Kreis Pinneberg. Die Kreiselternvertretung verlangt eine Änderung der Sozialstaffel, damit Kinder nicht zu einem Privileg von Gutverdienern werden.
Viele Eltern im Kreis Pinneberg halten die Kindergartengebühren für zu hoch und die Sozialstaffel für ungerecht. Das ist das Ergebnis einer Umfrage der Kreiselternvertretung (KEV), die deren Vor- sitzende Nadine Mai jetzt dem Jugendhilfeausschuss des Kreistages vorgestellt hat. Sie fordert deshalb die Kreispolitik auf, die Sozialstaffel so zu ändern, dass die Eltern höchstens zehn Prozent ihres Haushaltseinkommens für die Kita-Gebühren aufwenden sollten. In manchen Familien sei dieser Anteil fast doppelt so hoch. „Sie sollten Anreize schaffen, damit wieder mehr Kinder geboren werden“, forderte Nadine Mai.
Die Kreisverwaltung widersprach den Berechnungen der KEV-Vorsitzenden und hielt die Umfrage für nicht repräsentativ. Bei 167 Fragebögen, die die KEV ausgewertet hat, hätten sich nur etwa zwei Prozent der 8000 betroffenen Eltern der 11.000 Kinder in den 160 Kindergärten im Kreis Pinneberg daran beteiligt, versuchte Birgit Schucht, zuständig für die Sozialstaffel in der Kreisverwaltung, das Ergebnis der Befragung zu relativieren.
In der Tat hören sich die Ergebnisse zum Teil dramatisch an, die KEV-Vorsitzende Nadine Mai aus der Umfrage vortrug. So würde mehr als jede vierte befragte Familie im Kreis Pinneberg lieber auf ein zweites Kind verzichten statt sich dieser enormen finanziellen Belastung auszusetzen. Ein Fünftel der befragten Mütter bliebe lieber zu Hause, als nur für die Kita zu arbeiten. Jede fünfte Familie denke über einen Umzug in eine Region nach, wo die Kitagebühren niedriger seien.
Fast 700 Euro monatlich für die Betreuung von zwei Kindern in Wedel
In manchen Kommunen seien die Kita-Gebühren in jüngster Zeit stark angestiegen, referierte die KEV-Vorsitzende am Beispiel Wedels, wo sie selbst annähernd 700 Euro Kita-Gebühren für ihre zwei Kinder, drei und fünf Jahre, monatlich zahlt. Dort koste ein Krippenplatz für die Betreuung von Kindern unter drei Jahren jetzt 498 Euro im Monat, für ältere Kinder 332 Euro im Monat. Damit seien diese Gebühren jeweils um 20 Prozent im Vergleich zu 2010 gestiegen. Wer zwei kleine Kinder habe, müsse bis zu 700 Euro, wer drei Kinder zu versorgen hat, bis zu 850 Euro im Monat aufwenden.
Für das zweite Kind sind im Kreis Pinneberg noch 70 Prozent, für das dritte 40 Prozent der Gebühren fällig. Erst das vierte Kind ist davon befreit. In anderen Kreisen zahlten Eltern für das zweite Kind nur noch die Hälfte, und schon das dritte Kind werde kostenlos für die Eltern versorgt, so Nadine Mai. „Eine Mutter hat geklagt, wenn sie ein zweites Kind bekäme, verdiene sie nur noch 300 Euro im Monat, bei drei Kindern arbeite sie fast gratis“, sagte Nadine Mai. „Viele Eltern fragen sich: ‚Können wir uns überhaupt ein zweites Kind leisten?’“ Das Hauptproblem hierbei sei die Sozialstaffel, die jeweils 40 Prozent der Befragten weder kennen würden noch nachvollziehen könnten, führte Nadine Mai aus. Sie ist aus Sicht der Kreiselternvertretung schlicht nicht fair. Die Vorsitzende Nadine Mai führte Rechenbeispiele als Beleg dafür vor.
Kita-Gebühren im Kreis Pinnberg wesentlich höher als in Kiel
So gewähre die Kreisverwaltung einen Freibetrag von 2500 Euro im Monat für Miete, Heizkosten und Lebensunterhalt. Aufwendungen für Fahrtkosten sowie Renten-, Haftpflicht- und Pkw-Versicherung könnten zusätzlich abgezogen werden, nicht aber Stromkosten, Ausgaben für die Kinder wie Essensgeld oder Vereinsbeiträge oder die Semestergebühren studierender Kinder. Alle Einnahmen, die darüber liegen, flössen zu 80 Prozent in die Kita-Gebühr. Auf diese Weise könnte es passieren, dass eine Familie, die über ein Haushaltsnettoeinkommen von 3200 Euro im Monat verfüge, hier im Kreis Pinneberg 560 Euro zahlen müsste, während dieselbe Familie in Kiel nur mit 389 Euro im Monat belastet würde.
In der Landeshauptstadt sei auch die Berechnung der Sozialstaffel viel transparenter als hier, monierte Nadine Mai. Dort könnte jede Familie über eine einfache Tabelle im Internet (www.kiel.de/leben/kinder/kitas) die Kita-Gebühren im Voraus berechnen. „Hier dagegen freuen sich die Eltern zunächst, wenn sie überhaupt einen Kita-Platz bekommen haben. Wenn sie dann aber einen Monat später erfahren, was sie dafür bezahlen sollen, fallen sie hinten über.“
Eltern können in der Landeshauptstadt die Kita-Kosten im Voraus berechnen
Die KEV fordert deshalb, die Kita-Gebühren bis zu einem Höchstsatz allein vom Haushaltseinkommen der Eltern abhängig zu machen. Dieser Anteil solle maximal zehn Prozent des monatlichen Einkommens betragen, fordert Nadine Mai. „Sonst werden sich hier bald nur noch Gutverdiener leisten können, Kinder zu kriegen.“