Barmstedt. Das Saturn-Kino in Barmstedt hört nach fast 80 Jahren Kinobetrieb auf. Entgegen dem bundesweiten Abwärtstrend verzeichnen Kinos in Quickborn und Uetersen Zulauf.

Burkhard Fuchs

Am morgigen Mittwochabend fällt im Saturn-Kino in Barmstedt der letzte Vorhang. Reinhard Klietz, der das traditionsreiche Lichtspielhaus von 1938 vor sechs Jahren übernahm, geht in Rente und schließt. Nach Einführung des Mindestlohns rentiere sich der Betrieb nicht mehr, sagt der 65-Jährige. Passend zum Kino-Aus zeigt er am Mittwoch den mehrfach preisgekrönten Film Cinema Paradiso, bei dem es auch um ein altes Kino geht. Einen Nachfolger habe er nicht gefunden, sagt Jürgen Grütz, dem das Gebäude am Markt gehört und der selber 20 Jahre lang das Saturn-Kino betrieben hatte. „Sehr bedauerlich“, sagt auch Barmstedts Wirtschaftsförderer Wolfgang Heins. „So geht wieder ein Stück altehrwürdige Geschichte Barmstedts verloren.“

In der Branche zu bestehen, wird zunehmend schwerer. Die Deutschen gehen seltener ins Kino. Laut Angaben der deutschen Filmförderungsanstalt waren es 2009 noch 146 Millionen, 2014 lediglich 121 Millionen Kinogänger – rund 25 Millionen weniger. Die Folge: Immer mehr Standorte geben auf. Gab es 2009 noch in 976 Städten mindestens ein Kino, waren es im vergangenen Jahr nur noch 883.

Beluga-Kino in Quickborn und Burgkino in Uetersen verzeichnen Zuschauerzuwachs

Für das sinkende Interesse am Kinofilm sind weder gutes Wetter noch schlechte Filme allein verantwortlich, sondern immer bessere Heimkinos mit riesigen Flachbildschirmen und Dolby-Surround-Klängen. Nur wenige Monate, nachdem ein Film im Kino lief, ist er auf DVD oder Blue-Ray zu kaufen.

Zudem bieten zahlreiche Online-Dienste neueste Spielfilme und erfolgreiche Serien über Streaming an, die sich der Zuschauer über seinen internetfähigen Fernseher jederzeit anschauen kann. Demgegenüber stehen steigende Eintrittspreise in den Kinos. Während 2009 ein Kinofilm durchschnittlich 6,67 Euro kostete, zahlte der Besucher fünf Jahre später schon 8,05 Euro für einen Kinobesuch.

Entgegen dem bundesweiten Abwärtstrend steht die Entwicklung im Beluga-Kino in Quickborn und dem Burgkino in Uetersen. Hier vermeldeten die Betreiber Kai Bartels und Bernd Keichel auch für 2014 wieder einen Zuschauerzuwachs von drei Prozent – trotz Fußball-Weltmeisterschaft. Rund 100.000 Filmfans kamen ins Beluga-Kino, 60.000 ins Burgkino. „Die WM war eine Katastrophe für uns“, sagt Bartels. Das Geschäft brach um 50 Prozent ein, Personal musste in Urlaub geschickt werden. „Der November und Dezember waren jedoch sehr stark und haben uns die Jahresbilanz gerettet.“ Auch die Einführung des Mindestlohns habe sich auch bei ihnen bemerkbar gemacht, so der Filmenthusiast. „Um damit klar zu kommen, mussten wir die Preise moderat um 50 Cent anheben“, sagt Bartels. In einem kleinen Kino wie in Barmstedt könnten die gestiegenen Personalkosten aber nicht auf die wenigen Besucher umgeleitet werden.

Um Besucher zu halten, müssen Technik und Inventar auf dem neusten Stand sein

In Quickborn und Uetersen setzen sie auf Events und ungewöhnliche Aktionen wie Liveübertragungen von Ballettaufführungen aus Moskau, Opernaufzeichnungen aus Berlin, Pyjamapartys und Themen- und Kostümpartys. So sind die Kindergeburtstagspartys, bei denen sich die Kleinen Hotdogs und Pizzen selber belegen oder Playstation auf der Leinwand spielen können, schon Wochen im voraus ausgebucht. „Wir setzen auf einen guten Mix aus großen Blockbustern, die Geld einspielen, und kleineren Filmen fürs Herz“, sagt Bartels. Künftig wollen sie auch die vom Saturn-Kino eingeführten Kino-Konzerte übernehmen. „Wir haben in Uetersen eine Bühne, die sich für die Liveauftritte der Musiker eignet“, sagt Bartels. Losgehen soll es im Herbst.

Von 2004 bis 2009 hatten sie auch das Saturnkino in Barmstedt betrieben, das sie von Jürgen Grütz übernahmen, bevor sie es an Klietz abgaben. „Nach fünf Jahren haben wir gemerkt, dass das, was dort investiert werden müsste, sich nur schwer refinanzieren lässt“, sagt Bartels. Sie selbst haben gerade in Uetersen und Quickborn in neue Bezüge für die Stühle investiert. Um ihre Besucher zu halten, müsse Technik und Inventar auf dem neusten Stand sein.

Klietz hatte 2013 noch 60.000 Euro in die Digitaltechnik investiert, wobei die Stadt ihm mit einem zinsgünstigen Darlehen von mehr als 35.000 Euro unter die Arme griff, die Klietz jetzt zurückzahlen müsse, sagt Stadtsprecher Heins. Für diese Unterstützung sei er der Stadt dankbar, sagt Klietz, der 1967 sein erstes Kino auf der Halbinsel Darß in Mecklenburg-Vorpommern aufmachte. In Barmstedt erhielt er für sein Programm mehrere Preise von Bund und Land. „Ich empfehle meinen Besuchern, sich nach Uetersen und Quickborn zu orientieren“, sagt er. „Die Kino-Fabriken brauchen sie nicht.“

Hauseigentümer Grütz kündigt an, dass es für die Theaterfreunde durchaus weitergehen könnte, die im Saturn-Kino proben und Stücke aufführen.