Pinneberg. Die Pinneberger Bühnen fürchten, das Jugendzentrum als Spielort zu verlieren. Planungen für ein Kulturzentrum stocken derweil.
Es ist früher Nachmittag. Auf den liebevoll eingedeckten Tischen stehen Kerzen, das Licht ist gedimmt. Der Duft von Kaffee liegt in der Luft. Wenn die Pinneberger Bühnen spielen, wird das karge Jugendzentrum an der Bahnhofstraße zum Theater. Wie lange das Geschwister-Scholl-Haus dem Verein noch als Spielstätte dient, ist jedoch offen. Eine Genehmigung der Stadt läuft 2016 aus. Das sorgt für große Verunsicherung.
Hochtrabende Pläne für ein Kulturzentrum in der ehemaligen Ernst-Paasch-Halle, die den Theatervereinen ein Zuhause bieten könnte, werden offenkundig nicht mehr mit allzu viel Nachdruck verfolgt. Für Anja Nadler, Vorsitzende der Bühnen, eine zutiefst unbefriedigende Situation. Sie fordert eine klare Perspektive. Andernfalls werde der Verein zweifellos Schaden nehmen. „Ich habe Angst, dass uns die Mitglieder weglaufen“, so Nadler. „Der Frust ist groß.“ Es sei unmöglich, überhaupt die nächste Spielzeit zu planen.
„Football is mien Leven“ ist das plattdeutsche Stück betitelt, das in den vergangenen Tagen auf die Bretter im Jugendzentrum gebracht wurde. Eine Komödie. Und wieder mal ein Kassenschlager. Wenn die Pinneberger Bühnen mit ihren 120 Mitgliedern rufen, ist der Saal mit 100 Plätzen zumeist voll. Etwa 4000 Besucher pro Saison zähle der Theaterverein, der drei Stücke und ein Weihnachtsmärchen pro Jahr auf die Bühne bringe, so Nadler. Es gebe viele Stammgäste.
Ein Rezept des Erfolgs: Aufführungen der Pinneberger Bühnen bieten mehr als nur ein Theaterstück. Der Theaterverein will einen Ort der Begegnung schaffen. Viele der oft älteren Gäste kommen schon eine Stunde, bevor sich der Vorhang hebt, um zu klönen und gemeinsam Kaffee zu trinken.
Das Geschwister-Scholl-Haus mit dem großen Foyer und dem Café bietet den 25 an einer Produktion beteiligten Helfern Spielraum zur Gestaltung. „Wir fühlen uns wohl, wollen nirgendwo anders spielen“, sagt Nadler. Die Ernst-Paasch-Halle, in der kaum Platz für ein vernünftiges Catering wäre, sei für die Bühnen kein attraktiver Spielort. Das sei der Stadt auch bekannt.
Ob die ehemalige Sporthalle an der Lindenstraße, in der das Ensemble des Forum Theaters in den vergangenen Jahren seine Stücke präsentierte, überhaupt zu einem Kulturzentrum umgebaut werden kann, steht weiterhin komplett in den Sternen. Zwar hatte sich die Politik im Frühjahr dagegen entschieden, das Gebäude zu einer Flüchtlingsunterkunft umzubauen. Allerdings wird die hoch verschuldete Stadt, die zudem mit einem Sanierungsstau bei den Schulen kämpft und jede Ausgabe gegenüber dem Land rechtfertigen muss, kaum in die Kultur investieren können. Die Idee, Investoren für das ehrgeizige Projekt zu gewinnen, verpuffte.
Zuletzt hatte die Stadtverwaltung im Sommer angekündigt, das Thema Kulturzentrum anzupacken. Geschehen ist jedoch offenbar nichts. Nadler bestätigt den Stillstand: „Es gab Planspiele, aber die sind nicht weiter verfolgt worden.“ Nachforschungen bei der Stadtverwaltung hätten keinen Erfolg gezeitigt – auch wegen des Krankenstands im Rathaus.
Für Pinnebergs SPD ist das Grund genug, nachzuhaken. Der Stadtverwaltung liegt eine schriftliche Anfrage der Sozialdemokraten vor. Bis spätestens 4. November soll der Sachstand skizziert werden. Die SPD will wissen, ob gemäß dem Auftrag an die Politik tatsächlich Antrag auf Nutzungsänderung für die Ernst-Paasch-Halle gestellt wurde – oder ob das verschlafen wurde. „Wir haben aus dem Rathaus seit langem gar nichts mehr gehört“, sagt ein offenbar verwunderter SPD-Sprecher Herbert Hoffmann.
Es ist kurz nach zwei Uhr. Allmählich füllt sich das Foyer des Geschwister-Scholl-Hauses. Theaterfans haben sich in Schale geworfen. Es wird mit gedämpfter Stimme gesprochen. Nadler blickt sich um, sagt dann: „Eigentlich sollten wir uns längst um Kulissen für die nächste Spielzeit kümmern.“ Nicht zuletzt müssten auch Rechte für geplante Stücke erworben werden. Doch das sei nicht möglich, so lange der Spielort nicht gesichert sei: „Wir hängen in der Luft“, klagt eine sichtlich genervte Theatermacherin.