Themen wie die Anschläge in Paris, die Gewalttaten des Islamischen Staates und die Pegida-Bewegung beschäftigen die Menschen überall. Das wurde auf den Neujahrsempfängen am Sonntag im Kreis Pinneberg deutlich.

Pinneberg/Wedel/Uetersen/Barmstedt. Themen wie die Anschläge in Paris, die Gewalttaten des Islamischen Staates, die Pegida-Bewegung und die Konflikte in der Ukraine beschäftigen die Menschen überall gleichermaßen. Das wurde auch auf den Neujahrsempfängen am Sonntag im Kreis Pinneberg deutlich.

Die Pinneberger Bürgervorsteherin Natalina Boenigk verband in ihrer bewegenden Ansprache im Rathaus das Weltgeschehen mit Veränderungen in der Stadt und dem eigenen Schicksalsjahr: „Einige von Ihnen wissen, dass mein 2014 mit meiner Krebserkrankung ein schwieriges Jahr gewesen ist. Aber eins habe ich gelernt: Was im Leben wirklich wichtig ist.“ Sie appellierte daran, nicht zu vergessen, „dass wir in Frieden und Wohlstand“ leben „und nicht nur meckern, sondern auch mal mit dem zufrieden sind, was wir haben.“

Bürgermeisterin Urte Steinberg verlieh vor etwa 230 Gästen den fünften Bürgerzukunftspreis an das Team, das 2014 erstmals die deutschlandweite Aktion Stadtradeln in der Pinnaustadt initiiert hatte: „Das engagierte Projektteam um Ulf Brüggmann hatte es geschafft, Jung und Alt an einen Tisch zu bringen“, lobte Laudatorin Heidrun Horter, Geschäftsführerin der Fahrradbörse. Gemeinsam hätten sie in drei Wochen 42.000 Kilometer mit dem Fahrrad zurückgelegt und so 6000 Kilogramm CO2-Ausstoß eingespart. Dafür erhielt das Team eine Trophäe und einen Scheck über 500 Euro. Brüggmann kündigte an, die Herausforderung der Stadt Elmshorn für das Stadtradeln 2015 anzunehmen. „Elmshorn ist zwar schon drei Jahre dabei, trotzdem stehen unsere Chancen gut.“

Der Neujahrsempfang bot örtlichen Selbsthilfegruppen ein Forum, sich im Anschluss an die Reden zu präsentieren. Die Sternsinger sangen und sammelten Geld für hungernde Kinder auf den Philippinen. Musikalisch begleitete Matthias Schlechter, vielen bekannt vom SommerJazz in Pinneberg, den feierlichen Auftakt in das Jahr auf dem Klavier.

In Wedel war der Ratssaal rappelvoll, einige der mehr als 200 Besucher des Neujahrsempfangs mussten sogar stehen. Doch es lohnte sich. Nicht nur, weil das Elbsound JazzOrchestra für richtig gute Musik sorgte oder sechs ausgezeichnete Wedeler bewiesen, dass sich in der Stadt viele um ihre Mitmenschen kümmern und für die Gesellschaft einsetzen. So wie beispielsweise Sozialpreisträgerin Helga Nistico-Trampenau, die seit zehn Jahren Bewohnern der Seniorenanlage Heinrich-Gau zur Seite steht.

