Kreis Pinneberg. Nur Fünf Vorfälle im Kreis Pinneberg seit November 2015 aktenkundig. Polizei gibt offensiv die Nationalität möglicher Täter preis.
Ein „fremder Ausländer“, der in Wedel eine Frau auf offener Straße küssen wollte und auf der Wache landete. Darüber berichtete die Polizei am 25. Januar. Am gleichen Tag ist von einer zehnköpfigen Gruppe von Ausländern die Rede, die ebenfalls in Wedel eine Frau auf dem Parkplatz eines Discountmarktes angesprochen hat. Drei Tage später meldeten die Beamten, dass in Uetersen ein „augenscheinlich nicht aus Deutschland stammender Mann“ eine junge Frau auf einem Fußweg eine dreistellige Summe für Sex bot.
Was steckt tatsächlich hinter dieser Art Meldungen, die vor dem Hintergrund der Ereignisse der Silvesternacht in Köln und Hamburg den Eindruck entstehen lassen können, dass die Zahl der sexuellen Belästigungen durch die hohe Zahl an Flüchtlingen zugenommen habe? Das jedoch kann Oberstaatsanwalt Uwe Dreeßen, der Sprecher der Staatsanwaltschaft Itzehoe, für den Kreis Pinneberg nicht bestätigen. „Es gibt vereinzelt Vorwürfe gegen Flüchtlinge, was sexuelle Belästigungen betrifft. Alles spielt sich im niedrigschwelligen Bereich ab“, so der Oberstaatsanwalt. Vorwürfe wie in Bad Oldesloe, wo am 19. Januar ein 17 Jahre alter Mann aus Eritrea von zwei Polizisten bei der Vergewaltigung einer 18-Jährigen erwischt wurde, seien nicht darunter.
Seit November 2015 sind bei der Staatsanwaltschaft fünf Fälle aktenkundig, in denen Flüchtlingen Sexualdelikte vorgeworfen werden. Die anfangs erwähnten Vorfälle in Wedel und Uetersen sind dabei mitgezählt. „Es ist in einigen Fällen offen, ob es überhaupt zu Straftaten gekommen ist“, berichtet der Oberstaatsanwalt. Das müsse die Bewertung der Anklagebehörde zeigen.
In Schleswig-Holstein erfasst die Polizei seit September gesondert Flüchtlingskriminalität. Bis einschließlich 5. Februar wurden landesweit 55 Sexualstraftaten registriert, die etwas mit Flüchtlingen zu tun hatten. In 14 Fällen waren Täter und Opfer Flüchtlinge. 39 Mal wurden Flüchtlinge als Täter aktenkundig, in zwei weiteren Fällen waren Flüchtlinge Opfer sexueller Attacken. Stefan Jung vom zuständigen Landeskriminalamt weist darauf hin, dass in vielen Fällen die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen sind und es daher fraglich ist, ob es überhaupt zu strafrechtlich relevanten Delikten gekommen ist.
Polizei meldet auch ohne Hinweise auf Straftaten
„Keine konkreten Hinweise auf strafbare Handlungen“: Dieser Satz findet sich auch in der Meldung der Polizei vom 25. Januar, in der von der Ansprache der Frau in Wedel durch eine zehnköpfige Männergruppe von Ausländern auf dem Netto-Parkplatz in Wedel die Rede ist. Trotzdem hat Sandra Mohr von der Pressestelle der Polizei den Vorgang öffentlich gemacht. „Wir melden offensiv alle relevanten Sachverhalte, auch wenn Flüchtlinge beteiligt sind“, erläutert die Polizeisprecherin. Es werde nichts verheimlicht oder unter den Teppich gekehrt. Sollten Personen fremder Nationalität an einem Sachverhalt beteiligt sein, werde auch dies öffentlich gemacht.
„Wir setzen mit unseren Meldungen bereits im sehr niedrigschwelligen Bereich an, auch wenn es sich nicht auf den ersten Blick um eine Straftat handelt“, so Mohr weiter. Dies gelte für alle Fälle, bei denen Zeugenhinweise notwendig seien, um einen Sachverhalt aufklären und bewerten zu können. Laut Mohr gelten für alle Pressestellen der Polizei in Schleswig-Holstein dieselben Regeln.
Das bestätigt Jürgen Börner, der Sprecher des übergeordneten Landespolizeiamtes mit Sitz in Kiel. Er spricht von einer sachgerechten Öffentlichkeitsarbeit, die nichts verheimlicht, aber auch keine Vorurteile schüre. „Wir versuchen, so sensibel wie möglich jeden Einzelfall zu betrachten und das Interesse der Öffentlichkeit auf Berichterstattung und die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen gegeneinander abzuwägen.“ In Schleswig-Holstein ereigneten sich 2014 insgesamt 1601 Sexualstraftaten., Im Kreis Pinneberg waren es 148. Die Zahlen für 2015 werden im März von Innenminister Stefan Studt vorgestellt.