Pinneberg. Vom Streik ist die Hauptfiliale in der City nicht betroffen, wegen Personalnotstands ist der Service dennoch eingeschränkt
Ein weißer Zettel am Eingang. Schmucklos. In dünnen Worten wird auf kurzfristig geänderte Öffnungszeiten hingewiesen. Kunden des Pinneberger Postbank-Centers staunten am Donnerstagvormittag nicht schlecht. Sie standen an der Friedrich-Ebert-Straße vor verschlossenen Türen. Pakete abgeben, Briefmarken kaufen, Geld einzahlen – alles Fehlanzeige. Wer sich nach den Gründen für die kurzfristige Schließung der Pinneberger „Hauptpost“ fragte, blieb ratlos zurück. Die blieben ungenannt. Vor der Tür sorgte das für Unverständnis und Wut. Etwa bei einer jungen Mutter mit Baby, die ihren Paketabholschein in Händen hielt: „Hier steht: Seit gestern, 8.30 Uhr, liegt die Sendung abholbereit in Ihrer Filiale. Ein absolutes Unding!“
Ralf Palm ist Pressesprecher der Postbank, die in den Jahren 2006 bis 2010 große Filialen von der Post übernommen hat. Ein unter den Pinneberger Kunden kursierendes Gerücht konnte er am Donnerstag sofort zerstreuen: „Bei uns arbeiten keine Mitarbeiter der Deutschen Post, vom aktuellen Ausstand sind wir nicht betroffen.“ Kein Streik also. Warum dennoch verschlossene Türen? Palm spricht von einer „kleinen Krankheitswelle“ am Standort Pinneberg. Die habe vorübergehend für Personalnotstand gesorgt.
Einem Unternehmen mit 18.600 Mitarbeitern und bundesweit 1100 Filialen ist es nicht möglich, kurzfristig auf derartige Notstände zu reagieren und den Kundenservice aufrechtzuerhalten? „Natürlich versuchen wir, Personal aus anderen Filialen abzuziehen“, antwortet Palm. Ziel sei es, schnellstmöglichst zu den regulären Öffnungszeiten zurückzukehren. „Wir haben schließlich kein Interesse daran, unsere Kunden zu verärgern“, so der Pressesprecher. Dass die kurzfristige Schließung der Pinneberger Filiale kein Einzelfall ist, räumte Palm ein. „Das kommt in Filialen immer mal wieder vor.“ Mitarbeiter seien dann angehalten, die Kunden mittels eines Aushangs zu informieren. Auf Mitteilungen über die Presse werde verzichtet.
Auf die Frage, wann die Pinneberger Postbank-Filiale ihren Service wieder in vollem Umfang anbieten wird, wollte der Sprecher nichts fest zusagen. „Wir kümmern uns, wissen allerdings noch nicht, wann wir zu den regulären Öffnungszeiten zurückkehren können“, so Palm.
Genau das wollen aber die Kunden wissen. In der Mittagszeit herrschte schon ein reges Kommen und Gehen. Viele machten mit einem gestressten Ausdruck auf dem Gesicht auf dem Absatz kehrt, sobald sie die heruntergelassenen Jalousien hinter den Glastüren sahen, Den Zettel mit den geänderten Öffnungszeiten lasen die meisten erst gar nicht. Jessica Braukmann-Bloch war auch am Mittwoch schon mal vergeblich vor Ort gewesen. „Ich benötige Kleingeld fürs Geschäft und muss auch welches einzahlen. Hier gibt es keinen Einzahlungsautomaten. Ich habe kein Verständnis für die so kurzfristig geänderten Servicezeiten. Wenn bei uns jemand krank ist, machen wir ja auch nicht einfach zu.“ Ein Ehepaar rang sich zu der Feststellung durch, dass bei Post und Bahn tatsächlich früher alles besser war. „Man hat immer über das Beamtentum geschimpft, aber sie waren immerhin zuverlässig. Seit der Privatisierung hat sich das geändert.“
Rentnerin Inga Rennicke hat den Wechsel zur Postbank bereits bereut: „Dienstag reichte die Warteschlange bis zur Straße. Ich habe eine Behinderung, kann nicht lange stehen und bin dann weggegangen. Am Tag vorher habe ich Geld bar aufs Konto eingezahlt, damit die Miete am nächsten Tag abgehen kann, die Postbank hat das aber zurückgehen lassen. Bis jetzt konnte ich nicht mal meine Miete zahlen, weil geschlossen war.“ Komme man an den Schalter und bitte um Hilfe, heiße es: „Dafür sind wir nicht da. Sie sehen doch, was hinter Ihnen los ist.“ Sie sei stattdessen schon nach Blankenese gefahren, „da sind sie freundlicher und es ist nicht so voll“. Michael Lohmann aus Pinneberg ärgerte sich ebenfalls: „Der Service ist schon seit Jahren schlecht, es geht nur noch um Rendite und nicht mehr um Kundenzufriedenheit.“ Ein älterer grauhaariger Herr fasste die vorherrschende Meinung zusammen: „Das geht alles auf Kosten der Kundschaft. Für einen Streik hätte ich vollstes Verständnis, hierfür nicht.“
Vormittags geschlossen – die Folgen waren gegen 14 Uhr zu sehen. Die Schlange von genervten Menschen mit Briefen und Paketen in den Händen reichte bis weit vor die Tür der Filiale.