Pinneberg. Der Trend zur Urne sorgt für große Freiflächen. Pinneberg bietet Schenefeld eine Allianz an. Andere Kommunen erweitern ihr Angebot.
15 Hektar Fläche. Nur ein Bruchteil davon ist belegt. Pinnebergs Stadtfriedhof am Hogenkamp ist Naherholungsgebiet, Ruhestätte für 17.500 Menschen – und im Wandel. Klassische Erdbestattungen im Sarg sind rückläufig. Der Trend zu Gräbern in Rasenlage und Urnenpaargräbern ist unverkennbar. „Die benötigen nur etwa ein Drittel der Fläche“, weiß Guido Roschlaub, der die Friedhofsflächen am Hogenkamp pflegt. Gepflegt werden müssen auch Freiflächen. Das kostet Personal und somit Geld. Da aktuell nur ein Hektar der ausgewiesenen drei Hektar Grabfläche genutzt wird, denken die Verantwortlichen der Kreisstadt über Kooperationen nach. In den Fokus rückt Schenefeld, dessen Stadtgrenze nicht weit vom Friedhof Pinnebergs entfernt liegt.
In der Düpenaustadt gibt es keinen Friedhof. Schenefelder, die ihre Lieben bestatten wollen, müssen ausweichen. Pinnebergs Friedhofsverwalterin Ellen-Iris Lengwenat erneuert das Angebot, dem südlichen Nachbarn einen Teilbereich des Pinneberger Parkfriedhofs abzutreten. Ähnliches war vor einigen Jahren schon einmal Thema. Doch zum damaligen Zeitpunkt gab es in Schenefeld noch den Plan, einen eigenen städtischen Friedhof zu errichten. Ein Bürgerentscheid im Mai 2014, bei dem sich 72,3 Prozent der Wähler gegen das Projekt aussprachen, beendete die Bemühungen.
In Pinneberg regt sich somit Hoffnung. „Wir sind diesbezüglich offen“, sagt Silkata Sahin-Adu. Sie ist Chefin des Kommunalen Servicebetriebs Pinneberg (KSP), zu dem die Friedhofsverwaltung gehört. Denkbar sei die Abtrennung eines Areals. Der Friedhof Schenefeld auf dem Friedhof Pinneberg könnte mittels Schildern ausgewiesen werden. Ob die Grabflächen von KSP-Mitarbeitern oder von Fachkräften aus der Düpenaustadt gepflegt werden, wäre Verhandlungssache. „Da geht es natürlich um Kosten“, so Lengwenat. Derzeit haben 150 Schenefelder in der Kreisstadt ihre letzte Ruhestätte gefunden. Die Satzung des Pinneberger Friedhofs gestattet das. „Und die Stadt liegt ja auch quasi um Ecke.“
Im Schenefelder Rathaus stößt das Angebot aus der Nachbarschaft allerdings auf wenig Gegenliebe. „Nein, eine feste Allianz kommt für uns nicht in Frage“, sagt Bürgermeisterin Christiane Küchenhof. Es gebe reichlich Angebote und Alternativen für die Schenefelder, in diesem Punkt müsse jeder für sich die Wahl treffen. Zudem weiß die Bürgermeisterin aus ihrer Erfahrung, dass die Schenefelder es ohnehin mehr nach Hamburg zieht – auch wenn es um die letzte Ruhe geht. Vor allem auf dem Sülldorfer Friedhof befänden sich die meisten Familiengräber. Überall wären Kapazitäten frei, deshalb sieht die Verwaltungschefin keine Notwendigkeit für eine feste Allianz.
Im Wege stehen dürfte einer Kooperation auch die schlechte Erreichbarkeit des Pinneberger Parkfriedhofs. Wer das Areal mit öffentlichen Verkehrsmitteln ansteuert, muss längere Fußwege in Kauf nehmen. Bemühungen um eine direkte Busverbindung waren bisher erfolglos. Aktuell hat Ellen-Iris Lengwenat wieder Hoffnung. Die Entwicklung der benachbarten Eggerstedt-Kaserne, wo ein neuer Stadtteil entsteht, lasse darauf schließen, dass das Nahverkehrskonzept überdacht werde.
Zudem zeigen auch andere Kommunen Interesse an den Verstorbenen aus Schenefeld. „Wir haben einige Familien, die Gräber auf dem Rellinger Friedhof unterhalten“, heißt es aus der Friedhofsverwaltung. Rellingens Grabstätte gegenüber der Kirche umfasst etwa 6800 Grabstellen. Freie Plätze gibt es genug. Das gilt auch für Halstenbek. Bis 2019 suchen mehr als 1000 Gräber neue Besitzer. Bisher dürfen dies laut der gültigen Satzung nur Halstenbeker sein. Ausnahmen sind nur möglich, wenn verwandtschaftliche Beziehungen des Verstorbenen zu Halstenbekern bestehen. „Wir haben bereits Vorgespräche mit der Politik geführt und wollen die Satzung dahingehend ändern, dass auch Nicht-Halstenbeker hier bestattet werden können“, sagt die zuständige Fachbereichsleiterin Gisela Sinz-König. In Halstenbek gibt es pro Jahr 100 bis 130 Bestattungen, davon 75 Prozent als Urnenbestattung.
Auch Wedel hat mehr als genug Platz. Der Friedhof der Stadt umfasst 9000 Gräber. Pro Jahr zählt Verwalter Christoph Stapel etwa 320 Bestattungen. 70 Prozent davon seien Urnen-, 30 Prozent Erdbestattungen. „Als ich vor 33 Jahren hier anfing, war es genau umgedreht“, erinnert sich Stapel. Dem Trend und den entstehenden Freiflächen soll mit einem neuen Angebot begegnet werden: Von diesem Jahr an stehen Baumgräber auf einem 600 Quadratmeter großen Areal am Waldfriedhof bereit.
In Pinneberg wurden im vergangnen Jahr 233 Menschen beigesetzt. Etwa 80 Prozent davon in Urnen. Anonyme Bestattungen sind laut Lengwenat ein Auslaufmodell. Stattdessen steige die Nachfrage nach Grabarten, die den Angehörigen keine Pflege abverlangten. 2013 wurde in Pinneberg zudem ein Kindergemeinschaftsfeld eingeweiht. Dort können auch Frühgeburten beigesetzt werden. Am Donnerstag, 9. April, wird von 10 Uhr an eine gestiftete Skulptur eingeweiht. Die „Vorleserin“ wacht dann über Pinnebergs „Sternenkinder“.