Döhle. In unserer Sommerserie stellen wir Landgasthöfe vor, zu denen sich ein Ausflug lohnt. Heute: Das Heide-Landhaus Döhle.
Auf dem großen Sandplatz döst ein Kutscher auf dem Bock. Eine Gruppe von Kindern reitet im gemächlichen Schritt die Dorfstraße entlang. Das Getrappel der Hufe auf dem Kopfsteinpflaster übertönt den Gesang der Amseln im Geäst der alten Eichen. Leichter Wind bewegt das Laub. Die Sonne scheint durchs Blätterdach, malt Lichtflecken auf die rote Backsteinfassade und lässt die goldenen Lettern über der weit geöffneten Haustür aufleuchten. Heide-Landhaus Döhle ist dort zu lesen.
Wer über die Schwelle tritt, fühlt sich in die „gute alte Zeit“ zurückversetzt. Auf den Stühlen liegen Häkelkissen, in einer Ecke steht eine alte Wäschemangel. Auf dem Empfangstresen thront eine reich verzierte Registrierkasse von anno dazumal. Die Wände schmücken Jagdszenen, romantische Impressionen dörflichen Lebens und Bergpanoramen. „Jahrzehntelang waren sie mit Tapeten überklebt. Bei der letzten großen Renovierung sind sie zufällig entdeckt und freigelegt worden“, erklärt Besitzer Michael Veit.
Die Malereien stammen – wie das Haus selbst – aus dem späten 19. Jahrhundert. Bereits 400 Jahre zuvor hatte an gleicher Stelle ein Gast- und Wirtshaus gestanden. Denn in Döhle kreuzten sich im Mittelalter die Handelsstraßen Amsterdam – Königsberg und Hamburg – Hannover. Deshalb befand sich hier eine Postkutschenstation, an der die Pferde gewechselt wurden. Stallungen gibt es bis heute.
Michael Veit und seine Frau Melanie Schmahljohann haben das Anwesen vor zwei Jahren erworben und das zuvor als Aevermanns Hof bekannte Gasthaus zu neuem Leben erweckt. „Als wir das Haus zum ersten Mal betraten, hat mich die heimelige Atmosphäre, das Familiäre, sofort angesprochen“, erinnert sich die 41-Jährige. Auch Michael Veit fühlte sich auf Anhieb wohl. Er hat seit Kindesbeinen eine besondere Beziehung zur Region. „Mit meinen Eltern habe ich oft in der Lüneburger Heide Urlaub gemacht. Ich mochte schon damals die Weite der Landschaft, die Kiefern, Birken und Wacholder. Hier einmal zu leben, war immer mein Traum“, erzählt der gebürtige Braunschweiger.
Das sollten sich Besucher nicht entgehen lassen
Auch Melanie, die in Goslar aufgewachsen ist, war die Gegend bereits vertraut, denn ihr Vater stammt aus Pattensen. Inzwischen sind Melanies Eltern nach Döhle gezogen, um Tochter und Schwiegersohn zu unterstützen. „Mein Vater hat sogar einen Kutschenführerschein gemacht. Er fährt unsere Gäste durch die Heide und erzählt ihnen dabei alles Wissenswerte.“ Die Familie liebt das Leben auf dem Land. Bevor sie in die Heide übersiedelten, hatten Michael und Melanie ein Ausflugslokal im Selketal im Ostharz gepachtet. „Das lief sehr gut. Wir wollten aber gern etwas Eigenes“, erklärt das Paar.
Dass sie ihre Lebensaufgabe nun in einem – im Vergleich mit Undeloh oder Wilsede – ruhigen Heideort gefunden haben, ist kein Zufall. Sie sind sehr froh, dass nicht zu viel Rummel herrscht. „Zu uns kommen Individualtouristen. Hauptsächlich Familien, Wanderer, Radfahrer, Reiter. Aber auch Durchreisende machen hier Station. Die Autobahnabfahrt liegt ja ganz nah“, sagt Melanie Schmahljohann. Früher reisten erholungsuchende Hamburger per Zug nach Döhle. Das ist vorbei. Einzig der historische Eisenbahn-Triebwagen „Ameisenbär“ verkehrt noch – sonntags, von Soltau aus. Von den ehemals fünf Gasthöfen sind nur das Heide-Landhaus und eine kleine Pension mit Café geblieben. „Dennoch ist Döhle ein lebendiger Ort“, sagt Michael Veit. 7000 Übernachtungen verbuchte das 330-Seelen-Dorf am östlichen Rand des Naturschutzparks 2014.
