Bokel. In unserer Sommerserie stellen wir Landgasthöfe vor, zu denen sich ein Ausflug lohnt. Heute: Das Hotel-Restaurant Bokel-Mühle am See.
Die Sonne scheint und das Wasser des Bokeler Sees spiegelt den Sommerhimmel wider. Vom Bootssteg schallt Lachen ans Ufer, dort hat sich das Team des Landgasthofs und Hotels Bokel-Mühle am See für das Gruppenfoto zu unserer Abendblatt-Serie versammelt. Als einige der Angestellten in ein Boot umsteigen, gerät es ins Wanken. Das tut der fröhlichen Stimmung und dem entspannten Umgang miteinander jedoch keinen Abbruch. „Es gibt nichts, was man nicht regeln kann“, beschreibt Hoteldirektorin Caroline Fuhrmann ihre Einstellung. „Der Gast soll entspannen, genießen und sich willkommen fühlen.“
„Seensucht“ steht auf dem Spiegel im Eingangsbereich, und das trifft es auch, denn „seensüchtig“ könnte man werden, so schön ist die Lage am Wasser mit dem historischen Seepavillon. Die Räumlichkeiten tun ein Übriges. Das große Kaminzimmer, der Raum der alten Wassermühle, in dem das Frühstück serviert wird und die Kissen der Sessel stilecht aus alten Mehlsäcken genäht wurden, die Suite mit frei stehender Badewanne und Seeblick: Das Ambiente ist einfach stimmig. 28 Doppelzimmer hat das Hotel, es ist barrierefrei eingerichtet und verfügt über einen Aufzug und rund 250 Sitzplätze für hungrige Gäste, Gesellschaften, Hochzeitsfeiern. Sogar standesamtliche Trauungen vor Ort können arrangiert werden.
Alexander Erich, mit 32 Jahren der jüngste Spross der Besitzerfamilie, kennt sich mit der wechselvollen Vergangenheit des Hauses bestens aus. Sein Vater Rainer Erich leitet zwar das Hotel, das Reden aber überlässt er gerne seinem Sohn. „Seit 1880 sind wir in Familienbesitz“, erzählt Alexander Erich. „Mein Ur-Urgroßvater Neel Greve hat die Korn-Wassermühle gekauft.“ Die Bauern hätten auf ihr gemahlenes Gut warten müssen, so sei eine Schankwirtschaft entstanden. 1912 sei das Müllerhaus erbaut und mit Beginn des Ersten Weltkriegs der Seepavillon errichtet worden. Zuvor erhielt Greve den Zuschlag für den Kauf des Mühlenteichs, der noch heute der Familie gehört.
Die Karpfenzucht und das alljährliche Spektakel am letzten Oktober-Wochenende, bei dem das Wasser des Sees abgelassen wird und ein Teil der Karpfen zum Verkauf kommt, sind Teil des Programms. Bis zu 20.000 Gäste seien schon dabei gewesen, so Erich. Der Zulauf des Forellenbachs wird für einige Zeit abgeleitet. „Die Fischer halten nur noch die Netze auf“, beschreibt Caroline Fuhrmann, die Hoteldirektorin, das Geschehen. „Da sind erfahrene Männer dabei, die von Kindesbeinen an reingewachsen sind, bei manchen kommen die Söhne schon mit.“
Die Karpfen kämen lebend in Bottiche und würden dann wie auf dem Markt zum Verkauf gestellt. Andere Fische aus dem See sind Aal, Forelle, Schleie und Hecht. „Der Karpfen hat ein Revival erlebt“, so Alexander Erich. Der Fisch ernähre sich vegetarisch und wachse in fließendem Gewässer auf, was für zartes sowie fettarmes Fleisch sorge. „Und weil er in unserem See lebt, kann man sogar zwischen Karpfen schwimmen.“
Das sollten sich Besucher nicht entgehen lassen
Ein weiteres Highlight ist die Karpfenprobe, mit der in Schleswig-Holstein die Karpfensaison alljährlich eröffnet wird. Das Festessen findet mit geladenen Gästen aus Politik und Wirtschaft statt. Zu diesem Anlass wird vom Küchenchef ein besonderes Karpfengericht kreiert.
Im vergangenen Jahr wurde Domino vom Bokeler Karpfenfilet mit violetter Sauce, Karottenbündchen und Kartoffeltalern serviert. Ein großes Plus sei die Vielseitigkeit des Karpfens, so wird Oliver Sched sich auch dieses Jahr wieder ein besonderes Gericht einfallen lassen. Seit eineinhalb Jahren ist der gebürtige Bayer Küchenchef in der Bokel-Mühle. Für das Rezept, das er heute auf dieser Seite vorstellt, hat er aber einen anderen Fisch ausgesucht: Die Nordsee-Meeräsche wurde mit einer mediterranen Note versehen.
