WEP darf zwar wieder Grundstücke kaufen. Aber der Kreistag kappt das Budget um die Hälfte und koppelt den Geldfluss an strengere Auflagen. IHK befürchtet Stillstand und Abwanderung.
Kreis Pinneberg. Zehn Jahre lang durfte die Wirtschaftsförderungsgesellschaft WEP des Kreises Pinneberg keine Grundstücke mehr kaufen. Jetzt, da nur noch 15 von ehemals 65 Hektar freien Flächen vorhanden sind, soll ihr das Instrument einer Bodenbevorratung wieder erlaubt werden. Doch die schwarzgrüne Mehrheit im Kreistag legt der WEP dabei so starke Fesseln an, dass Politiker und Wirtschaftsvertreter erhebliche Zweifel an der Umsetzung dieser Strategie anmelden und sogar die Überlebensfähigkeit der WEP infrage stellen. So darf die WEP sich nur an Projekten beteiligen, die mehrheitlich von den Kommunen finanziert und von den Kreisgremien abgesegnet werden.
Zugleich wird das Kreisbudget auf 100.000 Euro im Jahr halbiert. „Dann kann der Kreis den Laden auch dichtmachen“, sagt der Chef einer anderen Wirtschaftsförderungsgesellschaft zu dieser Wirtschaftsförderung auf Sparflamme. „Eine vernünftige Wirtschaftsförderung mit Standortmarketing, Beratung von Existenzgründern und Kommunen und Netzwerkpflege ist mit 100.000 Euro nicht zu machen.“
Auch die Elmshorner Filiale der Industrie- und Handelskammer (IHK) riet dem Kreis, angesichts der Flächenknappheit der WEP wieder mehr Handlungsspielraum zu gewähren. „Gewerbeflächen zu entwickeln und zu bevorraten, ist entscheidend für die wirtschaftliche Zukunft des Kreises“, so Elmshorns IHK-Chef Paul Raab. Es stehe zu befürchten, dass der Kreis Pinneberg für neue Unternehmen unattraktiv werde und Bestandsunternehmen, die Erweiterungsflächen brauchen, abwanderte – fatal für die Steuereinnahmen und das Angebot an Arbeitsplätzen.
Auch die Forderung, dass bei allen Projekten die beteiligten Kommunen mindestens 50,1 Prozent der finanziellen Lasten zu tragen haben, sei „höchst bedenklich“, weil es das Risiko auf die Gemeinden verlagere und die WEP ihre Koordinierungsfunktion verlöre. Raab: „Es besteht die Gefahr, dass die WEP für Entwicklungsmaßnahmen kaum oder überhaupt nicht herangezogen wird.“
Für „bedenklich“ hält es die IHK zudem, dass das beschlossene Strategiepapier die WEP-Geschäftsführung verpflichtet, jedes Grundstücksgeschäft und jede Existenzgründerberatung zuvor vom Wirtschaftsausschuss des Kreistages genehmigen zu lassen. Das würde unternehmerisches Handeln unmöglich machen, sagen die Wirtschaftsexperten, weil keine schnellen Entscheidungen mehr möglich wären. Bis die Gremien getagt hätten, wäre der Käufer längst abgesprungen. Als Kontrollgremium reiche der Aufsichtsrat der WEP völlig aus, rät die IHK dem Kreis. Dieses Gremium berät am kommenden Montag, 26. Mai, über die künftige Strategie der WEP.
Die SPD versuchte im Kreistag den Handlungsspielraum der WEP im Sinne der IHK-Ratschläge zu vergrößern. So sollten Ausnahmen erlaubt sein, indem die überwiegenden Lasten einer Grundstücksvermarktung beim Kreis verblieben. Das jährliche Budget sollte weiterhin 200.000 Euro betragen. „Ansonsten ist das das Ende von Wirtschaftsförderung im Kreis Pinneberg“, warnte SPD-Fraktionschef Hannes Birke .
So hat die WEP 2012 bei einem Kreiszuschuss von 200.000 Euro knapp 300.000 Euro Fördergeld von EU, Land und privater Seite eingeworben. Da diese Drittmittel immer mitfinanziert werden müssen, werden auch sie sich künftig halbieren, so die Befürchtung. Der WEP fehlt also auf einen Schlag eine Viertelmillion Euro im Jahresetat.
Zudem würden CDU und Grüne mit ihren Auflagen das Geschäft der WEP unnötig erschweren, so Birke. Die Idee, die Kommunen ins Boot der Kreis-Wirtschaftsförderung zu holen, sei bereits vor Jahren gescheitert. Das zeige allein schon die Tatsache, dass der Kreis mit nur noch 60 Hektar Gewerbefläche heute „Schlusslicht“ im Hamburger Umland sei. Auch FDP und KWGP teilten diese Bedenken. „Wir brauchen eine WEP, die handlungsfähig ist“, sagte FDP-Fraktionschef Klaus G. Bremer. Und Burghard Schalhorn, KWGP, sagte: „Wirtschaft ist ein scheues Reh. Wenn wir die Basisfinanzierung auf 100.000 Euro begrenzen, beschließen wir die Insolvenz der WEP gleich mit.“
Doch Schwarz-Grün schmetterte den SPD-Antrag ab. „Wir wollen verhindern, dass die WEP an den Kommunen vorbei Grundstücke kauft. Die Kommunen müssen die Planungshoheit behalten“, verteidigte Helmuth Ahrens, CDU, das Mehrheitskonzept. Wenn die WEP mit den 100.000 Euro nicht auskomme, müsse sie sich Partner suchen. Grünen-Fraktionschef Thomas Giese, der wie Birke dem Aufsichtsrat der WEP angehört, sagte: „Die WEP hat bislang Projekte alleine entwickelt. Das ist nicht in Ordnung.“ Sie diene dem Kreis und der müsse jederzeit die Entscheidungsgewalt behalten. Rückendeckung erhielt diese Mehrheitsmeinung von Landrat Oliver Stolz, der der WEP-Gesellschafterversammlung vorsteht.
Andernorts wird der Wirtschaftsförderung ein größeres Gewicht beigemessen. Norderstedt bezuschusst seine Entwicklungsgesellschaft EgNo jährlich mit 360.000 Euro, der Kreis Segeberg, ehemaliger WEP-Mitgesellschafter, gewährt seiner WKS eine halbe Million Euro Förderung im Jahr. Pascal Ledune, der sogar 26 Mitarbeiter bei der Wirtschaftsförderungsgesellschaft des Kreises Rendsburg-Eckernförde beschäftigt, und ein Vielfaches des WEP-Budgets zur Verfügung hat, sagt: „Mit Standort-Marketing verdient man kein Geld. Aber über die Steuereinnahmen fließt das Geld an den Kreis und die Kommunen zurück.“ 2012, so der jüngste Geschäftsbericht, konnten mit Hilfe der WEP 300 Arbeitsplätze im Kreis Pinneberg gehalten oder neu geschaffen und zehn Millionen Euro Unternehmensinvestitionen ausgelöst werden.
WEP-Chef Harald G. Schroers will sich an dieser Diskussion nicht beteiligen. Er sagt nur: „Ich bin Geschäftsführer und führe die Beschlüsse meiner Gesellschafter aus.“ Dies ist neben dem Mehrheitsgesellschafter Kreis die Sparkasse Südholstein, die knapp zehn Prozent der Anteile hält.