Der Besuch lohnte auch, weil die Gäste vor allem eines deutlich machten: Einigkeit in ihrem Wunsch nach einem friedlichen Miteinander der Kulturen in ihrer Stadt und Geschlossenheit gegen Fremdenfeindlichkeit. Der Appell von Wedels Stadtpräsidentin Renate Palm: „Keine Pegida in Wedel!“ wurde lautstark aufgenommen. Palm wünschte sich für 2015: „Wir wollen die Asylbewerber, die häufig traumatisiert sind und vor Krieg und Verfolgung fliehen, mit offenen Armen aufnehmen. Sie werden in jeder Beziehung eine Bereicherung für uns sein.“ Auch Bürgermeister Niels Schmidt wünschte sich in seiner Ansprache für das kommende Jahr von seinem Mitmenschen weniger Abneigung gegen Veränderung, was er allerdings auch auf Bauprojekte wie den Stadthafen bezog. „Veränderungen, gerade bauliche, führen in der Regel zu Verbesserungen“, sagte Schmidt, der einräumte, dass ihm das vergangene Jahr und die Hiobsbotschaften in Sachen Finanzen einige weitere graue Haare beschert hätten. Eine, der man ihr Alter dagegen nicht ansieht, ist Sabine Lüchau. Die ehemalige Stadtpräsidentin und engagierte Wedelerin feierte am Sonntag ihren 75. Geburtstag. Dafür sangen ihr die Gäste ein spontanes Geburtstagsständchen.

Rosenkönigin Katharina begrüßte in der Uetersener Schulmensa gemeinsam mit Bürgervorsteher Adolf Bergmann und Bürgermeisterin Andrea Hansen mehr als 300 Gäste. Bergmann rief angesichts der Morde in Paris zu einer Gedenkminute auf, zu der sich alle Besucher erhoben. Er ging zudem auf die Bewegung Pegida ein, die „trotz gewagter Parolen“ Zulauf habe und vielen Angst einflöße. Um so wichtiger sei eine erfolgreiche Integrationspolitik. Bergmann forderte ein „kommunales Integrationskonzept von Bürgern für Bürger“, um interkulturelle Kompetenz aufzubauen. Allerdings sei Integration keine Einbahnstraße, sagte er, auch die Migranten müssten bereit sein, sich zu integrieren, natürlich ohne die eigene Identität zu verlieren. Um ein wenig mehr Wertschätzung für die ehrenamtlichen Politiker zu bekommen, warb er dafür, einmal im Quartal statt Fernsehen oder Kino einen „Demokratieabend“ einzulegen und einen Ausschuss oder die Ratsversammlung zu besuchen. „Der Eintritt ist frei!“ Bürgermeisterin Hansen warb für Offenheit und Toleranz. Uetersen habe immer denen eine Absage erteilt, die Hass und Fremdenfeindlichkeit und Ausgrenzung predigten. Beide warben gemeinsam mit Wehrführer Karsten Schütt zudem für die Arbeit der Freiwilligen Feuerwehr. Die Chorknaben Uetersen sorgten für die musikalische Untermalung.

Beim Empfang des Kreisjugendringes (KJR) im Barmstedter Victor-Andersen-Haus, traditionell ein Stelldichein von Kreispolitikern und Vertretern von Vereinen und Verbänden, schaute spontan Ministerpräsident Torsten Albig vorbei, der zuvor „nebenan“ bei Barmstedter SPD-Empfang war. Albig fand lobende Worte für Rolf Heidenberger, den Initiator von „Appen musiziert“: „Das Land ist stolz auf sie. Ihre Brust kann gar nicht breit genug sein für die Orden, die sie verdienen“, sagt Albig. Heidenberger war kürzlich von Bundespräsident Joachim Gauck in Potsdam mit dem Bundesverdienstkreuz für seine Verdienste um schwerkranke und missbrauchte Kinder ausgezeichnet worden. Deutschlands größte ehrenamtlichen Benefizveranstaltung wird nach 25 Jahren am 20. September zum letzten Mal stattfinden. „Und da das auch der Weltkindertag ist, werden wir ein Riesenkinderfest organisieren, gemeinsam mit dem KJR“.

KJR-Vorsitzender Andreas Dirbach kritisierte die Entscheidung des Kreistages, das „Haus der kleinen Forscher“ nicht weiter zu finanzieren. „Zwar hatten sich im Wahlkampf alle für frühkindliche Bildung ausgesprochen, doch als die Chance bestand, etwas dafür zu tun, wurden wir enttäuscht“, sagt er. Zudem schien die Verbandsjugendarbeit gemessen an der Schulpolitik nur zweitrangig zu sein, so sein Eindruck. „Das darf so nicht sein.“