Quickborn. Nachbarn und Schaulustige versuchen, sich ein Bild von dem mysteriösen Geschehen mit drei Toten zu machen. Ermittler suchen Munition.

Immer wieder bleiben am Freitag Passanten vor dem Flatterband stehen, mit dem die Polizei die Einfahrt zum Grundstück am Harksheider Weg in Quickborn abgesperrt hat. 20 Meter entfernt sind hinter einem Maschendrahtzaun acht Beamte erkennbar, die mit Spaten, Schaufeln und kleinen Harken vorsichtig Boden abtragen. „Was ist hier bloß passiert?“, fragt sich die ältere Frau, die vom Rad abgestiegen ist. Und sie sagt weiter: „Und das im beschaulichen Quickborn.“

Was genau sich auf dem 5400 Quadratmeter großen, sehr abgelegenen Areal zugetragen hat, das versuchen Beamte der Mordkommission seit Mittwoch mit einer akribischen Spurensuche zu klären. Hier wohnte Frank L., der offiziell als Maler und Trockenbauer gearbeitet hat. Nachdem er am 4. Januar unter Mordverdacht an einer 76-jährigen Seniorin aus Appen festgenommen worden war, nahm sich der mehrfach vorbestrafte 58-Jährige am vorigen Sonnabend in der JVA Itzehoe das Leben. Die Polizei verdächtigt ihn, im Juni 2017 auch den Schenefelder Nachwuchsboxer Tunahan K. erschossen zu haben – möglicherweise im Auftrag.

Nachbar: "Abends war er immer weg"

„Viel gesprochen habe ich mit ihm nicht, das beschränkte sich auf Hallo, Guten Tag und guten Weg“, sagt ein Nachbar, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte. Wenn er ihn getroffen habe, sei Frank L. immer sehr freundlich gewesen. „Er lebte sehr zurückgezogen, bekam nur selten Besuch. Aber abends war er immer weg.“ Dass der Nachbar wegen Gewaltdelikten jahrelang in Haft saß und erst vor fünf Jahren entlassen wurde, „das wusste hier keiner“. Im Nachhinein sei ihm klar geworden, dass der Mann wohl etwas zu verbergen hatte. „Man konnte bei ihm nie ins Haus gucken, da war vorn immer alles runtergelassen.“

Das heruntergekommene weiße Leichtbauhaus hätten die Ermittler bereits Anfang Januar nach der Verhaftung von Frank L. regelrecht auseinandergenommen, sagt der Nachbar. „Die haben selbst die Rigipswände rausgerissen.“ Auch in den zwei Gartenschuppen sei damals jeder Zentimeter abgesucht worden. In den vergangenen drei Tagen hätten sich die Beamten nun das Außengelände vorgenommen, mit schwerem Gerät den Terrassenboden aufgestemmt, viele Löcher gegraben und entlang eines Zauns einen Graben ausgehoben. „Den Zaun hat er erst vor Kurzem gesetzt, weil sein Hund immer weggelaufen ist“, berichtet der Nachbar. Er vermutet, dass das Tier nach der Verhaftung von Frank L. ins Tierheim gekommen ist.

Frank L. soll Fremdenlegionär gewesen sein

Schaulustige aus der Umgebung, die fasziniert die Arbeit der Ermittler beobachten, berichten, dass der 58-Jährige aus Berlin stammen soll. Dass seine Mutter, fast 90-jährig, dort noch leben soll. Bei der Fremdenlegion soll er gewesen und dort den Umgang mit Waffen gelernt haben. Und im Jahr 2003 soll er auf einen Menschen geschossen haben. Immer wieder ist auch von Schießübungen die Rede, die Frank L. auf seinem Grundstück gemacht haben soll. Der Nachbar mag das nicht bestätigen. „Das hätte ich doch hören müssen.“

Eine ältere Frau erzählt, dass ihrem Sohn das Grundstück gehöre, auf dem Frank L. gelebt hat. „Er hat das vor etwa fünf Jahren angemietet.“ Auch sie wusste nichts von der kriminellen Vergangenheit des Mieters, der das Areal habe regelrecht verwahrlosen lassen. „Wir hatten deswegen schon Beschwerden von Nachbarn.“ Holzreste, abgefahrene Autoreifen, ein ausrangierter Wohnwagen, nicht mehr benutzbare Möbel – Frank L. hat auf dem Gelände einen wahren Müllberg aufgetürmt. Viel Arbeit also für die Ermittler.

Polizei muss neuen Fund auswerten

Am Freitagnachmittag haben die Beamten erst mal genug, sie brechen die Suche ab. Am Montag wollen sie zunächst nicht weiter suchen, sondern erst einmal eine Bestandsaufnahme machen, ist zu hören. Denn es sind an allen drei Tagen mögliche Beweismittel sichergestellt worden – auch am Freitag. Das bestätigt Polizeisprecherin Merle Neufeld. „Wir haben etwas gefunden, das nun ausgewertet werden muss.“ Wonach genau gesucht wird, wolle sie aus ermittlungstaktischen Gründen nicht mitteilen.

Nach Abendblatt-Informationen suchen die Beamten nach Munition. So soll Frank L. vor seinem Freitod einem Mithäftling anvertraut haben, Verstecke mit Munition auf dem Gelände angelegt zu haben. Die Beamten interessiert, ob diese Munition das gleiche Kaliber hat wie die, mit der Tunahan K. ermordet und seinem in Wedel lebenden Trainer einen Tag vor dem Verschwinden des Boxers ins Knie geschossen wurde.