Während allerorten der Weihnachtstrubel tobt, bereiten sich jüdische Familien und Gemeinden auf Chanukka vor, das Lichterfest. Die Gemeinde in Pinneberg lädt ein für Sonntag, 21. Dezember.

Pinneberg. Weihnachtsmärkte und Weihnachtsdekoration, Weihnachtsplätzchen, -märchen, -lesungen, umzüge, -einkäufe, -ferien und -feiern: Jenem Fest, das in seinem Ursprung ein wichtiger christlicher Feiertag ist, entkommt man in diesen Tagen nicht. Weitaus weniger sichtbar und geräuschvoll treffen Menschen jüdischen Glaubens zurzeit die Vorbereitungen für ein ganz anderes Fest. Sie feiern im Dezember Chanukka, das Lichterfest – so auch die jüdische Gemeinde in Pinneberg.

„Wir feiern unser Chanukka-Fest in diesem Jahr am Sonntag, 21. Dezember“, sagt Wolfgang Seibert, Vorsitzender der Gemeinde. Und erklärt die Details und einige wichtige Unterschiede: „Chanukka wird an acht Tagen gefeiert. Der erste Tag des Festes ist der 25. Tag des jüdischen Monats Kislew, der im November und Dezember liegt. Die Länge des Monats ist allerdings schwankend, er kann sowohl 29 als auch 30 Tage haben“, sagt Wolfgang Seibert. Somit ist auch der Beginn des Lichterfestes nicht an ein festes Datum im gregorianischen Kalender geknüpft.

Fest stehen hingegen die Riten: Im Zentrum des Chanukka-Festes steht die Chanukkia, ein Leuchter mit acht oder neun Armen, nicht zu verwechseln mit der siebenarmigen Menora, die als ein Symbol des Judentums gilt. An jedem Tag des Lichterfestes wird eine Kerze in der Chanukkia entzündet. Im neunten Arm des Leuchters, soweit vorhanden, findet der „Schamasch“ Platz – das Wort bedeutet „Diener“. Gemeint ist eine Kerze, mit der die anderen acht entzündet werden.

An Chanukka feiern Juden die Wiedereinweihung des zweiten jüdischen Tempels in Jerusalem im Jahr 164 vor Christus. Die Juden hatten sich im sogenannten Makkabäeraufstand gegen die Fremdherrschaft durchgesetzt. In jenem Gebäude, dessen Grundmauern noch heute – als Klagemauer – erkennbar sind, konnten sie den jüdischen Tempeldienst wieder einführen. Die Chanukkia war ein Leuchter im Tempel, der niemals wieder erlöschen sollte. Nach der Überlieferung war nur noch ein Krug mit geweihtem Öl zu finden. Es reichte gerade mal für einen Tag – doch durch ein Wunder habe das Öl acht Tage lang gebrannt, so lange, bis neues Öl hergestellt war.

Wie Wolfgang Seibert sagt, ist Chanukka eigentlich eher eines der kleineren jüdischen Feste. „Viel wichtiger ist Rosch ha-Schana, das jüdische Neujahrsfest, das wir dieses Jahr im September gefeiert haben. Und Jom Kippur, der Versöhnungstag, den wir zehn Tage später feiern.“ Wegen des in Europa und den USA allgegenwärtigen Weihnachtsfestes habe Chanukka mit der Zeit aber an Bedeutung gewonnen. „Viele Familien feiern es wegen der Kinder, damit die nicht neidisch werden.“ Am achten Chanukka-Tag bekämen viele jüdische Kinder Geschenke von ihren Eltern. Andere würden zu Weihnachten beschenkt, jüdischer Glaube hin oder her.

Zu Chanukka gehören außerdem Speisen, die in Öl zubereitet sind. Zum Fest gibt es „Latkes“, das sind kleine, frittierte Kartoffelpuffer. Und dann noch „Sufganiot“, das sind süße Krapfen, „so etwas Ähnliches wie Berliner“, wie Wolfgang Seibert sagt.

Die Feier im jüdischen Gemeindehaus am Clara-Bartram-Weg fällt auf den siebten Tag des Lichterfestes. Das hat ganz praktische Gründe: „Wir wollen an einem Sonntag zusammen feiern, weil dann jeder Zeit hat“, sagt Wolfgang Seibert. Das Fest richte sich, wie auch in anderen jüdischen Gemeinden, hauptsächlich an die Kinder. „Die können dann mit einem Kreisel um Schokoladentaler spielen. Und dann wird die Geschichte von Chanukka erzählt.“

Die Geschichte von Chanukka

Die Rolle des Erzählers, der die spannende Geschichte des Makkabäeraufstandes vorträgt, übernimmt Wolfgang Seibert. „Ich erzähle das dann in Episoden. Und versuche, das ein bisschen lustig zu machen“, sagt Seibert, dem man die Vorfreude anmerkt. Für die weitere Gestaltung des Festes wird eine Kantorin aus Hamburg erwartet.

„Es ist aber kein richtiger Gottesdienst“, sagt Wolfgang Seibert. „Wir sitzen einfach gemütlich zusammen und hören die Geschichten von Chanukka, danach essen wir zusammen. Und für die Kinder gibt es eine Kinderparty.“ Das Fest beginne um 16 Uhr und ende zwei bis drei Stunden später, „je nachdem, wie viel Sitzfleisch die Leute haben“. In der Regel fänden sich etwa 30 Gäste zu Chanukka ein. Insgesamt habe die Gemeinde, die 2002 gegründet wurde und 2010 das Gebäude am Clara-Bartram-Weg bezog, 260 Mitglieder. Etwa 70 Prozent, so Wolfgang Seibert, stammen aus der ehemaligen Sowjetunion. Deshalb werden in dem Gemeindezentrum auch Deutschkurse angeboten, einmal wöchentlich.

Die Gemeinde zählt sich zum liberalen Judentum, ist sehr offen. Gelegentlich nehmen sogar Menschen an den Gottesdiensten und Festen teil, die nicht den jüdischen Glauben haben. So dürfte es auch an Chanukka sein. Wolfgang Seibert: „Jeder, der vorbeikommen möchte, ist herzlich eingeladen.“