In unserer Sommerserie stellen wir Landgasthöfe vor, zu denen ein Ausflug lohnt. Heute: Das Landhaus Haselau in der Haseldorfer Marsch.
Es ist noch nicht mal zwölf Uhr mittags, da betreten bereits die ersten hungrigen Gäste das Landgasthaus Haselau im gleichnamigen Örtchen in der Haseldorfer Marsch. Sofort werden sie mit einem herzlichen Lächeln von Julie Klein und Jana Timm begrüßt. Zuvor haben die Servicedamen die Tische eingedeckt, eine Tätigkeit, die beide ebenso schätzen wie den Kontakt zu den Gästen, denen sie das aktuelle Tagesmenü gleich mündlich vorstellen. Heute gibt es typisch Norddeutsches: Birnen, Bohnen und Speck. Wenig später sind bereits viele Plätze in der Stube besetzt, die Mitarbeiterinnen huschen von Tisch zu Tisch und nehmen Bestellungen auf. Inhaberin Saskia Linau wundert sich nicht über ihre frühen Gäste: „Es ist ja jetzt Mittag. Hier war das schon immer so, Punkt zwölf wird gegessen.“ Solche Gepflogenheiten haben eben auf dem Land überdauert.
W ährend drinnen der Lärmpegel ansteigt, ist es draußen vor allem eines: ruhig. Idyllisch liegt das reetgedeckte Gebäude des Restaurants eingebettet inmitten eines Gebäudeensembles gleich neben der Heilig-Dreikönigskirche, die die älteste Glocke des Kreises Pinneberg beherbergt. Vieles hier ist alt und liebevoll restauriert. Wie wichtig Traditionen sind, schlägt sich auch auf der Speisekarte nieder. „Dat hebbt wi hüüt“ – das haben wir heute, steht dort, die Salate finden sich unter der Überschrift „Wat Gesunnes“ und die Kindergerichte unter „För den lütten Hunger und för Kinner“. Jan Linau, Inhaber und Küchenchef, hat das Restaurant 2012 von seinen Eltern übernommen. Sein Vater Otto Linau habe mit vielen Gästen noch Plattdeutsch gesprochen, sagt er. Auch heute bestellen viele noch auf diese Weise.
Landhaus ist seit 300 Jahren im Familienbesitz
Das sollten sich Besucher nicht entgehen lassen
Mit dem Betrieb hat das Besitzerehepaar auch die Geschichte geerbt, und die ist lang. Über 300 Jahre ist die Gaststätte nun schon im Familienbesitz. An der Wand der Gaststube hängt eine Fotografie: Das Porträt von Linaus Großvater Hermann wacht noch heute über die Gaststätte. „Das hängt da, solange ich denken kann“, sagt Jan Linau. „Tradition ist wichtig und passt zu uns.“ Das Einzugsgebiet erstrecke sich vor allem Richtung Wedel, Uetersen und das Hamburger Randgebiet. „Unsere Gäste finden Traditionelles ganz schön, nur alt allein darf es nicht sein.“ Er wolle nicht nur Gastwirtschaft betreiben, sondern auch immer etwas Neues anstoßen, sich selbst verändern. „Man muss sich immer ein bisschen abheben von anderen“, so Linau. So finden sich auf dem kulinarischen Kalender sowohl überlieferte Rezepte und Saisonales – Pilzwochen, Wildwochen, Grünkohl- und Schwarzsauer-Essen – als auch Neues und Internationales wie das mediterrane Buffet, brasilianisches Rodizio und „Gamba Zamba“. Für dieses Event im Sommer war der Andrang so groß, dass die Gäste sich sogar auf dem Rasen vor dem Lokal niederließen.
Die Öffnung für neue Ideen war kein Umbruch, sondern ein längerer Prozess. Bereits vor dem Wechsel im Haselauer Landhaus 2012 hätten beide Generationen Hand in Hand gearbeitet, sagt Saskia Linau. Den Landgasthof lernte sie schon als Schülerin kennen – als Aushilfe im Service in den Sommerferien. „Das hat mir einfach Spaß gemacht, es ist ja auch was Schönes, mit Menschen umzugehen.“ Die gelernte Bankkauffrau kann ihre Kenntnisse heute bei ihrer verwalterischen Arbeit einbringen, in den Service ist sie „einfach so reingerutscht“, sagt sie, die ein oder andere Fortbildung kam dazu. Wenn sie im Frühstücksdienst für das angeschlossene Drei-Sterne-Hotel mit den zwölf Zimmern tätig ist, muss sie um kurz nach vier aufstehen. Dafür ist sie mittags zu Hause, wenn ihre Kinder aus der Schule kommen.
