Claudia Benvenuto aus Uetersen hilft Firmen, Mitarbeiter gesund zu halten. Das Tornescher Unternehmen HellermannTyton ist einer ihrer Stammkunden. Und das seit zehn Jahren.
Tornesch. Immer mehr Menschen leiden unter Verspannungen im Rücken und Nackenbereich. Laut dem Gesundheitsreport 2014 der Technikerkrankenkasse leiden vier von zehn Erwachsenen in Deutschland oft oder sogar ständig unter Rückenproblemen. Zehn Prozent aller Krankschreibungen in Deutschland sind auf Rückenprobleme zurückzuführen, eine Zahl die seit Jahren beständig zunimmt. Jahrzehntelang wurden Rückenprobleme in Unternehmen wenig ernst genommen. Inzwischen hat sich das geändert. Immer mehr Firmen gehen aktiv gegen Rückenprobleme vor und engagieren Trainer, die die Rücken der Mitarbeiter stärken sollen.
Jutta Eckhardt weiß, was es heißt, Verspannungen im Rücken zu haben. „Ich arbeite viel am Computer, mein Nacken und mein Rücken waren von der Arbeit mit Monitor und Maus, von dem vielen Sitzen irgendwann völlig verkrampft", sagt die 48-Jährige, die in Tornesch bei HellermannTyton arbeitet. Die Folge: Enorme Spannungskopfschmerzen, die die Arbeit zur Qual machten. Eckhardt ist nicht die einzige Mitarbeiterin, die im Laufe der Jahre ihren Rücken falsch belastet hat und dadurch nur noch mit Schmerzen arbeiten konnte. Doch sie hatte Glück, denn ihre Firma hatte noch rechtzeitig reagiert.
Seit zehn Jahren gibt die Uetersener Shiatsu-Therapeutin Claudia Benvenuto unter anderem bei HellermannTyton Massage- und Trainingskurse, um die Rücken der Mitarbeiter wieder in Form zu bringen. Und das mit Erfolg. Eckhardt trainiert regelmäßig in einer kleinen Gruppe gezielt ihre Rückenmuskulatur. „Die Kopfschmerzen sind, seit ich hier trainiere, weg", sagt Eckhardt. Dank Benvenuto sitze sie jetzt richtig und nutze auch den Weg zur Kaffeemaschine immer wieder für kleine Lockerungsübungen. Es gebe viele Möglichkeiten, während und neben der Arbeit den Rücken zu trainieren. Doch die müsse man zunächst einmal kennenlernen. Und dafür brauche es kompetente Trainer.
Für Benvenuto ist Jutta Eckhardt kein Einzelfall. „Ich erlebe es immer wieder, dass Menschen falsch stehen, falsch sitzen, sich einfach zu wenig bewegen und daher Rückenleiden haben", sagt die Therapeutin, die ihre Trainerlizenz beim Deutschen Sportverband erworben hat. „Inzwischen nehmen viele Unternehmen Rückenleiden ernst. Das war nicht immer so", sagt sie.
Als Benvenuto vor knapp 15 Jahren bei etlichen Unternehmen im Kreis für Rückentrainingskurse und Massageangebote geworben hatte, ist sie vielfach auf Ablehnung gestoßen. „Es war ein hartes Brett, dass ich bohren musste. Meine Angebote wurden oft belächelt", sagt sie. Denn das Bewusstsein für den Nutzen des Angebots habe sich vielen damals noch nicht erschlossen.
Rückenleiden wurden als Wehwehchen angesehen, nicht als etwas, was die Arbeitsleistung und insbesondere die Gesundheit der Mitarbeiter stark beeinträchtige. Erst die beständige Thematisierung von Rückenleiden von Seiten der Sportfachschulen, unterfüttert mit Statistiken zu Fehlzeiten sowie die Tatsache, dass immer mehr Menschen immer länger arbeiten und daher auch langfristig gesund bleiben müssen, habe allmählich zu einem Umdenken in Deutschland geführt. Inzwischen sei es weitgehend bekannt, dass Rückenleiden direkt Auswirkungen auf die Arbeitsleistung von Mitarbeitern haben und sogar zu einer Berufsunfähigkeit führen können.
