Bönningstedt. Untreuevorwurf in Bönningstedt: Gutachter ermittelten Verkehrswerte für Immobilie, die um mehr als 200.000 Euro differieren.

Der Verkauf der ehemaligen Bürgerstuben Bönningstedt mit Sporttrakt, Gaststätte, Kegelbahnen sowie Kinder- und Jugendzentrum belastet die politische Atmosphäre der Gemeinde. Gegen Bürgermeister Peter Liske läuft eine Strafanzeige wegen Untreue, die die Gemeindevertreter der Grünen noch vor dem Verkauf der Immobilie in der Ellerbeker Straße 27 an zwei Quickborner Investoren im März 2014 angestrengt haben.

Dem Abendblatt liegen jetzt zwei Gutachten vor, die den Wert des 5500 Quadratmeter großen Areals am Sportplatz des SV Rugenbergen, das eigentlich in Ellerbek liegt, recht unterschiedlich bewerten. Das eine aus dem Jahr 2011 hat dafür einen Verkehrswert von 246.000 Euro ermittelt. Das andere aus dem Jahr 2014 gibt den Restwert der Immobilie mit nur 34.000 Euro an, da Sanierungskosten von 434.000 Euro abgezogen werden müssten.

Aus Sicht Liskes ließen sich die beiden Gutachten nur schwerlich miteinander vergleichen. So habe der Gutachterausschuss des Kreises Pinneberg bei seiner Wertermittlung 2011 lediglich den etwa 1000 Quadratmeter großen Gastronomiebereich betrachtet, während die Umkleidekabinen der Sportler und die Fläche des Jugendzentrums unberücksichtigt blieben. „Aber die Gaststätte wäre ohne die Sportler nicht existenzfähig.“ Dieser Teil des Gebäudes aus dem Jahr 1980 sei aber ebenso völlig marode gewesen wie der des Jugendzentrums im Keller des anderen Flügels.

Das bestätigt der Sachverständige Torsten Kühl in seinem Gutachten: „Das Gebäude befindet sich in einem stark sanierungsbedürftigen Gesamtzustand. Der Innenausbau ist überaltert und der Gebäudekomplex wenig instand gehalten worden.“ Es wären „erhebliche Investitionen“ nötig, um Duschen und Sanitärbereich des Sportlertraktes sowie Gastronomie „wiederherzustellen“, die zu dem Zeitpunkt bereits mehr als ein Jahr lang leer stand. Die Investoren Hilmar und Dirk Frehsdorf, die die Immobilie für jene 34.000 Euro erwarben, 2014 monatelang entkernt und erneuert haben, investierten nach eigenem Bekunden „weit über eine halbe Million Euro“ in die Sanierung.

Interessenten aus Rocker- und Rotlichtmilieu

Der Beschluss, die Bürgerstuben zu veräußern, ist formal vom Gemeinderat im November 2013 gefasst worden. Zuvor lief ein Ausschreibeverfahren, auf das sich lediglich „recht kuriose Leute“ aus dem Rotlicht- und Rockermilieu interessiert gezeigt hätten, erinnert sich CDU-Fraktionschef Rolf Lammert, der als Vorstandsmitglied des SV Rugenbergen und Mitglied eines eigens dafür eingesetzten Arbeitskreises eng mit der Thematik verbunden war. Zwischendurch sei sogar darüber nachgedacht worden, die Immobilie für einen symbolischen Euro zu veräußern, nur damit Sporttrakt, Gaststätte und Jugendzentrum erhalten bleiben würden.

„Der Vorwurf der Untreue ist Blödsinn“, sagt Lammert. „Wir haben ein ordentliches Gutachten und die Immobilie rechtmäßig verkauft.“ Dies habe auch die Kommunalaufsicht des Kreises Pinneberg bestätigt. Für die Gemeinde sei das Wichtigste gewesen, dass die Fußballer des SV Rugenbergen den Komplex weiter nutzen könnten, das Dorf eine Gaststätte behalte und die Kinder- und Jugendlichen weiter über eine Anlaufstelle verfügten, betont Liske, der zu dem Untreuevorwurf bis heute nicht von der Staatsanwaltschaft Itzehoe vernommen worden sei.

Im Namen der anzeigenden Politiker bemängelt Grünen-Fraktionschefin Resy de Ruijsscher, ein „nicht transparentes und unsauberes“ Verfahren. „Wir sind der Ansicht, dass für die Gemeinde ein nicht unerheblicher wirtschaftlicher Schaden entstanden ist.“ So seien die künftigen Pachteinnahmen des Investors bei dem zweiten Gutachten 2014 nicht berücksichtigt worden.

Der Gutachterausschuss kam in seiner Untersuchung 2011 zu einem monatlichen Pachtzins von rund 2000 Euro allein für den Gastronomiebereich. Tatsächlich nahm die Gemeinde monatlich 2150 Euro durch die Gaststätte ein, als diese bis 2012 noch verpachtet war. „Aber zum Zeitpunkt des Verkaufs erzielten wir keinerlei Einnahmen aus dem Gebäude“, betont Liske. „Im Gegenteil. Wir mussten für den Unterhalt selbst aufkommen.“