Franz Schensky gilt als Pionier der Fotografie. Seine Arbeit über die Nordseehochinsel wurde wiederentdeckt. Nun erscheint ein neues Buch über ihn.

Helgoland. Schwarze Wolken zogen auf, der Wind peitschte das Meer auf. Für Franz Schensky war es Zeit, sich hinausrudern zu lassen. Bewaffnet mit seiner mehrere Kilogramm schweren Plattenkamera, hoffte er, das Wilde der See im Foto einfangen zu können. Ein Schuss, dann musste er die belichtete Glasplatte auswechseln. Kein Tropfen durfte darauf fallen. Eine Welle trug das Boot empor, um es wenige Sekunden später in die Tiefe donnern zu lassen. Wieder oben auf der Welle, taucht die Lange Anna wieder in sein Blickfeld. Schensky drückt den Auslöser.

Unter Lebensgefahr gelangen ihm spektakuläre Aufnahmen, die nach seinem Tod 1957 lange Zeit in Vergessenheit gerieten. Erst 2003 entdeckte man original Glasnegative in einem Helgoländer Keller. Ihr Zustand war besorgniserregend. Das Museum Helgoland beziehungsweise der Förderverein Museum Helgoland ließen die Bilddokumente mit erheblichem finanziellen Aufwand in einem Speziallabor in Karlsruhe aufarbeiten, digitalisieren und archivieren. 1400 Fotografien konnten wiederhergestellt werden, die meisten stammen aus den Zeitraum von 1900 bis 1950. „Sie sind gleichbedeutend mit einem Querschnitt durch die Entwicklung der Fotografie dieser Zeit“, sagt Museumsleiter Jörg Andres. Die Fotos zeigen Alt-Helgoland, das Aquarium, Meer und Wellen, Segeln, Zerstörung und Wiederaufbau, Menschen und Schenskys Zeit in Schleswig, wo er am 7. Januar 1957 in bitterer Armut starb. Begraben wurde er jedoch auf seiner im Wiederaufbau befindlichen Insel Helgoland.

Fünfzig Jahre nach seinem Tod begibt sich Filmemacher Wilhelm Rösing auf Spurensuche. Er befragt jene, die den großen Fotografen und dessen Familie noch kannten. In der Dokumentation „Der Mann in der Brandung“ mischen sich diese Erinnerungen mit den legendären Fotos. 2008 feierte der Film Premiere in der Nordhalle auf Helgoland vor rund 300 Zuschauern. Dem 73 Minuten langen historischen Beitrag zur Geschichte der internationalen Fotografie und zur Inselgeschichte folgt das Schensky-Buch.

„Schensky war zu seiner Zeit ein fotografischer Visionär, der der Fotografie Impulse verlieh“, sagt Rösing. Herausragend in seinen fotografischen Leistungen, ein Genie in der Dunkelkammer, einfach und bescheiden in seinem Auftreten. Es gab zu seiner Zeit keinen Lichtbildner auf dieser Welt, der ernsthaft mit ihm auf seinen Spezialgebieten konkurrieren konnte. Schensky gehört zu den Pionieren der Fotografie.

In der frühen Schaffenszeit inszenierte der Hoffotograf der Großherzogin Sophie von Sachsen-Weimar seine Fotos wie Gemälde. Persönlichkeiten wie die Söhne Bismarcks, der Schauspieler Joseph Kainz, der schwedische Schriftsteller Strindberg, Komponist und Pianist d` Albert , der preußische Kulturminister Sudermann, Übersetzer Robert Tornow, Bildhauer Begas, Hans Albers oder Verleger Bassermann ließen sich vor einer Helgoländer Kulisse auf Leinwand ablichten oder ein Porträt in Auftrag zu geben. Sogar der Kaiser mit Gefolge suchte ihn auf.

„Wenn Carl Hagenbeck von einer Safari aus Afrika heimkehrte, ließ er seine Fotos bei Schensky entwickeln“, sagt Rösing. Schensky sei damals eine Instiution gewesen. „Nach und nach genügte ihm die Kompositions-Fotografie nicht mehr und er wandte sich einer Augenblicks-Fotografie zu.“ Das Unvorhersehbare zog ihn in seinen Bann. Der Druck auf den Auslöser, um Seevögel oder Wellen und Wolken einzufangen, setzten langen Atem und stoisches Warten voraus.Vom ersten Bild der Übergabefeier der Insel von England an das deutsche Kaiserreich (1890) bis hin zu ein Fotos vom bombenzerpflügten Oberland durch britische und amerikanische Fliegerangriffe im Zweiten Weltkrieg und dem beginnenden Wiederaufbau Helgolands (1952) bilden Schenskys einmaligen Aufnahmen auch eine Chronik. Leider wurden während des Bombenangriffs auch 90 Prozent seiner Negative vernichtet“, sagt Rösing.

Schenskys Beharrlichkeit, seine glänzende Technik und innovative Laborarbeit sowie sein einzigartiges Bildempfinden schufen einen Mythos. Er gewann mehr als fünfzig internationale Goldmedaillen. Die Gesellschaft der Deutschen Lichtbildner ernannte ihn zum Ehrenmitglied und verlieh ihm zum 85. Geburtstag ihren Ehrenring.

Rösing stellt am Sonntag, 1. März, von 16 Uhr an im Museum Helgoland, Kurpromenade 1430, sein Buch „Der Fotograf und das Meer“, Wachholtz-Verlag, (vom 10. März an im Buchhandel) vor. Am 2. März, von 20 Uhr an wird sein Film „Der Mann in der Brandung. “ in der Nordseehalle gezeigt.