Die 14 behaglichen Ferienwohnungen im Heide-Landhaus sind auch als Zimmer mit Frühstück oder Halbpension zu buchen. Das Restaurant ist weithin bekannt für seine bodenständige und regional geprägte Küche. Im gemütlichen Kaminzimmer, in Feststube, Heimatstube und Jägerzimmer werden heidetypische Speisen serviert. Zur Wahl stehen Köstlichkeiten wie Heidjer Grützwurst, Bauernsülze, Wildgulasch, Rumpsteak, Heideforelle oder vegetarisches Heidekartoffel-Gemüse-Schnitzel auf Tomaten-Oliven-Sauce.
Die Wirtsleute lassen es sich nicht nehmen, alles selbst einzukaufen. „Es ist gut, vorher zu sehen, was später auf den Tisch kommt. Und nebenbei haben wir Gelegenheit, die Preise zu vergleichen“, sagen die gelernten Kaufleute. Das Schnuckenfleisch holen sie aus der Landschlachterei in Behringen, die Forellen aus Hützel, die Kartoffeln kommen direkt aus Döhle, genau wie die Heidelbeeren. „Den Grünkohl werden wir in der Saison aus Luhdorf holen. Und auch das Fleisch fürs Gulasch schneiden wir natürlich selbst.“
Den Fond für Suppen und Soßen kocht Küchenchefin Anita Deutsch, die ihren Arbeitgebern vom Harz in die Heide gefolgt ist, ebenfalls selbst. Auch Kuchen und Torten kreiert die 33-Jährige mit eigener Hand. Besonders beliebt ist ihre Buchweizentorte. Marmeladen, Quarkspeisen, Wurst- und Obstsalate für das üppige Frühstücksbuffet – alles ist hausgemacht. Das lohnt sich doppelt, ist sich das Unternehmerpaar sicher. Erstens, weil man Frische schmeckt. Zweitens, weil Rohwaren im Einkauf deutlich günstiger sind. „Klar ist die Zubereitung aufwendiger. Aber unsere eigene Zeit kostet uns ja nichts“, sagt Michael Veit.
Weder er selbst noch seine Frau zählen die Stunden, die sie wöchentlich investieren, um das Hotel, das Restaurant und den 11.000-Quadratmeter-Hof in Schuss zu halten. „Wir wohnen ja auch hier. Da sind Privatleben und Arbeit schwer zu trennen.“ Seit Langem schon suchen sie dringend Personal für die Erweiterung des Küchen- und Service-Teams. Denn im Heide-Landhaus ist die Küche täglich ab 10 Uhr durchgehend geöffnet. „Das ist ein Teil unserer Philosophie. Wir wollen unseren Gästen Verlässlichkeit bieten. Sie sollen wissen, dass wir für sie da sind. Jederzeit.“
Das empfiehlt der Küchenchef:
Die Zutaten für vier Personen: Zwei Kilogramm Heidschnuckenkeule mit Knochen, 200 Gramm Sellerie, eine Stange Lauch, 150 Gramm Möhren, ein halber Liter Madeira (Rotwein), zehn Wacholderbeeren, vier Lorbeerblätter, eine kleine Knoblauchzehe, ein Zweig Rosmarin, ein Zweig Thymian, Pfeffer, Salz, ein Esslöffel Tomatenmark, zwei Esslöffel Öl, ein Liter Fleischbrühe
Zubereitung: Das Heidschnuckenfleisch vom Knochen lösen, mit Salz, Pfeffer und Knoblauch marinieren. Die Kochen zerkleinern. Heidschnuckenfleisch zusammen mit den Knochen in Öl von jeder Seite braun anbraten und das Fleisch aus der Pfanne nehmen. Sellerie, Lauch und Möhren putzen, in kleine Stückchen schneiden und in der heißen Pfanne zusammen mit den Knochen schön anbraten.
Rosmarin, Thymian, die Knoblauchzehe und das Tomatenmark dazugeben und alles gut anrösten.
Mit Madeira ablöschen und zweimal einreduzieren lassen. Mit der Fleischbrühe auffüllen und die Lorbeerblätter und die Wacholderbeeren dazugeben.
Das Ganze aufkochen lassen und den Fond abschmecken. Das angebratene Heidschnuckenfleisch dazugeben und darin zwei bis zweieihalb Stunden garen lassen.
Den Braten herausnehmen und den Saucenfond durch ein Sieb passieren, nach Belieben andicken und noch mal abschmecken. Den Heidschnuckenbraten in Scheiben schneiden, mit Heidekartoffeln und Gemüse nach Wahl anrichten, Sauce dazu und servieren. Sehr lecker!