersten Gewerkschaften und den Zusammenschlüssen der Unternehmer“, begründet er sein Engagement bei der Erforschung der Straße. Die IHK selbst hat in der Kaltenweide 6 eine Villa aus dem Jahr 1890 bezogen. „Vor zwei Jahren haben wir mit unseren Mitarbeitern auch einen geführten Rundgang durch die Kaltenweide mitgemacht.“
Offensichtlich ist das Interesse an der Kaltenweide in Elmshorn groß. Bei einer Führung durch „Elmshorns Elbchaussee“, die Holbach erstmals 2015 anbot, nahmen auf einen Schlag 60 Leute teil. Nun förderte sie weitere Fakten zutage. So erzählte ihr ein Urenkel von Ernst Carstens beispielsweise, wie dieser zusätzlich zur Villa an der Kaltenweide eine dauerhafte Residenz im Berliner Adlon-Hotel bezogen hatte und dass die Familie Carstens dem Verleger Axel Springer während des Zweiten Weltkriegs Zuflucht auf einem ihrer Guthöfe in Ostholstein bot.
Kirchen, Höfe, Leuchtturm, Motoren: Das gibt’s noch zu sehen
Betreten kann Holbach die Gebäude mit den Teilnehmern ihrer Führung nicht. „Verständlicherweise wollen die Bewohner nicht plötzlich 40 fremde Leute im Wohnzimmer stehen haben.“ Aber Holbach durfte im Innern der Villen Details wie gekachelte Kamine, kunstvoll verlegtes Parkett und bleiverglaste Fenster und Glastüren mit Emblemen fotografieren und wird diese Bilder zeigen.
Etwa 50 Häuser konnte Holbach auf die drei Familien zurückführen. Längst nicht jedes befindet sich heute noch im Familienbesitz. Einige Villen wurden im Krieg zerstört, andere nach Insolvenzen verkauft. Alle Materialien zu Führung und Ausstellung überlassen Raab und Holbach dem Stadtarchiv. Die Videos werden auch auf dem Portal Youtube veröffentlicht werden.
Führungen: So 10.9., 13 und 15 Uhr, Treffpunkt Kaltenweide 6, kostenlos; Ausstellung und Videovorführung: bei der Industrie- und Handelskammer (IHK) zur vollen und halben Stunde von 12 bis 17 Uhr, Kaltenweide 6