Viele Angehörige dementer Menschen sind ratlos und zum Teil psychisch am Ende. Die unabhängige Beratungsstelle der Alzheimer Gesellschaft bietet Hilfe und betreut während der Beratung die Patienten.

Pinneberg. Elisabeth Schnarrenberger* ist verzweifelt. „Mein Mann ist dement, und ich bin psychisch am Ende“, sagt die 70-Jährige an diesem Nachmittag im Werkschiff der Arbeiterwohlfahrt in der Koppelstraße 30 in Pinneberg. Mit ihr am Tisch sitzen drei Damen und ein Herr, die alle eines gemeinsam haben: Sie sind Partner von einem Menschen, der an Demenz erkrankt ist. Vier Frauen der Alzheimer Gesellschaft Kreis Pinneberg und des Pflegestützpunktes im Kreis Pinneberg, einer unabhängigen Beratungsstelle, sitzen mit am Tisch, beantworten Fragen der Betroffenen und leiten das Gespräch.

Elisabeth Schnarrenberger ist das erste Mal in der Gesprächsrunde dabei, die sich jeden zweiten Dienstag im Monat von 16 bis 17.30 Uhr trifft. „Ich kann mit dem Elend meines Mannes schlecht umgehen und stehe ganz allein davor“, sagt die Pinnebergerin. Das Problem: Ihr Mann sieht nicht ein, dass er krank ist. Er schreie oft und bepöbele sie. Zudem habe er Probleme mit der Hygiene und mache sich regelmäßig in die Hose. „Ich gehe kaputt dabei“, sagt die Rentnerin, „wenn ich in die Psychiatrie komme, kann ich meinem Mann nicht mehr helfen.“

Die anderen Betroffenen und Helferinnen hören zu und geben Elisabeth Schnarrenberger ein paar Tipps: Es wäre gut, wenn ihr Mann in eine Tagespflegeeinrichtung käme, sagen sie. „Solche Einrichtungen bieten in der Regel Beschäftigung, körperliche Aktivierung und fördern die soziale Kontaktfähigkeit“, erläutert Maike Ehlbeck, 60, die Gruppenleiterin und Koordinatorin der Alzheimer Gesellschaft Kreis Pinneberg.

Elisabeth Schnarrenberger findet die Idee gut: „Dann würde mein Mann um 9 Uhr abgeholt und käme um 16 Uhr wieder nach Hause. So könnte ich den Haushalt schaffen und hätte wieder die Kraft lieb zu ihm zu sein.“

Barbara Homburg* lebt auch mit einem dementen Mann zusammen. „Mein Mann weckt mich manchmal um vier Uhr morgens auf und sagt, wir müssten einen Sack Zement bei Hass + Hatje kaufen“, sagt die Rentnerin. Sie habe 20 Jahre mit behinderten Menschen gearbeitet und gedacht, diese Erfahrung reiche. „Jetzt sehe ich, dass eine Demenzerkrankung etwas ganz anderes ist. Mit vielen Sachen komme ich nicht klar und weiß nicht, wie ich mich verhalten soll.“

Manchmal, da begreife ihr Mann alles, sagt Ingeborg Leitner*, deren Mann ebenfalls dement ist. Und manchmal sei ihr Mann ganz anders: Da erkenne er sie und sein Zimmer nicht mehr. Er fragt dann: „Ist es schon so weit bei mir?“ Er habe auch schon an der Tür gerüttelt, beim Nachbarn geklingelt und gesagt: „Ich suche meine Frau!“ Der Nachbar zeigte auf Ingeborg Leitner, und ihr Mann fing an zu heulen.

„Die Erkrankten werden häufig verhaltensauffällig“, weiß Theresa Wildgrube, 27, Beraterin des Pflegestützpunktes im Kreis Pinneberg. „Sie lassen sich schlecht anleiten und manche entfernen sich ohne konkretes Ziel. Fast jeder Bereich im täglichen Leben ist massiv betroffen.“ Gudrun Kloft, 58, ehrenamtliche Betreuerin der Alzheimer Gesellschaft betreute kürzlich einen Dementen in einem Nebenraum. „Der Herr ist dann auf einmal losmarschiert, ich hinterher. Nach einer Dreiviertelstunde traf er auf ein Ehepaar, das ihn kannte. Mit dem ist er dann mitgegangen.“

Gruppenleiterin Maike Ehlbeck kennt die Not der Angehörigen: „Sie verlieren einen Partner oder einen Elternteil und müssen ihr Leben komplett neu umstellen. Auf einmal muss man dann 24 Stunden funktionieren und mitdenken. Man muss Entscheidungen alleine treffen, auch über den Willen des Partners oder Elternteils hinweg.“

Die Leiterin des Pflegestützpunktes, Bianca Trebbin, 39, sagt, in der Angehörigengruppe gehe es vor allem um den gegenseitigen Austausch und um praktische und hilfreiche Tipps, die den Alltag und den Umgang mit den Erkrankten erleichtern können. Zeitgleich zu den Angehörigentreffen werden die Demenzerkrankten auf Wunsch betreut. Um eine Anmeldung unter der Telefonnummer 04101/84 23 31 wird gebeten. Angehörigengruppen gibt es auch noch in Wedel (am ersten Mittwoch im Monat von 16.30 bis 18 Uhr, Rudolf-Breitscheid-Straße 40b) und in Elmshorn (am zweiten Mittwoch im Monat von 15 bis 16.30 Uhr in der Kirchenstraße 12).

*Namen der betroffenen Angehörigen geändert