KfW-40-Vorgabe im Bebauungsplan der Gemeinde Halstenbek und Fernwärmezwang bewogen Bauwilligen zur Aufgabe. Andere Grundstückskäufer wollen Gemeinde für Vertragsbruch haftbar machen.
Halstenbek. Lothar K. und Tochter Mira, 2, stehen an der Halstenbeker Birkenallee. „Das am Rand wäre unser Grundstück gewesen“, sagt K. und zeigt auf eine der 21 abgesteckten Flächen des Neubaugebietes Fünf Linden. Kurz vor dem Notartermin hatte der Halstenbeker den Kauf der 520 Quadratmeter großen Fläche platzen lassen. Die Vorgaben der Gemeinde, ein Energiesparhaus nach KfW-40-Standard errichten und dieses an das Fernwärmenetz der Gemeindewerke anschließen zu müssen, haben ihn in die Flucht getrieben. „Das hat die Kosten explosionsartig in die Höhe getrieben, ich konnte nachts schon nicht mehr schlafen“, sagt K.
Schlaflose Nächte haben seit vergangener Woche auch diejenigen, die anders als K. den Notartermin nicht abgesagt haben. Mitte der Woche teilten die Gemeindewerke den 14 bisherigen Käufern im Neubaugebiet schriftlich mit, dass sie trotz ihrer vertraglichen Verpflichtung das geplante Blockheizkraftwerk zur Versorgung der Neubauten mit Fernwärme nicht errichten werden.
Man habe erst spät gemerkt, dass sich die Anlage für die Gemeindewerke nicht rechne und sie zudem die Bauherren langfristig vor Probleme stellen könne, was die Erreichung des KfW-40-Standards angeht. Ein KfW-Effizienzhaus 40 benötigt 60 Prozent weniger Primärenergie im Jahr als ein vergleichbarer Neubau. Der geringe Energieverbrauch verlangt einen umfassenden Wärmeschutz, auch Dach und Bodenplatte müssen gedämmt sein. Nun müssen in Halstenbek die meisten Bauwilligen ihre Hausplanungen komplett überdenken – und sie müssen selber eine Lösung finden, mit welcher Heizungsart sie die strengen Energiesparvorgaben erreichen können. Einige Betroffene haben angekündigt, die Gemeinde beziehungsweise die Gemeindewerke für diesen Vertragsbruch in Regress nehmen zu wollen.
„Ich kann nur hoffen, dass es vielen gelingt“, sagt K. Er hat ebenfalls Geld in den Sand gesetzt, was den in letzter Sekunde abgesagten Grundstückskauf angeht. Für Bodengutachten und Anwaltskosten gingen knapp 3000 Euro drauf. „Letztlich bin ich natürlich froh, dass ich da ausgestiegen bin“, sagt er. Er hat einen dicken Hals, was das Verhalten der Halstenbeker Politiker angeht.
„Schon die Vergabe des Gesamtareals für einen Bruchteil des späteren Verkaufspreises war fragwürdig“, sagt K. Er hat ausgerechnet, dass die Baugesellschaft Manke 90 Euro pro Quadratmeter an die Gemeinde gezahlt hat. Nach der Erschließung habe sie die Fläche für 350 Euro pro Quadratmeter angeboten. „Hinzu kommt, dass nicht einmal die Halstenbeker Familien mit Kindern zuerst berücksichtigt wurden, was die Grundstücksvergabe angeht. Nachbargemeinden wie Rellingen oder Ellerbek machen das anders.“
Doch die bitterste Pille war aus seiner Sicht das KfW-40-Diktat. „Alle Bauträger, die mit mir seriös verhandelt haben, haben sich über die Vorgabe gewundert und vor einem Bau in KfW-40-Standard gewarnt“, sagt K. Die Folge seien erhebliche Zusatzkosten und Unwägbarkeiten in der Zukunft, weil nur ein extrem luftdichtes Haus diese Vorgaben erfülle.
„Es geht aber gerade nicht darum, ein extrem luftdichtes Haus zu haben, nur damit man die Vorgaben erfüllt, sondern sein Verhalten so anzupassen, dass man energieeffizient handelt“, sagt der Halstenbeker. Nach seiner Ansicht wäre ein KfW-70-Standard völlig ausreichend. K. ist Stammgast im Bauausschuss und hat dort auf die – aus seiner Sicht bestehenden – Missstände hingewiesen. „Es wird nur die ökologische Komponente gesehen, die wirtschaftliche und die soziale Komponente werden außer Acht gelassen. Die gehören aber auch zu einer nachhaltigen Entwicklung.“
Durchgedrungen ist er bei den Politikern nicht – aufgeben will er aber auch nicht. Und auch die Suche nach einem Haus beziehungsweise Baugrundstück führt der Vater fort. „Wir möchten in Halstenbek bleiben, auch wenn ich den Eindruck habe, dass sich dort nur die Oberschicht etwas leisten kann.“ K. sucht jetzt Gleichgesinnte, die ebenfalls in Halstenbek bauen wollen. Über eine Bauherrengemeinschaft könne man in Eigenregie ein Grundstück erwerben und kostengünstiger bauen.