Wedel . Promis auf dem roten Sofa: Rotarier und Lions gründen Hilfsfonds für Flüchtlinge. Dagmar Berghoff öffnet ihre Seele.
Es wurde still, sehr still, als Dagmar Berghoff den Zuhörern in der Wedeler Bootshalle einen kleinen Blick in ihr Seelenleben gewährte. Eigentlich wollte der Moderator des Benefizabends, Yared Dibaba, von der Tagesschau-Sprecherin wissen, wie sie sich auf die Zeit nach ihrem bewegten Berufsleben vorbereitet hatte. „Eigentlich gar nicht. Die Zeit meinte es nicht gut mit uns“, antwortete Berghoff. Ein kurzen Augenblick hielt sie inne, dann erzählte sie. Von den Plänen, die sie und ihr Mann hatten. Golfspielen sollte sie lernen. Er hatte bereits damit angefangen. Reisen wollten sie, den Lebensabend gemeinsam verbringen. Es kam anders. Kurze Zeit nach der letzten Sendung der Fernsehmoderatorin am 31. Dezember 1999 erhielt er die Diagnose Bauchspeicheldrüsenkrebs. „Eine der aggressivsten Formen“, so Berghoff. Sieben Monate hatten sie noch.
Das brachte auch den sonst so schlagfertigen NDR-Mann Dibaba kurz aus dem Konzept. Wie man die Zeit nutzt, wenn man weiß, dass sie endlich ist, wollte er vorsichtig wissen. „Es war die intensivste Zeit unseres Lebens“, sagte Berghoff. Über die Krankheit sprachen sie nicht. „Man verdrängt, dass der andere sterben könnte. Das ist wie ein Kokon, der sich um die Seele legt. Sonst würde man das auch nicht ertragen“, berichtete die 72-Jährige, die zeitweise mit den Tränen rang, und das 14 Jahre nach dem Tod ihres Mannes, dem ehemaligen Chefarzt Peter Matthaes. Wie sie die Zeit danach überstand? Die Hamburgerin verbot sich selbst die Frage nach dem Warum. Sie verordnete sich, wie die Wellen im Meer zu sein. Einfach zu fließen. Geholfen hat ihr letztlich die Zeit, die es doch einst nicht so gut mit ihr meinte. „Zeit ist dein bester Freund, jeder Tag, jeder Monat, jedes Jahr, das vergeht, ist wie ein Balsam, das sich über den Schmerz legt“, erklärte Berghoff den etwa 300 Besuchern der Benefizveranstaltung.
Es waren ungewöhnlich nachdenkliche Töne für die sonst eher heiter angelegte Veranstaltung. Geschadet hat ihr das nicht. Zum bereits neunten Mal gelang es den Rotariern, „DAS! Rote Sofa“ des Norddeutschen Rundfunks für den guten Zweck nach Wedel zu holen. Am Mittwochabend nahmen auf der Ledercouch im Bootsschuppen an der Elbe neben Berghoff noch Moderator Carlo von Tiedemann, der Hamburger Weihbischof Hans-Jochen Jaschke sowie Unterhaltungskünstler und Publikumsliebling Detlef Wutschik als Werner Mommsen Platz.
Es war ein besonderer Abend, für den nicht nur Berghoff mit ihren berührenden Worten sorgte. Auch die Spendensumme, die am Ende des Abends vom noch amtierenden Rotary-Präsidenten Reinhard Petersen verkündet wurde, war umwerfend: 12.025 Euro kamen zusammen. Das ist etwa viermal so viel, wie in den Vorjahren gesammelt wurden.
Dahinter steckt ein starkes Hilfsbündnis. Erstmals haben sich die Wedeler Rotarier mit den Helfern des Lions Clubs Elbmarsch sowie den Lions aus Hamburg-Klövensteen zusammengetan. Ihr gemeinsames Ziel ist es, den Flüchtlingen zu helfen, die in Deutschland derzeit so zahlreich vor Krieg, Hunger und Gewalt Zuflucht suchen. Dafür wurde ein Hilfsfonds gegründet, in den nun der Erlös aus der Wedeler Benefizveranstaltung fließen wird. Weitere Spenden sollen folgen. Einige Unterstützer haben bereits höhere Summen in Aussicht gestellt. Zudem planen die Lions, unterstützt von den Rotariern, einen Benefizball am
20. September, dessen Erlös ebenfalls in den Flüchtlingsfonds geht.
„Alles, was Bund und Land nicht leisten können, da wollen wir unbürokratisch eingreifen“, sagt Andrea Koehn. Die Wedeler Bücherei-Chefin übernimmt am 24. Juni die Präsidentschaft von Reinhard Petersen. Damit ist sie die erste Frau, die dieses Amt bei Wedels Rotariern bekleidet. Es gehe darum, Flüchtlingen und vor allem den Kindern schnell und gezielt bei dem Neuaufbau einer Existenz beizustehen.
Koehn hat auch schon Ideen, wie das Geld am besten eingesetzt werden kann. „Zum Beispiel für die Sprachförderung.“ Die Wedeler Volkshochschule biete Integrationskurse an, die auch vom Land finanziert werden. Es fehle aber an Geld für Aufbaukurse und für Lehrbücher.
Auch die Wedeler Stadtbücherei hat mit „Dialog in Deutsch“ ein neues Angebot für Flüchtlinge. Ehrenamtliche Sprachpaten leiten die Gesprächsrunden, bei der man Deutschkenntnisse vertiefen, Kontakte knüpfen und die Bücherei als Lehreinrichtung kennengelernen kann. An diese Angebot soll laut Koehn angeknüpft werden.
Niels Schmidt, Wedels Bürgermeister und Schirmherr der Benefizveranstaltung der Rotarier, machte keinen Hehl daraus, dass Unterstützung nötig sei: „Wir stehen angesichts der Flüchtlingszahlen vor großen Herausforderungen, auch hier in Wedel.“