Langeln. Beim Stockcar-Rennen zählt nicht gutes Aussehen, sondern Durchhaltevermögen. 61 Fahrzeuge waren am Start, nicht jedes kam ins Ziel.

Weißer Dampf steigt auf über dem Stoppelfeld. Gerade sind drei Autos ineinander gekracht. Zwei der Fahrer beeindruckt das überhaupt nicht, sie fahren einfach weiter und lassen den dritten zurück. Schaulustige klatschen, als der Liegenbleiber von einem Traktor auf die Gabel genommen und abtransportiert wird.

Autos kaputtfahren ist beim Stockcar-Rennen in Langeln Programm. Alte schrottreife Wagen, teilweise aus den unterschiedlichsten Typen zusammengebaut, werden so aufgemotzt, dass sie zwar nicht mehr für den Straßenverkehr, dafür aber um so besser für den Kollisionssport geeignet sind. Bei bestem Sommerwetter strömt das bunt gemischte Publikum, darunter viele Kinder, am Sonnabend aufs Gelände, das ein Landwirt zur Verfügung gestellt hat. Ganz Versierte haben sich bereits um zehn Uhr ihren Platz an der Absperrung gesichert und Falthocker und Sonnenschirm aufgebaut.

Patrik Mohr vom Organisationskomitee, kurze dunkle Haare und coole Sonnenbrille, hat nicht viel Zeit. Er muss Punkte zählen bei den Rennen, eines dauert 20 Minuten, gefahren wird in fünf Klassen, nach Hubraum sortiert. „Jedes Auto bekommt einen eigenen Bewerter zugeteilt. Der Fahrer bekommt pro gefahrener Runde einen Punkt, pro aktiver Berührung eines anderen Autos ebenfalls.“

Aktive Berührung ist eine schöne Umschreibung, Rammen trifft es besser. Dabei kann es passieren, dass das gerammte Fahrzeug eine Drehung von 45 Grad ausführt (fünf Punkte) oder sogar auf dem Dach landet (20 Punkte). Dann freuen sich die Zuschauer über den gelungenen Coup und gleich noch einmal, wenn per Durchsage die Information kommt, dass dem Insassen des sich überschlagenden Wagens nichts passiert sei.

Die Fahrer tragen Helm mit Visier oder Brille, die Autos haben Überrollbügel. Die Fahrertür muss effektiv verstärkt sein. Absichtliches Attackieren einer Fahrertür führt zu sofortiger Disqualifikation. Gitter statt Glasscheiben an den Fenstern sorgen dafür, dass Gliedmaßen bei den Aktionen nicht eingeklemmt werden und der Fahrer nicht herausgeschleudert werden kann. Feuerwehr und Rotes Kreuz sind zur Sicherheit ebenfalls vor Ort.

Immer mehr Frauen fahren mit

„Außer ein paar Brandblasen ist noch nichts passiert“, sagt Patrik Mohr. Das liegt vielleicht auch an den strengen Regeln, die vom Stockcar-Team aufgestellt wurden. „Wir haben ein Reglement, das jedes Jahr ein bisschen verfeinert wird“, so Mohr. Und das ist auch nötig, schließlich wird die Veranstaltung immer größer, 61 Autos sind dieses Mal angemeldet. Unter den Fahrern seien auch immer mehr Frauen, diese Jahr seien es sechs. Letztes Jahr habe eine Frau gewonnen, erzählt Mohr.

Der Anfang der Rennen liegt lange zurück. Es gebe ein Foto von ihm, da sei er drei Jahre alt gewesen und habe schon einen Schraubenschlüssel in der Hand gehabt. Vielleicht war das die Initialzündung für sein zukünftiges Hobby. Jedenfalls hatte Mohr mit 18 Jahren seinen Führerschein und zusammen mit ein paar Kumpels einige Schrottwagen, „die wir kaputtfahren wollten“. Gesagt, getan. Auf privatem Gelände gab es ein paar Zuschauer, es machte Spaß, es sprach sich herum. Irgendwann beschlossen sie, den Spaß auch anderen zugänglich zu machen. Die Idee für ein erstes offizielles Rennen war geboren.

Die halbjährige Vorbereitungszeit lohnt sich, die Besucherzahlen von mehr als 2000 Menschen sprechen für sich. Unter ihnen ist diese Jahr ein Mann aus Kiel, Chris Jensen. Er hat Patrik Mohr das Auto verkauft, mit dem dieser am Rennen teilnimmt. Es war ein Unfallfahrzeug, der hintere Kotflügel aufs Rad geschoben. „Ich finde es gut, dass es nicht auf dem Schrott gelandet ist“, sagt Jensen, „sondern dass was damit gemacht wird.“ Mohr habe ihm erzählt, was er mit dem Wagen vorhabe, ihm immer wieder Bilder zugeschickt. Er fährt den Volvo V40 mit 140 PS und umgebauten 30-Liter-Kühler in dem Rennen seiner Klasse. Und wenn er dann noch fahren kann, auch im Zerstörungslauf, dem letzten Rennen, an dem alle noch fahrtüchtigen Fahrzeuge teilnehmen und gegeneinander antreten, bis nur noch eines übrig ist.