Rellingen. Kritik der Woche: In der Rathaus Galerie interpretiert die Band traditionelle irische und schottische Songs in unverwechselbarem Stil.
Ein Saal mit Tischen und Stühlen, darauf irisches Kilkenny-Bier, und eine kleine Bühne, auf der etwa 20 Instrumente stehen: Erwartungsfrohe Stimmung herrscht vor Beginn des Folkkonzerts unter den Zuschauern am Freitagabend in der Rellinger Rathaus Galerie. Als die vier Musiker von Glenfiddle die Bühne betreten, legen sie sofort los, und es dauert gar nicht lange, da klatscht das Publikum im Takt der Musik mit.
Im proppevollen und durch die Tische engen Saal kann zwar lediglich dezent mitgewippt werden, doch dem vorwiegend älteren Publikum gefällt’s. Was die Gruppe unter dem Titel „Tribute to the Celtic Roots“ spielt, sind zwar traditionelle Lieder aus Irland und Schottland, aber Glenfiddle interpretieren die Songs auf ihre eigene Art.
Schließt man die Augen, könnte man sich jedoch genauso gut auf einem Folk-Festival oder in einem Pub wähnen. Doch halt, was ist das? Anklänge an Pink Floyd oder Jethro Tull finden ebenso Eingang in die Melodien wie andere musikalische Stilrichtungen aus Rock, Klassik, Country und Jazz, selbst ein griechisches Volkslied findet sich auf der Playlist.
Wie die Gruppe es schafft, aus den gegensätzlichsten Stilen ein so harmonisches Bühnenprogramm zu stricken, ist legendär. Dabei bleiben die Musiker immer authentisch und sind echte Live-Profis, die in jeder Situation einfach gute Laune verbreiten. Selbst als einmal die Fiddle verstimmt ist, weil ihr die Hitze im Saal zusetzt, ist das für die Band gar kein Problem, es wird einfach improvisiert. Außerdem hat der schlagfertige Flötist Jan-Taken de Vries immer den passenden Spruch auf den Lippen: „Die ist verstimmt, die Geige“, stellt er fest. „Doch von was bloß?“, fragt er ins Publikum. Eine Antwort bekommt er zwar nicht, aber an der Musik kann es jedenfalls nicht gelegen haben. Kurze Zeit später ist die Fiddle wieder gestimmt und einsatzfähig.
De Vries ist einer von zweien aus der Gruppe mit einem abgeschlossenen Musikstudium und spielt nicht nur verschiedene Flöten, er beherrscht auch Keyboard und Bodhrán, eine irische Trommel. Zwischendrin verlässt er die Bühne und zieht flötenspielend wie der Rattenfänger von Hameln durchs Publikum. Dabei bewegt er die Finger so unglaublich schnell und spielt dabei immer auf den Punkt genau, dass es eine Freude ist, ihm zuzusehen und vor allem zuzuhören. Auch Peter Simon fiedelt, was das Zeug hält. Viele Stücke beginnen langsamer und steigern sich dann zu stürmischer Schnelligkeit.
Zu den Flinkfingern zählt auch Gitarrist Andreas Petalas, dessen Langhaarstyle plus grüner E-Gitarre auch wunderbar auf eine Bühne aus den 70er-Jahren passen würde, inklusive seiner Soli. Eine ganz und gar ungewöhnliche Folk-Musik-Band. Hörens- und sehenswert!
Wer es verpasst hat: Glennfiddle spielen am Sonntag, 5. Juni, 15 Uhr in den Wallanlagen von Planten un Blomen in Hamburg.