Wedel/Kummerfeld. Zahl der Erdbestattungen nimmt ab. Friedhofsverwaltungen reagieren mit neuen Formen des Begräbnisses wie etwa Grabgemeinschaften.

Wer über den Wedeler Friedhof wandert, sieht das Problem: Zwischen den Gräbern klaffen Löcher. Immer mehr Familien geben die Grabstellen ab, gleichzeitig rücken zu wenige nach. Kein Grabstein, keine Blumen. Was bleibt, ist nackte Erde. Das gefällt denen nicht, die in unmittelbarer Nachbarschaft ein Familiengrab haben. Es bereitet aber auch den Friedhofsverwaltungen zunehmend Kopfzerbrechen. Überhaupt sinkt das Interesse an der klassischen Bestattungskultur von einst. Lag die Zahl der Erdbestattungen in Wedel vor 40 Jahren bei 80 Prozent, sind es heute kaum noch 30 Prozent.

Erstes Gemeinschaftgrab bietet Platz für 50 Beisetzungen

„Die Menschen suchen nach neuen und anderen Grabformen“, sagt Werner Ballendat, Vorsitzender des Friedhofausschusses der Kirchengemeinde Wedel. Um diesem Wunsch und dem drohenden Leerstand zu begegnen, setzt die Kirchengemeinde auf „zeitgemäßere“ Angebote. Eines davon findet sich nun auf dem neueren Friedhofsteil am Breiter Weg. Dort wurde ein großes Grabfeld angelegt, das sich bis zu 50 Menschen teilen können. Die Namen der Verstorbenen werden auf einem großen bereits aufgestellten Grabstein verewigt. In der Mitte des etwa 100 Quadratmeter großen Areals ist ein Beet angelegt, das dreimal pro Jahr bepflanzt wird.

Die Idee hinter dieser etwas ungewöhnlichen „Grab-WG“, die es auf dem Wedeler Friedhof so bislang nicht gab, ist laut Ballendat, eine Alternative zu den anonymen Gräbern aus den 70er- und 80er-Jahren zu bieten. „Unsere Erfahrung ist, dass viele der Angehörigen mit den anonymen Gräbern nicht glücklich sind“, so Ballendat. Zwar hätten einige der Verstorben ihren den Hinterbliebenen das Leben damit leichter machen wollen, indem sie ihnen die Grabpflege ersparten, doch so fehle den Angehörigen auch ein Platz zum Trauern. „Es wird oft unterschätzt, wie sehr Menschen einen Ort des Gedenkens brauchen“, sagt Pastorin Susanne Huchzermeier-Bock. Das neue Gemeinschaftsgrab vereint nun beide Bedürfnisse. Laut Ballendat verursacht es etwa 30 bis 40 Prozent weniger Pflegekosten als klassische Gräber. Durch die Namen auf dem Gemeinschaftsgrabstein und zwei Bänke, die noch aufgestellt werden, stellt es laut Huchzermeier-Bock auch eine Trostinsel für Angehörige dar.

Das Interesse scheint groß. Auch Alleinstehende könnten laut Huchzermeier-Bock so Anschluss finden. Weitere Plätze für nachfolgende „Grab-WGs“ wurden bereits ausgesucht. Am
7. Juni wird das Grabfeld nach dem Gottesdienstes geweiht, anschließend ist bereits die erste Beisetzung geplant.

Noch in diesem Jahr will die Wedeler Kirchengemeinde auf dem Waldfriedhof am Gnäterkuhlenweg auf einer Fläche von 600 Quadratmetern zudem erstmals Baumgräber anbieten. Die dafür infrage kommenden Bäume sind bereits markiert. An den Wurzeln von rund 60 Birken, Kiefern, Eichen und Buchen können sich Wedeler dann in Urnen beisetzen lassen. Karsten Hoffmann von der Friedhofsverwaltung schätzt, dass pro Baum etwa vier bis sechs Urnen Platz finden. „Der Bedarf ist da. Wir wissen von den Bestattungsunternehmen, dass Wedeler nach Appen und Moorrege ausweichen, weil es das bei uns nicht gibt“, so Ballendat.

Grünes Licht für Ruheforst in Kummerfeld

Eine weitere Ausweichmöglichkeit in etwas größerem Stil bietet sich demnächst auch in Kummerfeld. Dort planen die Schleswig-Holsteinischen Landesforsten in Zusammenarbeit mit der hiesigen Kirchengemeinde, einen Ruheforst zu schaffen. Die Gemeindevertreter gaben in ihrer vergangenen Sitzung grünes Licht für die dafür nötige Umwandlung des Flächennutzungsplans. Das gesamte Areal im Kummerfelder Gehege südlich der Bilsbek, nördlich des Waldweges, umfasst 80 Hektar. In einem ersten Schritt soll eine 3,2 Hektar große Parzelle für die Beisetzung genutzt werden. Geplant sind ein Andachtsplatz sowie Bereiche für Familien- und Freundschafts-Ruhebiotope. Der jetzt auf den Weg gebrachten und auch kritisierten Änderung des Flächennutzungsplans waren umfangreiche Boden-, Umwelt und Naturschutzprüfungen vorangegangen.