Kreis Pinneberg. Beachclub, Strände, Spazierwege: Ausflügler lieben den Strom. Forscher möchten wissen, was die Anwohner sich wünschen.
Der Beachclub 28 Grad in Wedel, der seit vergangenem Wochenende wieder geöffnet hat. Oder der Elbhöhenwanderweg von Wedel nach Hamburg-Övelgönne, den die Metropolregion Hamburg in ihrer Kampagne #einfachmalraus kürzlich als „einen Strand länger als die Copacabana“ gepriesen hat: Das Elbufer hat gerade jetzt, da der Sommer naht, so viel zu bieten.
Und nun auch noch das: Die Menschen am Strom können mitbestimmen, wie das Ufer der Zukunft aussehen soll. Wissenschaftler der Georg-August-Universität Göttingen starten in der kommenden Woche im Kreis Pinneberg eine Befragung, um Ideen zu sammeln. „Das Ziel ist eine Renaturierung des Ufers“, gibt Projektleiterin Ute Sauer die Zielrichtung vor. Veränderungen könnten nicht nur Auswirkungen auf die Ufergestaltung haben, sondern auf die gesamte Nutzung der Bereiche am Fluss. „Im Mittelpunkt steht die Frage, was den Anwohnern wichtig ist“, sagt die Wissenschaftlerin. Veränderungen an der Elbe sind ein hochsensibles Thema und sorgen häufig für Kontroversen, in denen sich die unterschieldichen Interessen der Nutzer widerspiegeln.
Auftraggeber der Göttinger Experten ist die Bundesanstalt für Gewässerkunde. Die Interviewer werden in den Kommunen unterwegs sein, die sich in Flussnähe befinden. Dies sind Wedel, Holm, Haseldorf, Haselau, Heist, Moorrege, Hetlingen, Neuendeich und Seestermühe. „ElbService II“ heißt das Projekt.
„Häufig besteht die Uferbefestigung aus Steinschüttungen oder Buhnen“, sagt Sauer. Das schützt die Böschung vor Abbrüchen, und das Land vor den Deichen kann besser genutzt werden. Die technisch gesicherten Küstenlinien sind aber oft weniger wertvoll für Artenvielfalt, Gewässerqualität und Erholungssuchende. Heute kommen viele typische Tier- und Pflanzenarten der Unterelbe deutlich seltener vor als noch vor einiger Zeit.
„Dort, wo es technisch möglich ist, soll dies zurückgebaut und durch andere Uferbefestigungen ersetzt werden“, sagt Sauer. Eine naturnahe Gestaltung wird angestrebt, etwa mit Röhrig. Durch den Uferrückbau könnte nicht nur etwas für die Artenvielfalt an der Elbe getan werden. Den Herausforderungen des Klimawandels soll mit dem Umbau ebenfalls Rechnung getragen werden.
Die Bürger können eigene Idee entwickeln, die gern über die reine Ufergestaltung hinausgehen dürfen. Wo möchten Bürger einen Weg ans Ufer haben, wo sollte eine Infotafel aufgestellt werden? Die Experten haben auch eine Verbesserung der Erholungsinfrastruktur im Blick. Und die Bürger können angeben, was ihnen wichtig ist an der derzeitigen Ufergestaltung und worauf sie zugunsten einer Veränderung verzichten würden.
Kosten und Nutzen einer Umgestaltung analysieren
Wenn die Befragung abgeschlossen ist, wollen die Göttinger die Vorschläge sichten und bewerten. Daraus soll eine Kosten-Nutzen-Analyse für den Auftraggeber entstehen. Wie teuer sind die Arbeiten, und welche Auswirkungen haben sie? Über allem steht die Frage: Welchen Nutzen hat die Gesellschaft davon? Die Analyse wird voraussichtlich im Spätsommer fertig sein. Was aus ihren Vorschlägen geworden ist, können die Interviewten dann auf der Website des Projekts www.uni-goettingen.de/de/aktuelles/47470.html nachlesen. Informationen gibt es zudem schon jetzt auf www.elbmarschenhaus.de.
Befragung soll repräsentativ sein
Die Kosten-Nutzen-Analyse dient dann der Bundesanstalt für Gewässerkunde als Entscheidungsgrundlage für Umbauten. „Spätere Planungen zur Umgestaltung von Uferabschnitten sollen die Interessen aller Betroffenen berücksichtigen“, berichtet Sauer.
Sie kennt sich bestens aus an der Unterelbe. Von 2012 bis 2015 forschte sie für das Projekts „ElbService I“ über landwirtschaftliche Nutzung, die Dynamik der Tideelbe und das Vorkommen seltener Tier- und Pflanzenarten wie Schierlingswasserfenchel, Blaukehlchen und Stint. Der Schwerpunkt ihrer Arbeit an der Universität in Göttingen liegt im Bereich der ökonomische Bewertung von Umweltprojekten.