Die Wartelisten bei der Awo-Schuldnerberatung werden immer länger und Fälle immer komplexer. Junge alleinstehende Männer leben besonders häufig über ihre Verhältnisse.
Elmshorn. Alle 20 Sekunden ergeht in Deutschland ein Pfändungsbeschluss. Alle 30 Sekunden wird eine eidesstattliche Erklärung angefordert. „Mehr als 10.500 Menschen sind allein im Kreis Pinneberg überschuldet“, sagt Michael Danker, Leiter der Awo-Schuldnerberatungen im Kreis. Die meisten schaffen es ohne fremde Hilfe nicht mehr aus den Schulden. 5118 Anfragen bearbeitete das Expertenteam im vergangenen Jahr in den Beratungsstellen in Elmshorn, Schenefeld, Pinneberg und Wedel, darunter 1570 Intensivberatungsfälle, 431 Insolvenzberatungen und 1139 allgemeine soziale Schuldnerberatungen. Diesen Ansturm können die 4,6 Beratungs- und 1,8 Verwaltungskräfte kaum noch bewältigen. Sie müssen auf Wartelisten und sogenannte Basisberatungen ausweichen.
„Dabei werden die Fälle, die wir bearbeiten, immer komplexer“, sagt Mitarbeiterin Tina Rehder. Psychische Belastungen der Ratsuchenden treten immer öfter auf, entsprechend nimmt die Dauer der Betreuung im Einzelfall zu. Jeder fünfte Schuldner kommt mittlerweile mit einem Betreuer.
Den größten Anteil an Ratsuchenden (39 Prozent) machen alleinstehende Männer ohne Kinder aus. Sie würden häufig zu lange warten, bis sie sich Hilfe suchten. „Meistens sind es dann ihre Mütter oder Schwestern, die in seinem Namen mit uns Kontakt aufnehmen“, sagt Rehder. Gerade die jüngeren zwischen 20 und 30 Jahren würden häufig über ihre Verhältnisse leben. Daneben würden häufig auch Rentner die Beratungsbüros aufsuchen müssen.
„Für uns ist es schwieriger, jemandem mit geringem Einkommen zu helfen, der mit 3000 Euro verschuldet ist, als jemandem, der mit einer halben Million in die Insolvenz geht“, sagt Rehder. Der Insolvenzantrag sei schnell ausgefüllt, doch bei 3000 Euro Schulden, müssten viele Einigungen erzielt werden. Die Erfolgsbilanz bei außergerichtlichen Einigungsversuchen hat zwar zugenommen. Nur mit Stromanbietern sei das selten der Fall, so Danker. „Im Jahr 2013 wurden mehr als fünf Millionen Stromsperren in Deutschland angedroht und in 322.000 Haushalten der Strom abgeschaltet, weil Rechnungen nicht bezahlt wurden.“ Bei den Stadtwerken Elmshorn bemühe man sich aber immer um eine Lösung.
Zur bundesweiten Aktionswoche zum Thema „Energieschulden – Energiesperren“ beraten die Experten im Kreis am Dienstag, 24. Juni, von 9 bis 12 Uhr unter 04103/1808320 und Mittwoch, 25. Juni, 18 bis 19 Uhr unter 04121/897939.