Weil die Zahl der Priester im Norden der katholischen Kirche bis 2020 um ein Drittel sinkt, können nicht alle Gemeinden mit Pfarrstellen bedient werden. Nun werden größere pastorale Räume geschaffen.

Kreis Pinneberg. Der katholischen Kirche gehen die Priester aus. So sollen alle sechs Gemeinden im Kreis Pinneberg bis 2017 zu einem sogenannten pastoralen Raum mit nur noch einem Pfarrer und einem Kirchenvorstand zusammengelegt werden. Das betrifft nicht nur die etwa 20.200 Katholiken im Kreis Pinneberg. Auch die 27 kirchlichen Mitarbeiter sowie die 70 Beschäftigten der fünf Kindertagesstätten, die 450 Kinder betreuen, werden künftig unter einem Dach geführt.

Die Kirchenstandorte selbst sollen erhalten bleiben, ebenso werden die Gottesdienste vor Ort weiterhin angeboten. Sie sollen allerdings verstärkt von ehrenamtlichen Kräften gestaltet werden.

Die Entscheidung für diesen pastoralen Raum Südholstein, wie er offiziell von der Diözese genannt wird, fällte der Hamburger Erzbischof Werner Thissen im September 2013. Betroffen sind alle 80 Kirchengemeinden in Schleswig-Holstein, Hamburg und Mecklenburg mit ihren etwa 400.000 Katholiken. Sie sollen zu etwa 30 Groß-Pfarreien oder pastoralen Räumen zusammengefasst werden, erläutert Harald Strotmann vom Erzbistum Hamburg.

In Kiel und Hamburg sind bereits drei solche pastorale Räume mit jeweils einem Pfarrer für ehemals eigenständige Gemeinden geschaffen worden. Für alle anderen laufe der Übergangsprozess. Dabei sollen die Gegebenheiten und Wünsche vor Ort beachtet werden. Hauptgrund für diese grundlegenden Veränderungen, die die gesamte katholische Kirche im deutschsprachigen Raum betrifft, sei der Priestermangel, erklärt Strotmann. „Wir haben viel zu wenige, um den Bedarf zu decken und jeder Gemeinde einen eigenen Pfarrer zur Seite zu stellen.“ Bis 2020 werde die Zahl der Priester im Erzbistum Hamburg von 150 auf 100 sinken.

Im Kreis Pinneberg ist diese Entwicklung bereits weit fortgeschritten. Stefan Langer, 47, seit 2006 Pfarrer der katholischen Gemeinde Elmshorn, ist schon länger auch für die Gemeinden in Wedel und Uetersen zuständig. Seit zwei Jahren ist er zudem Kirchenoberhaupt für die katholischen Gemeinden in Pinneberg und Halstenbek. Ende 2016 wird Quickborn zu seinem Einzugsgebiet hinzukommen, wenn der dortige Pfarrer Wolfgang Guttmann, 66, in den Ruhestand geht.

Nicht alle Katholiken werden diese Entwicklung begrüßen, weiß Langer. „Jede Veränderung macht den Menschen Angst. Sie wissen nicht, was auf sie zukommt.“ Zwar solle die kirchliche Arbeit vor Ort weitestgehend erhalten bleiben. „Aber es ist schon ein Unterschied, wenn nicht mehr in jeder Gemeinde ein Pfarrer greifbar ist. Ein Großteil sagt: ‚Wir verlieren hier etwas.’ Diese Sorgen müssen wir ernst nehmen.“ Die heilige Messe dürfe weiterhin nur vom Priester abgehalten werden. Aber Beerdigungen könnten auch Laien übernehmen. Die Betreuung der Kindergärten werde künftig von ehrenamtlichen Helfern erledigt.

Um den Prozess zu einem katholischen Verbund für alle sechs Gemeinden so zu gestalten, dass sie ihre Ideen einbringen können, sind übergeordnete Ausschüsse mit Vertretern aller Kirchenvorstände und Pfarrgemeinderäte sowie der Kindergärten und Caritas-Verbände geschaffen worden. Sie sollen den Übergang nun moderieren und begleiten, der innerhalb von drei Jahren abgeschlossen sein soll.

Auch einige öffentliche Veranstaltungen gehören dazu, wie bereits am vergangenen Donnerstag in der Marienkirche Quickborn oder am 28. Februar im Gemeindezentrum Elmshorn. Dort soll einen Tag lang mit den Gläubigen die Frage erörtert werden: „Was erwartet uns im pastoralen Raum?“ Koordinator Strotmann: „Die Not bietet auch die Chance, den inhaltlichen Anspruch der Kirche zu überdenken.“

Noch steht nicht fest, wo der künftige Verwaltungssitz der katholischen Kirche im Kreis Pinneberg sein wird und wie der Kirchenvorstand besetzt wird, der für Finanzen, Personal und Baufragen aller sechs Gemeinden zuständig ist. Unklar ist auch, ob es künftig noch Pfarrgemeinderäte geben wird, die sich um seelsorgerische und pastorale Dinge kümmern. „Der Bischof ist da recht frei, dieses Gremium für sein Bistum zu gestalten“, sagt Langer. Auch die Notfallseelsorge werde umgestaltet werden müssen. Langer: „Vielleicht müssen wir da ökumenisch zusammenarbeiten.“

Für Johannes Schneider, Sprecher der katholischen Gemeinde in Quickborn, ist diese Entwicklung ein Zurück zu den Wurzeln. Auch der heilige Paulus habe seine weit verstreuten Anhänger mit schriftlichen Anweisungen betreut, ohne in ihrer Nähe sein zu können. „Wir entwickeln uns wieder von einer versorgten Kirche hin zu einer sorgenden Kirche“, sagt er. Dabei werde ein großer Teil der kirchlichen Arbeit auf den Schultern der Ehrenamtlichen lasten.

Ganz so weit brauche man gar nicht in die Vergangenheit zurückgehen, sagt Pfarrer Langer. Bis ins 20. Jahrhundert hinein sei die katholische Kirche in Altona für viele Gläubige aus Schleswig-Holstein der einzige Anlaufpunkt gewesen. Die meisten Gemeinden im Kreis Pinneberg hätten sich erst nach 1945 gebildet.

Pfarrer Langer hofft, dass die betroffenen Gemeinden Verständnis für diese Umgestaltung haben, für die es keine Alternative gebe. Allein am umstrittenen Zölibat der katholischen Priester und dem Umstand, dass Frauen kein Priesteramt übernehmen dürfen, könne es nicht liegen. Auch die evangelische Kirche plagten Nachwuchssorgen, sagt Langer. Schon heute trätten jedes Jahr etwa 200 Katholiken im Kreis Pinneberg aus der Kirche aus, was oft mit den Missbrauchsfällen und dem Skandal um den abgesetzten Limburger Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst begründet werde. Nun komme es darauf an, die Gläubigen bei dem Übergang, so gut es gehe, mitzunehmen.