Schenefeld. Machbarkeitsstudie für ein Infozentrum auf Schenefelder Forschungsareal geht von bis zu 150.000 Besuchern pro Jahr aus. Knackpunkt: die Finanzierung.
Lassen Sie uns ausnahmsweise einmal träumen. Es ist das Jahr 2025. In den Tiefen des Schenefelder Forschungsareals entschlüsseln Wissenschaftler die Ursache der Alzheimer-Krankheit. Denn mit den neuen Möglichkeiten, die der XFEL-Röntgenlaser ihnen bietet, filmen sie erstmals chemische Reaktionen so genau, dass sie Aufschluss über die Ursache für Alzheimer geben und somit helfen, neue Medikamente zu entwickeln und die Krankheit zu bekämpfen.
Um zu verstehen, was an dem ansonsten für Interessierte unzugänglichen Wissenschaftsstandort Bahnbrechendes passiert, befindet sich am Haupteingang ein kürzlich eröffnetes Besucherzentrum der besonderen Art. Die interaktive Ausstellung macht die Wissenschaft vor Ort greifbar und verständlich, sie weckt bei Jugendlichen das Interesse für die Unterrichts- und Studienfächer der Naturwissenschaften, der Informatik und Mathematik. Für Schüler gibt es spezielle Führungen sogar durch die Experimentierhalle, wo sie auf die Wissenschaftler bei der Arbeit treffen.
Science Center soll über Schülerlabore, Konferenzräume und Gastronomie verfügen
Zudem stehen drei Schülerlabore für den Unterricht als außerschulischer Lernort zur Verfügung. So kann die Region Nachwuchs für den Bereich begeistern, der ansonsten eher unter Fachkräftemangel leidet. Rund 13 Millionen Euro wurden in das Besucherzentrum mit 1700 Quadratmetern Ausstellungsfläche, Seminar- und Konferenzräumen sowie einer kleinen Gastronomie investiert. Dauer- und Sonderausstellungen sowie Veranstaltungen – bis zu 150.000 Besucher lockt diese Attraktion pro Jahr in die kleine Stadt vor den Toren Hamburgs.
Zeit, aufzuwachen. Denn die Kostenfrage lässt den schönen Traum vom XFEL-Science-Center in weite Ferne rücken. Für den Bau eines Science Centers rechnen die Gutachter, die im Rathaus am Dienstagabend die Ergebnisse einer umfangreichen 160 Seiten starken Potenzialanalyse vorstellten, mit einem Investitionsvolumen von 13,8 Millionen Euro. Die deutlich kleinere und ebenfalls untersuchte Variante eines einfacheren Besucherzentrums würde noch mit 5,9 Millionen Euro zu Buche schlagen.
Laut Studie ist mit Minus von mehr als 400.000 Euro pro Jahr zu rechnen
Hinzu kommen die laufenden Kosten. Die 80.000 Euro teure Studie kommt zum Ergebnis, dass am Ende des Jahres trotz Eintrittsgeldern und Einnahmen durch Vermietung von Konferenzräumen immer ein Minus steht. Das fällt beim Besucherzentrum mit bis zu 319.000 Euro deutlich höher aus als beim Science-Center mit 170.000 Euro, da die Gutachter beim Besucherzentrum mit nur 60.000 Gästen und entsprechenden Einnahmen rechnen. Allerdings kommen in beiden Fällen Abschreibungen und Zinsen hinzu, sodass die Wirtschaftlichkeitsberechnung für beide Varianten mit einem Minus von mehr als 400.000 Euro pro Jahr endet.
Das ließ so manchen Politiker am Dienstagabend während der Präsentation schlucken. Klar ist, dass die Betreibergesellschaft, die European XFEL, sich das einst geplante Informationszentrum nicht mehr leisten kann. Der Bau der eine Milliarde Euro teuren Forschungsanlage wird mit Hilfe von Fördergeldern nach dem Rückzug Griechenlands derzeit von elf Partnerländern finanziert. Aufgrund von höheren Baukosten musste gespart werden, unter anderem an der geplanten Kantine und eben dem Infozentrum.
Bürgermeisterin Christiane Küchenhof machte sehr deutlich, dass auch Schenefeld sich das nicht leisten kann. „Klar ist, dass Schenefeld das nicht bezahlen kann und wird. Wir sind auf Partner angewiesen, was den Betrieb angeht“, so Küchenhof.
Doch in diesem Punkt machte Freizeitexperte Andreas Konrath, dessen Beratungsbüro fwi Hamburg mit der Studie beauftragt wurde, Hoffnung. „Die Einrichtung ist nicht kostendeckend zu betreiben, aber das ist normal für solche Anlagen. Es gibt zahlreiche Einrichtungen, die zeigen, dass es geht, ohne am öffentlichen Tropf zu hängen“, so Konrath, der auf Stiftungen, Sponsoren und Fördervereine als mögliche Unterstützung verwies.
Suche nach Partnern und Geldgebern beginnt jetzt
Auf die Suche nach Partnern wollen sich Schenefelds Rathauschefin und XFEL-Geschäftsführerin Claudia Burger jetzt begeben. Dabei haben sie die Machbarkeitsstudie im Gepäck, deren Ergebnis laut Konrath vorzeigbar ist. So schätzt der Experte die Lage direkt am XFEL-Forschungscampus als gut und glaubwürdig ein.
Das Image der Nachbarstadt Hamburg wirke sich positiv auf den Standort aus. Es gebe wenig bis gar keine Wettbewerber in unmittelbarer Nähe. Parkplätze seien vorhanden, Flächen verfügbar und Planungsrecht geschaffen. Zudem gebe es zahlreiche potenzielle Besucher mit Kaufkraft in der Region. Einzig die ÖPNV-Anbindung wird in der Studie als mangelhaft bezeichnet. „Aber das ist heilbar“, machte Konrath Hoffnung zum Weiterträumen.
„Das ist ein gutes Zeugnis“, zog XFEL-Chefin Burger ein Fazit. „Wir haben den Platz für ein Besucherzentrum und würden es gern realisieren. Ich bin zuversichtlich, dass wir das am Ende hinbekommen werden.“