Elmshorn. Der Neubau der Erich Kästner Gemeinschaftsschule in Elmshorn, der größten allgemeinbildenden Schule des Landes, geht nur schleppend voran

Der Neubau der Erich Kästner Gemeinschaftsschule (KGSE) in Elmshorn steht unter keinem guten Stern: Nach zwei Firmenpleiten und Verzögerungen im Ausschreibungs- und Vergabeverfahren für technische Gewerke mussten die beiden hauptverantwortlichen Architektinnen wegen Korruptionsverdachts von dem Großprojekt abgezogen werden. Nun bereiten auch noch die Flachdächer erhebliche Probleme beim zweiten Bauabschnitt des rund 36 Millionen Euro teuren Schulprojekts.

„Bei der Probeflutung während der Abnahme sind über der Mensa und dem Anbau zur Sporthalle mehrere undichte Stellen festgestellt worden“, sagt Bauingenieur Alexander Kirschmann, der nach dem Korruptionsskandal im Rathaus gemeinsam mit Stadtrat Dirk Moritz und Vera Hippauf, Amtsleiterin des Gebäudemanagements, die Leitung des Bauprojekts übernommen hat. Das Dach musste wieder geöffnet werden. Dabei wurde festgestellt, dass an einigen Stellen die Dämmschicht durchnässt war oder sogar ganz fehlte. Der Baupfusch ist mittlerweile behoben. „Diese Woche fluten wir noch einmal“, sagt Alexander Kirschmann.

Feuer und Wasser sind die häufigsten Ursachen für Gebäudeschäden

Nach diesem erneuten Ärger appelliert Dirk Moritz dafür, bei öffentlichen Gebäuden künftig auf Flach­dächer zu verzichten. „Die Kosten für die Erstinvestition mögen geringer sein, doch die Folgekosten können erheblich sein“, sagt er. Der architektonische Zeitgeist der 60er-Jahre habe dazu geführt, dass zahlreiche städtische Gebäude ohne Dachneigung entstanden seien. „Doch auf Flachdächern sammelt sich immer Wasser und eventuell Schnee.“ Es treten oftmals Feuchtigkeitsschäden auf. So seien Feuer und Wasser die häufigsten Ursachen für Gebäudeschäden. Eine funktionierende Entwässerung bei Flachdächern sei, auf die Nutzungsjahre des Gebäudes übertragen, kaum zu gewährleisten.

In den vergangenen 14 Jahren, seit Bestehen des Gebäudemanagements, wurde ein besonderes Augenmerk auf die Errichtung von Neubauten mit geneigten Dächern gelegt, zum Beispiel an der Boje-C.-Steffen-Schule oder der Feuerwache Süd. „Das haben wir auch bei der nachhaltigen Sanierung von Flachdächern wie am Stadttheater, der Schule Kaltenweide oder der Elsa- Brändström-Schule umgesetzt“, sagt Vera Hippauf.

Hintergrund für die Neuausrichtung des städtischen Hochbaus sei, dass nach jedem Starkregen erhebliche Schäden an städtischen Gebäuden aufgetreten seien. Dies habe zu teuren Reparaturen geführt, zu langen Nutzungsausfällen in den Gebäuden bis hin zur Sperrung von Gebäudeteilen wegen sicherheitsrelevanter Schäden. „Nach Aussagen der Bauindustrie sollten in den letzten Jahrzehnten Probleme mit Flachdächer eigentlich kein Thema mehr sein“, sagt Hippauf. In der Praxis habe sich das allerdings nicht erwiesen.

Die Übergabe der letzten beiden Bauabschnitte sollen Ende Juli wie geplant erfolgen

Bei Neubauten werde die komplexe Planung der wasserführenden Ebenen seitens der Planer unterschätzt, so die Expertin. Weitere Fehler passieren bei der Bauausführung und Abnahme der Arbeiten. „Dazu kommt der Preisdruck im Bausektor“, sagt Dirk Moritz. So sei es auch beim Neubauvorhaben KGSE in den Flachdachbereichen zu erheblichen Schäden gekommen. Die Vorteile der niedrigeren Erstinvestitionskosten würden die im Bestand nach etwa zwölf bis 15 Jahren auftretenden Probleme nicht überwiegen. „Ein Dach kann seinen Zweck, nämlich den Schutz des Gebäudes, nur erfüllen, wenn das Wasser, das in Norddeutschland häufig auftritt, einwandfrei abgeführt werden kann“, sagt Moritz.

Die Arbeiten für den Schulneubau im Stadtteil Hainholz hatten im Oktober 2010 begonnen. Anfang 2012 und im März 2013 gingen die ersten beiden Bauabschnitte samt Stadtteilbibliothek und Konzertsaal in Betrieb. Im Sommer 2013 wurde daraufhin das alte Schulhaus abgerissen. Mittlerweile sind auch auf den verbliebenen Baustellen die Wände verputzt. Als nächstes stehen die Malerarbeiten an und Böden werden verlegt.

Trotz aller Probleme ist Dirk Moritz zuversichtlich, dass die Übergabe der letzten beiden Bauabschnitte Ende Juli wie geplant erfolgen und die Mensa den Betrieb aufnehmen kann. Dann sollen die etwa 1450 Schüler und 100 Lehrer uneingeschränkt alle Räume auf einer Fläche von 22.000 Quadratmeter Bruttofläche nutzen können. Ein Jahr später sollen auch die Außengelände folgen. Hier ist unter anderem eine Kreisflusslandschaft geplant.