Bei HellermannTyton, einem ihrer Stammkunden, hat Benvenuto die Chefetage und den Betriebsrat schnell vom Nutzen ihres Rückentrainings-Angebotes überzeugt. „Ich hatte einen Massagestuhl dabei, mein Angebot erklärt und gleich vor Ort die Massagen und ihre Wirkung demonstriert", sagt sie. Die erlebte Rücken- und Nackentherapie hat die Unternehmensführung umgehend vom Sinn des Angebots überzeugt. Das war vor zehn Jahren. Seit dem ist die Uetersenerin fest als Trainerin bei der Firma gebucht.
„Mitzumachen ist leicht, weil wir einen klaren Nutzen davon haben", sagt HellermannTyton-Kommunikationsmanager James Hill, der selbst das Rückentrainingsangebot wahrnimmt. „Ein gesunder Körper fördert bekanntlich einen gesunden Geist. Daher bietet die HellermannTyton GmbH seit einigen Jahren ihren Mitarbeitern die arbeitsbezogene Rückenschule an", sagt er. Wöchentlich, nach der Arbeit, treffen sich freiwillig Mitarbeiter für das Rückentraining in der Firma. Mit den gymnastischen Übungen, so Hill, werde eine positive Änderung des Sitz- und Bewegungsverhaltens im Berufsleben ermöglicht. Die Folge: Eine deutliche Verbesserung des Betriebsklimas und eine Abnahme der Krankschreibungen.
„Unsere Mitarbeiter sind noch motivierter und zufriedener. Weil wir sie ernst nehmen und Wert auf ihre Gesundheit legen. Wir wollen den Menschen ein attraktives Arbeitsumfeld bieten und die Rückenschule ist ein Teil dieses Angebots", sagt Hill. Es sei ein gesundes Geben und Nehmen, das die Firma fördere. HellermannTyton übernimmt die Kosten für die Rückenschule, Claudia Benvenuto kann sich über einen festen Kunden freuen und das Tornescher Unternehmen bekommt im Gegenzug gesunde, produktive und zufriedene Mitarbeiter zurück. „Ich finde, das kann sich sehen lassen", sagt der Kommunikationsmanager.
HellermannTyton erwägt derzeit, das Angebot sogar auszubauen. „Mit dem Torneum, das hier gegenüber gerade gebaut wird, ergeben sich für uns neue Möglichkeiten. Wir überlegen, dorthin mit der Rückenschule umzuziehen", sagt der 41-Jährige. Dann werde auch die Zahl der Mitarbeiter, die an den Kursen teilnehmen könnten, wachsen. „Viele sind schon in den Startlöchern und wollen das Angebot wahrnehmen", sagt Benvenuto. Natürlich, so Hill, würden damit die Kosten für das Unternehmen steigen. Doch das sei billiger und besser, als ein potenziell chronisch kranker Mitarbeiterstab.
Im Kreis Pinneberg gibt es seit einigen Jahren vermehrt Kooperationen zwischen Unternehmen und Sportvereinen oder Einzeltrainern, um die Rückenfitness von Mitarbeitern zu fördern. Bereits seit 2009 bieten die VR Bank Pinneberg und der VfL Pinneberg regelmäßig Bewegungsangebote im Rahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung für Mitarbeiter an.
Laut Horst Alsmöller, Vorstandsmitglied der VR Bank, schätzen es die Mitarbeiter, wenn der Arbeitgeber sie in der Gesundheitsfürsorge unterstützt. Heidi Hammerschmitt-Klatt, Sportreferentin beim VfL Pinneberg, hat daher ein Firmenfitness-Konzept für die Bankmitarbeiter entwickelt.
Der VfL Pinneberg als Bewegungspartner unterstütze gern die Firmen vor Ort, so Hammerschmitt-Klatt. Niedrigschwellige Angebote, die Spaß machen und den Körper fordern, trügen dazu bei, dass die Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter steigt und das Betriebsklima sich verbessert. Motivierte Mitarbeiter machten weniger Fehler und seien psychisch stabiler. Die positive Folge: Die Anzahl der Fehltage bei der VR-Bank ist spürbar gesunken.