Die Tornerscher SPD-Fraktion will externe Planer engagieren, um langfristig ein attraktives Zentrum für Bürger zu schaffen. Das Projekt ist langwierig und könnte Jahrzehnte in Anspruch nehmen.
Tornesch. Die SPD will in Tornesch deutlich dominanter in den kommenden Jahren auftreten. „Wir müssen es noch lernen, Mehrheit zu haben“, sagt die Fraktionsvorsitzende Verena Fischer-Neumann. Die Partei habe sich teilweise zu stark als Teamplayer aufgeführt und auf die Interessen der anderen Ratsfraktionen, unter anderem bei Bauprojekten, Rücksicht genommen. Die SPD habe damit einige Gestaltungsmöglichkeiten nicht so genutzt, wie sie es theoretisch dank ihrer Ratsmehrheit hätte tun können. „Mir geht alles viel zu langsam“, sagt die Fraktionschefin. Unter anderem, wenn es um die Stadtentwicklung geht.
Hier will die SPD in den kommenden Monaten und Jahren die Weichen stellen, damit das größte Manko der Stadt beseitigt werden kann: Ein fehlender und attraktiver Ortskern. Die Verwaltung habe viel Gutes erreicht, mit den Gewerbeansiedlungen, den Kindertagesstättenbauten und der Entwicklung des Städtebauprojektes „Tornesch am See“. Nun müsse gemeinsam ein langfristiges Konzept erarbeitet werden, um die Ortsmitte sinnvoll und attraktiv zu gestalten.
„Aus meiner Sicht ist das Thema Innenstadtentwicklung in den vergangenen Jahren nachlässig behandelt worden“, sagt der SPD-Ortsverbandsvorsitzende Manfred Mörker. Vieles sei nur kleinteilig und periphär gemacht worden. Daher sei es nur konsequent, wenn die SPD nun das Ruder ergreife und eine Umgestaltung der Stadtmitte forciere.
Die Herausforderungen sind dabei groß. Da Tornesch eine Verdichtung der Bebauung im Innenstadtbereich derzeit vorantreibt, fehlt es für die SPD vor allem an Verweilpunkten, an Ruheplätzen in der Stadt. Einen Stadtpark brauche Tornesch nicht, wohl aber Grünflächen, Sitzbänke und Optionen für einen Einkaufsbummel für jene Bürger, die keinen Garten haben. Die Bahntrasse kreuzt gleich zweimal den Zentrumsbereich, große Verkehrsflächen und Parkplätze prägen die Gegend rund um den Bahnhof, Ruhebänke, Cafés und Grünflächen, die zum Verweilen einladen fehlen weitgehend.
Hinzu kommt, dass in unmittelbarer Nähe zur Ortsmitte mehrere Firmen angesiedelt sind. Die Grundstücke sind zum Großteil in Privatbesitz, so dass kurzfristige Aktionen, wie Abrisse, Neubauten und Umplanungen nicht möglich sind. Die sind erst dann möglich, wenn etwa die Grundstücke einzelner Hausbesitzern verkauft und von der Stadt aufgekauft werden.
Der Rat hat auf SPD-Initiative vor den Sommerferien eine Veränderungssperre für einen bedeutenden Teil in der Ortsmitte verabschiedet. Damit soll der erste Schritt für eine Umgestaltung erfolgen. Der Rat wird künftig zudem ein Vorkaufrecht für freiwerdende Grundstücke ausüben können. Bislang war dies die Kompetenz des Bürgermeisters. In diesem Bereich, sagt Mörker, seien die Befugnisse des Bürgermeisters bewusst beschnitten worden. Denn es sei sinnvoll, dem Rat diese Kompetenz zu übertragen, wenn auch der Rat über die künftige Gestaltung und Entwicklung der Ortsmitte federführend entscheiden soll und auch die Haushaltsmittel hierfür bereitstellen muss. „Wir bündeln damit die Aufgaben“, sagt Mörker.
Das Projekt, dessen sind sich Mörker und Fischer-Neumann sicher, werde wohl Jahrzehnte in Anspruch nehmen. Es müssten Ideen von Parteien, Verwaltung, Verbänden und Bürgern gesammelt werden, Gutachten müssten erstellt werden, Baupläne ausgearbeitet. Das sei ein riesiges Projekt, das für die Stadt anstehe. Daher sei eine ganz andere Herangehensweise bei der Planung als bei bisherigen Bauvorhaben notwendig. Es werde ein zäher Prozess werden, doch er werde sich lohnen. „Das Ortszentrum kann wohl nicht schneller gehen, aber ich wünschte mir, es würde schneller gehen“, sagt Fischer-Neumann. „Je größer wir werden, um so wichtiger ist es dass wir als Stadt ein attraktives Ortszentrum bieten können“, sagt die SPD-Ratsfrau.
Die SPD sei wegen ihrer Pläne von der Stadtverwaltung ein wenig belächelt worden. „Bürgermeister Roland Krügel hat unseren Vorstoß als Träumerei bezeichnet. Wir nennen es lieber eine Vision“, sagt Mörker. Die SPD habe bereits Arbeitsgruppen zu Kernthemen gegründet, um konkrete Konzepte zu erarbeiten.
Dennoch: Das eine sei das, so Fischer-Neumann, was man sich wünsche, das andere sei die Frage, wie das umgesetzt werden könne. „Da ist es so, dass wir festgestellt haben, dass wir das alles nicht alleine schaffen werden. Wir müssen das Gespräch im Ort suchen und wir müssen kreative, externe Planer engagieren“, sagt Fischer-Neumann. Die würden mit einem Blick von draußen sicherlich auch ganz andere Gestaltungsmöglichkeiten und Lösungsansätze sehen. „Wir brauchen da eindeutig Hilfe“, urteilt die Fraktionschefin. „Wir wollen den Planern keine Vorgaben machen, sie sollen unvoreingenommen Konzepte entwickeln“, meint Mörker.
Eine Einschränkung gibt es dann aber doch: Beim Verkehrsknotenpunkt im Ortszentrum dürfe es bei allen Konzeptentwicklungen nicht darum gehen, ihn so zu gestalten, dass noch mehr Verkehr über die L107 und die L110 fließe. Die K22 als Entlastungsstraße sei gesetzt, daher müsse es an der Kreuzung der beiden Landesstraßen eher darum gehen, den Verkehr hier optisch aufzulockern, ihn zu entzerren und die Versiegelungsflächen eher zurückzunehmen. Ein Kreisverkehr, so glaubt Mörker, sei dort keine Lösung. Dass aber etwas attraktiveres geschaffen werden kann, das glaubt der SPD-Chef schon.