Auf seine Aufgabe in der neuen Region hat er sich vorbereitet. „Dabei hat er sogar ein altes Rezept für einen Pudding entdeckt, den die Gäste besonders lieben: Holsteinischer Plettenpudding“, sagt Alexander Erich. Die Philosophie der Küche sei, Gerichte, die man grundsätzlich kenne, neu zu entdecken und so zuzubereiten, wie man sie noch nicht gegessen habe. Mittelmeerflair in die regionale und saisonale Küche nach Bokel zu holen, ein Produkt anders zu interpretieren, das mache ihm einfach Freude, sagt der Küchenchef. Überhaupt sei Koch der Beruf seines Lebens, besser noch: eine Berufung. „Man kann nicht nur Koch sein wie zum Beispiel Kfz-Mechaniker“, so Sched. „Die Gäste merken, ob das Essen mit Liebe gekocht ist.“ Teil des Küchenteams ist Jan Schmidt. Der jahrgangsbeste auszubildende Koch der Kreise Pinneberg und Steinburg 2014 hat in der Bokel-Mühle gelernt. Ausgebildet wird in Küche, Restaurant und Hotel.
Irgendwann ist auch für die Angestellten ein langer Tag zu Ende. Caroline Fuhrmann hat Respekt vor der Leistung ihrer Kollegen: „Ich nehme schon den Hut vor ihnen, der Gast merkt von dem Stress, der im Hintergrund läuft, nichts. Sein Anliegen steht immer im Vordergrund.“ Für Küchenchef Oliver Sched steht zudem Kochen im Vordergrund, auch zu Hause legt er den Kochlöffel nicht zur Seite. Wenn seine Frau am Herd stehe, müsse sie ihn aber aus der Küche rausschmeißen. Dafür habe er absolutes Verständnis: „Sonst rede ich ihr ständig rein.“
Der Geheimtipp des Chefkochs: Meeräsche mit Kartoffeln und feuriger Sauce
Zutaten für vier Personen: ca. 700 g Nordsee-Meeräsche als Filet, Mehl, 50 g Chorizo in Scheiben, 200 ml Fischfond, 30 ml Prosecco, 300 ml Sahne, 20 g Butter, zwei Schalotten, Speisestärke, ein mittelgroßer Spitzkohl, Abrieb einer unbehandelten Zitrone, ein Kilo festkochende, gelbfleischige Kartoffeln, 150 ml Gemüsebrühe, Öl, Knoblauch, Muskatnuss, Salz, Pfeffer, Zucker
Zubereitung: Geschälte Kartoffeln der Länge nach halbieren, in ca. fünf Millimeter dicke Scheiben einschneiden, dabei jedoch in einem Stück lassen. 150 ml Sahne und Gemüsefond aufkochen, mit Salz, Pfeffer, Knoblauch und Muskat kräftig abschmecken (fast versalzen). Kartoffeln in eine Auflaufform geben, mit dem Sahnefond übergießen. Bei 140 Grad ca. 40 Minuten goldbraun garen, bis die Flüssigkeit aufgesaugt ist. Fischfilets portionieren, mit einem Küchentuch trockentupfen. Spitzkohl vierteln, Strunk entfernen. In zentimeterdicke Streifen schneiden. Schalotten schälen und sehr fein würfeln. Chorizo in kleine Würfel schneiden, auf ein Blech mit Backpapier geben und bei ca. 95 Grad 20 Minuten im Ofen garen. Auf Küchenkrepp abtropfen lassen.
Butter und die Hälfte der Schalottenwürfel in einen Topf geben und glasig schwitzen, mit Prosecco ablöschen und ein wenig einkochen lassen. Fischfond, Sahne, Chorizo dazugeben, aufkochen, abbinden und mit Salz, Pfeffer sowie Zucker abschmecken. Fischfilet würzen und mit der Hautseite in Mehl legen. Öl in einer Pfanne erhitzen, Fischfilet abklopfen und mit der Hautseite nach unten in die heiße Pfanne legen, rund sechs Minuten bei mittlerer Hitze knusprig anbraten, vor dem Anrichten noch einmal kurz auf die Filet-Seite legen. Öl in eine zweite Pfanne geben, Spitzkohl bei starker Hitze anbraten, Schalotten dazugeben und mitschwitzen. Mit Zitronenabrieb, Salz, Zucker und Pfeffer abschmecken. Spitzkohl auf einem Teller anrichten, mit der Sauce nappieren, die Anna-Kartoffeln dazugeben und das Fischfilet mit der Hautseite nach oben platzieren.
Alle Folgen unserer Serie finden Sie auch unter www.abendblatt.de/landgasthoefe