„Schön wäre es, wenn einer weitermacht“
Ihr Mann kennt aus eigener Erfahrung die Vor- und Nachteile für Eltern und Kinder, die sich aus dem Gastronomiebetrieb ergeben. „Es ist anders, als wenn man in einer normalen Familie aufwächst“, erzählt er. Mama und Papa seien zwar immer da, die Zeit aber sei begrenzt. Dafür könnten die Kinder aktuelle Probleme immer gleich abladen. Dass sie mittags im Restaurant ihr Menü von der Speisekarte aussuchen könnten, sähen sie nicht als Privileg an. „Wenn man etwas immer haben kann, ist es nichts Besonderes mehr“, so Saskia Linau. Ihr Mann packte schon als Kind mit im Landgasthaus an, empfand das aber nicht als Belastung, sondern wuchs so ganz natürlich in seine Aufgaben hinein. Seine Kinder setzen diese Tradition fort und helfen beim Tresengeschäft, dem Frühstücksdienst und Abwasch mit. Ob sie den Betrieb einmal übernehmen werden, steht aber noch in den Sternen. „Schön wäre es ja, wenn einer weitermacht“, sagt Linau dazu, aber man wisse ja nicht, wie die Branche sich weiterentwickele.
So kommen Sie hin
Nicht nur in dieser Hinsicht gebe es Veränderungen, die Menschen hätten ihre sozialen Aktivitäten ebenso verändert. „Früher waren die Skatspieler da und abends saßen die Leute am Tresen. “ Menschliche Unikate in Kombination mit Alkohol führten zu kuriosen Vorfällen wie diesem: Bei einer Feier im großen Saal wurde spätabends ein Gast vermisst. Als Linaus Vater zum Getränkeholen in den Gewölbekeller ging, fand er den Vermissten dort an der Wand, wo er schon einige Zeit gelehnt haben musste. Auf die Nachfrage, was er denn dort mache, erklärte der Mann, er warte auf die U-Bahn. „Die anderen Gäste haben sich natürlich halb totgelacht“, erzählt der Chef.
Heute sei positiv, dass der Alkoholkonsum wie das Rauchen deutlich zurückgegangen seien. So könnten seine Gäste und er in der Gaststube endlich wieder tief durchatmen.
Empfehlung der Küche: Birnen, Bohnen und Speck
Zutaten für vier Personen: 1,5 Kilogramm Brechbohnen, 1 Kilogramm kleine, möglichst feste Birnen (keine Kochbirnen, da diese nicht die Süße entwickeln), 750 Gramm durchwachsener Speck, Bohnenkraut, frische Petersilie. Für die Beilage eignen sich am besten festkochende Kartoffeln.
Planen Sie Vorbereitungszeit ein, denn der Speck soll als Erstes eineinhalb Stunden in einem Topf mit Wasser garen. Dann die Bohnen putzen und in mittelgroße Stücke schneiden. Die gewaschenen Birnen halbieren und das Kerngehäuse entfernen.
Nun die Bohnen, das Bohnenkraut und die Birnen mit dem Speck zusammen garen. Alternativ etwas Fond aus dem Topf mit dem Speck nehmen und mit Bohnen, Birnen und Bohnenkraut extra dünsten.
Den fertigen Speck in Stücke schneiden. Die Bohnen und die Birnen aus dem Topf nehmen und warmstellen, das Bohnenkraut entfernen. Die Flüssigkeit mit etwas Stärke binden und dann mit Salz und Pfeffer abschmecken.
Alles zusammen auf einem Teller anrichten und mit Petersilie bestreuen. Dazu werden Salzkartoffeln gereicht. Zu diesem typisch norddeutschen Gericht empfiehlt der Küchenchef ein kühles Pils.
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