Kreis Pinneberg. Gutachter ermahnen Kommunen, auf den Zuzug von Flüchtlingen mit öffentlich geförderten Neubauten zu reagieren.
Dem Kreis Pinneberg droht massiver Wohnungsnotstand. Grund ist die Flüchtlingskrise. Das ist der Tenor einer Analyse des Hannoveraner Pestel-Instituts. Der Studie zufolge werden allein für die im Jahr 2015 in den Kreis Pinneberg kommenden Asylbewerber 1460 Wohnungen zusätzlich benötigt. Der Gesamtbedarf für 2015 steige somit auf 3060 Einheiten. Im Schnitt seien in den vergangenen Jahren jedoch nur 1310 Wohnungen pro Jahr gebaut worden. In der Studie rät das Pestel-Institut, „die bisherige Neubaurate enorm zu steigern und beim Leerstand kräftig zu sanieren“. Im Kreis Pinneberg mangele es vor allem an Sozialwohnungen. „Es fehlen vier Wände für Rentner, Alleinerziehende, junge Menschen in der Ausbildung, einkommensschwache Haushalte und eben auch Flüchtlinge“, so Institutsleiter Matthias Günther
Dass die jetzt veröffentlichte Expertise zusätzlichen Bedarf an Wohnungen ausweist, überrascht nicht unbedingt. Schließlich wurde die Studie von der Bauwirtschaft in Auftrag gegeben. In Uetersen geht die Stadverwaltung jedoch von realistischen Zahlen aus. Laut Stadtplaner Henning Trepkau besteht generell ein steigender Bedarf an Sozialwohnungen. Eine klare Tendenz sei zwar auszumachen, sichere Zahlen gebe es für Uetersen aber erste Ende 2015. „Wir eruieren dann auch die Möglichkeiten, die wir überhaupt haben“, sagt Trepkau. Denn die Flächen für weiteren Wohnungsbau seien in der Rosenstadt begrenzt, Dass etwa das 2,3-fache des bisherigen Bauvolumens notwendig sei, um den normalen Wohnungsbedarf sowie den aufgrund der Flüchtlingslage entstandenen zusätzlichen zu decken, sei zutreffend.
Pinneberg hat auf Basis der Pestel-Zahlen eine Prognose erstellt. Daraus geht hervor, dass allein im Stadtgebiet bis zum Jahr 2020 voraussichtlich 382 zusätzliche Wohneinheiten für Flüchtlinge hermüssen. „Die aktuelle Zuwanderung einer großen Zahl von Flüchtlingen wird zusätzlichen Bedarf auslösen. Provisorien werden keine Dauerlösung sein“, mahnt Pinnebergs Bürgermeisterin Urte Steinberg. Denkbar sei, städtische Flächen für den Wohnungsbau vorzubereiten. Zudem müsse die Anzahl öffentlich geförderten Wohnraums über städtebauliche Verträge mit Investoren gesteuert werden.
Die Pinneberger Baugenossenschaft Neue Gewoge, die kreisweit 2248 Wohnungen anbietet, sieht sich schon jetzt einer höheren Nachfrage ausgesetzt. Pinneberg, Elmshorn, Rellingen und Halstenbek sind händeringend auf der Suche nach Unterkünften für Asylbewerber. „Aktuell vermieten wir 34 unserer Wohnungen zu diesem Zweck an Kommunen“, sagt Vorstand Wolfgang Hermann. An der strategischen Ausrichtung des Unternehmens muss Hermann nichts ändern. Die Neue Gewoge ist ohnehin auf Expansionskurs, baut in Pinneberg, Elmshorn und bald auch in Rellingen. Laut Hermann orientiert man sich an den Empfehlungen des Landes Schleswig-Holstein, die sich bei neuen Projekten ein Drittel öffentlich geförderte und insofern mietgünstige Wohnungen wünschen.
Die Gewoge sei auf der Suche nach für Wohnungsbau geeigneten Grundstücken. „Wir wollen weiter bauen“, bestätigt Hermann. Bei der Entwicklung des Mühlenauquartiers an der Bahnlinie in Pinnebergs City wäre die Genossenschaft gern im Boot. Wo bis 1990 die Ilo-Motorenwerke beheimatet waren, sollen 330 Wohneinheiten entstehen. Ein Drittel davon könnte die Gewoge stemmen. An dem Bauprojekt hat sich in Pinneberg eine Grundsatzdiskussion entzündet. Während Befürworter eine Aufwertung des Bahnhofsumfelds feiern, bemängeln Kritiker, dass die Planung trotz Flüchtlingskrise maximal 20 Prozent Sozialwohnungen vorsieht. bei der Entwicklung der Pinneberger Eggerstedt-Kaserne, auf der 250 Einheiten hochgezogen werden, entsteht nicht eine einige Sozialwohnung. Anders auf dem ehemaligen Kreishaus-Areal in Pinnebergs City. Dort werden von 118 neuen Wohnungen 48 öffentlich gefördert.
Die vom Bund in Aussicht gestellten 500 Millionen Euro, die die Länder bis 2020 jährlich für den sozialen Wohnungsbau bekommen sollen, reichen dem Pestel-Institut zufolge nicht aus. „Der Kreis Pinneberg wird davon nicht wirklich spürbar profitieren“, sagt Günther. Gewoge-Vorstand Hermann sieht das nicht anders: „Der Tropfen auf den heißen Stein“, sagt er.