Bei Diskussionsveranstaltungen zum Thema zeigt sich, dass großte Teile der Bevölkerung in Schleswig-Holstein, die umstrittene Frackingmethode ablehnen. Grund ist vor allem die Sorge um das Grundwasser.
Barmstedt. Dieses Thema bewegt die Menschen. Seit bekannt wurde, dass mehrere ausländische Firmen sieben Gebiete in Schleswig-Holstein ausgemacht haben, in denen sie nach Erdgas und Erdöl suchen dürfen, regt sich Widerstand im Land. Vor allem im Kreis Pinneberg, der fast vollständig in zwei Suchräume aufgeteilt ist.
Mehrere Gemeinderäte und der Kreistag haben Protestnoten verfasst, in denen sie sich deutlich gegen das Fracking aussprechen. Die Menschen sorgen sich um ihr Trinkwasser, wenn hochgiftige Chemikalien ins Erdreich gepumpt werden sollten, um Schiefergas aus dem unterirdischen Gestein herauszupressen. „Wenn ich sehe, was auf uns zukommt, wird mir angst und bange um unser Trinkwasser“, leitete Barmstedts Bürgervorsteher Christian Kahns, FWB, am Dienstagabend eine Informationsveranstaltung zum Fracking ein, zu der etwa 60 Bürger kamen.
Als Referenten hatte Kahns zwei Wissenschaftler aus dem Kieler Umweltministerium eingeladen. „Das ist heute unsere 15. Veranstaltung zu dem Thema“, sagte Andreas Wasielewski, stellvertretender Abteilungsleiter für Energie und Ressourcenschutz im Landesministerium. Oft seien die Säle voll, wenn er mit seinem Kollegen Olaf Nalenz versuche, die Gemüter zu beruhigen – wie im März im Elmshorner Kreishaus oder vergangene Woche in Westerhorn, wo mit 200 Menschen das halbe Dorf aufmarschiert war.
Die Fronten sind klar: Das Umweltministerium steht hinter dem Protest der Menschen, wie Wasielewski deutlich machte. „Die Landesregierung setzt sich für ein bundesweites Fracking-Verbot ein.“ Allein die Rechtslage lässt Firmen Möglichkeiten offen, die im Erdreich schlummernden Energieressourcen ausbeuten zu können.
Die Krux ist das Bergbaurecht, nach dem nun der kanadischen Firma PRD Energy bis 2018 erlaubt wurde, geologische Daten auszuwerten und seismische Messungen vorzunehmen. Das zuständige Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) in Niedersachsen habe nicht anders entscheiden können, betonte Wasielewski. Das bedeute aber nicht, dass die Firma tatsächlich bohren dürfe, um mögliche Schiefergasvorkommen auszubeuten. Zunächst müsste sie einen zweiten Antrag auf Betriebserlaubnis stellen.
Das Land will dies durch eine Dreifachstrategie verhindern. So soll im Landesentwicklungsplan das Fracking im umwelttoxischen Verfahren verboten werden, was Genehmigungsverfahren erheblich verzögern könnte. Sollte das nicht reichen, wolle die Landesregierung jeden Antrag ablehnen mit der Begründung, dass das Grundwasser gefährdet sei. Parallel dazu mache Schleswig-Holstein Druck im Bundesrat, um ein bundesweites Frackingverbot durchzusetzen.
Ob diese Abwehrstrategie hält, müsste notfalls vor Gericht geklärt werden, so der Ministeriumsvertreter. Zurzeit stehe Schleswig-Holstein ziemlich allein da mit seiner strikten Anti-Fracking-Haltung. „Es wird einen langen Atem brauchen, um ein bundesweites Verbot durchzusetzen“, glaubt Wasielewski. Im Bergbaurecht fehlten ökologische Gesichtspunkte, stellte sein Kollege Nalenz dar. Anders als bei jedem Straßenbauvorhaben sei keine Umweltverträglichkeitsprüfung oder Bürgerbeteiligung vorgeschrieben. Die Firmen müssten nicht einmal sicherstellen, dass die Schwermetalle, die sie mit ihrem „hochkomplexen Chemie-Cocktail“ zu Tage förderten, abgeschieden werden. Auch die Entsorgung der mit giftigen Chemikalien durchsetzten vielen Hunderten von Millionen Liter Wasser würde ihnen nach heutigen Umweltmaßstäben nicht abverlangt.
„Ist das Bergbauamt eine Behörde oder nur die Außenstelle der US-Wirtschaft“, fragte ein Zuhörer süffisant. Es sei eine Landesbehörde, die sich aber nach den mehr als 100 Jahre geltenden Gesetzen richten müsse, gab Wasielewski selbst etwas ratlos zurück