Quickborn. Quickborner Familie setzte bewusst auf die Hausgeburt, die heute immer seltener wird. Glückwünsche vom Bürgermeister

Ihre Lilly brachte sie vor sechs Jahren noch in einem Hamburger Krankenhaus zur Welt, sagt Nadja Hoffmann, 34. Doch weil die Geburt dort so unpersönlich ablief, entschied sich die Quickborner Mutter mit ihrem Mann Mario, 37, dafür, sich bei der kleinen Merle jetzt zu Hause entbinden zu lassen. „Das lief alles sehr schön und in aller Ruhe ab“, freut sich die zweifache Mama und hält das friedlich schlafende Baby glücklich im Arm.

Dabei sind Hausgeburten heute „ganz selten, praktisch gleich null“, sagt Margret Salzmann, die Vorsitzende des Hebammenverbandes Schleswig-Holstein, in dem 674 Hebammen organisiert sind. Die hohen Versicherungsprämien, die freiberufliche Hebammen tragen müssten (6248 Euro im Jahr), und auch das Sicherheitsbedürfnis der meisten jungen Mütter sorgten dafür, dass immer weniger Kinder zu Hause entbunden würden. 2,1 Prozent seien es im Jahr 2009, 1,7 Prozent 2010 in Schleswig-Holstein gewesen – Tendenz weiter fallend – wobei da auch Geburten in Praxen und Geburtshäusern mitgezählt wurden. „Die reine Hausgeburt kommt kaum noch vor“, sagt Salzmann.

Eine Aussage, die Chefarzt Dr. Stefan Geist von der Geburtsklinik im Regio-Klinikum Pinneberg, wo 2014 insgesamt 1180 Kinder zur Welt kamen, bestätigen kann. Er sagt: „Hausgeburten sind die absolute Ausnahme.“ Mehr als 99 Prozent der Mütter würden heute in einer Klinik gebären, so seine Einschätzung.

Zunächst hatten die jungen Eltern Zweifel

Aber auch Nadja und Mario Hoffmann mussten sich erst daran gewöhnen. Zunächst planten sie erneut eine Klinikgeburt. Doch dann machten sie sich auf Zuraten der Hebamme mit einer Hausgeburt vertraut, weil sie auf keinen Fall wie bei der älteren Tochter Lilly erleben wollten, dass sich wieder eine fremde Hebamme um Mutter und Baby kümmerte, berichtet Nadja Hoffmann. Dann war erst ihr Mann dagegen, weil er das gesundheitliche Risiko für Frau und Kind fürchtete, falls eine Komplikation auftrete und nicht sofort die medizinische Notfallversorgung eingeleitet werden könne wie in einer Klinik. Später sei sie selbst unschlüssig gewesen, als sie über all die Risiken aufgeklärt worden sei, so die junge Mutter. Schließlich hätten sich beide im siebten Schwangerschaftsmonat für die Hausgeburt entschieden.

Und das bereuen sie nicht. In aller Ruhe konnten die jungen Eltern dieses Ereignis in ihrem neuen Heim genießen. Lilly hatten sie vorsorglich zur Oma gebracht. Die Hebamme aus Norderstedt schaute am Vormittag vorbei, als die Wehen einsetzten. Dann fuhr sie noch mal zu einer anderen Klientin, als sie merkte, dass es noch nicht so weit war. Am Nachmittag ging dann alles recht schnell, um 16.50 Uhr am 6. Juli war Merle da – ganz ohne Komplikationen. „Ich war völlig tiefenentspannt“, sagt die Mutter über diese Erfahrung.

Bürgermeister Thomas Köppl gratulierte

Quickborns Bürgermeister Thomas Köppl, der am Donnerstag der jungen Familie mit einem Strauß Blumen und einem Geschenk fürs Baby gratulierte, sagt: „Eine vernünftige Entscheidung.“ Im Krankenhaus sei das Infektionsrisiko „auch nicht ohne“, so der frühere Verwaltungschef des Uetersener Krankenhauses.

Vor allem die enge und persönliche Betreuung durch die Hebamme in den eigenen vier Wänden war es, die Familie Hoffmann bei der Hausgeburt genießen konnte. Bei Lilly in der Klinik seien Mutter und Tochter sofort nach der Geburt voneinander getrennt worden, um erste Untersuchungen zu machen, erzählt der Vater. „Dann haben sie uns auch noch das falsche Kind zurückgebracht“, sagt er. „Sowas wollten wir auf keinen Fall noch mal erleben.“

Die Geburtskliniken hätten sich heute längst auf die Wünsche der jungen Eltern eingestellt, sagt Chefarzt Dr. Geist. So habe die Pinneberger Klinik viel Geld in die Modernisierung der Kreißsäle investiert, sie familiärer gestaltet, Elternzimmer eingerichtet, die 24 Hebammen sorgten für eine Rund-um-die-Uhr-Versorgung zum Wohle von Mutter und Kind. „Wir gehen heute sehr auf die Wünsche der Eltern ein.“

„Die meisten Frauen sind heute auf Sicherheit bedacht“, sagt Hebammen-Chefin Salzmann. Für eine Hausgeburt brauche die Mutter „die richtige Einstellung“, sagt sie. „Wer sich nur Gedanken macht, ob alles in Ordnung ist, hat dafür den Kopf nicht frei.“