Mit einem Genossenschaftsmodell soll ein Ort geschaffen werden, an dem Bürger nicht nur kleine Besorgungen erledigen können. Auch für Kultur soll hier Platz sein. Neu-Hetlinger stellt Anbau an seinem Haus zur Verfügung.
Hetlingen. Der Tante Emma-Laden ist tot. Lang lebe der Tante Emma-Laden! Klingt absurd, ist es aber nicht. Denn in Hetlingen ist genau das passiert: Nachdem die letzten kleinen Krämerläden im Ort aus wirtschaftlichen Gründen vor mehreren Jahren dicht gemacht haben, haben die Hetlinger die kleinen Läden prompt vermisst. Mal eben noch ein wenig Mehl und Zucker kaufen, dabei einen kleinen Plausch über das Dorfleben führen, das war einmal. Wie heißt es so schön: Man weiß erst dann, was man schönes hatte, wenn man es nicht mehr hat. Daher will nun eine Gruppe von Bürgern das Rad der Geschichte zurückdrehen und einen neuen alten Tante Emma-Laden gründen.
Vor knapp zwei Jahren haben sich Bürger dazu durchgerungen, einen kleinen Dorfladen zu gründen, der mehr als nur ein kleines Geschäft sein soll. Der neue Laden sollte auch ein Ort für Begegnungen werden, so der Gedanke der Gruppe um Jan Prange, Robert Wieber und Corinna Lauritzen. Doch die Idee kam nie so richtig voran, weil einfach das passende Grundstück fehlte und die Finanzmittel auch knapp waren.
Manchmal braucht ein Projekt auch einfach Glück, damit es klappt. Im Fall der Hetlinger hat das Glück einen Namen. Rustan Mizani. Der 38-Jährige ist vor sechs Monaten mit seiner Familie von Hamburg nach Hetlingen gezogen. Er kaufte das Haus, in dem früher nachheinander die Post, die Schatzkiste und ein Friseur waren. Seit geraumer Zeit stand das Gebäude leer. Mizani kaufte das Haus und begann mit Renovierungsarbeiten.
„Ich hatte das Haus ohne konkrete Vorstellungen für die zugehörige Ladenfläche gekauft. Durch Zufall hörte ich dann von dem Dorfladen-Projekt und dass es zu scheitern drohte, weil die keinen Raum dafür fanden“, sagt der Neu-Hetlinger. Das Projekt war ihm sofort sympathisch, und da er in Berlin einst etwas ähnliches auf die Beine gestellt hatte, wusste er, wie wichtig solche Identitätsstiftenden und sozialen Projekte sein können. „Meine Frau und ich hatten uns gesagt, es wäre doch schade, wenn so ein Projekt an einer solchen Banalität scheitert“, sagt Mizani. Prompt ging er auf die Hetlinger zu und stellte ihnen den Ladenanbau an seinem Haus für den geplanten Dorfladen zur Verfügung.
Die Offenheit Mizanis kam bei den Hetlingern gut an und schnell wurde an den Plänen für das Projekt weitergefeilt. Die große Hürde, so ist sich die inzwischen elfköpfige Planergruppe sicher, sie ist mit dem gefundenen Ladenareal genommen. Nun geht es darum, das Projekt mit Leben zu füllen. Geplant ist kein klassischer Tante Emma-Laden, der nur Waren verkauft. Nein, das ganze soll mehr sein, nämlich auch ein Treffpunkt für alle in der Gemeinde.
In dem „Marschtreff“, so der Name für das Projekt, soll es keine frischen Brötchen, Obst und Gemüse geben, denn dann würde der Laden in Konkurrenz zu anderen Geschäften im Ort stehen und damit eventuell zum Feindbild im Ort. Belegte Brötchen, Kaffee und Kuchen, das sei aber möglich. Und alles, was mal so eben noch zum Kochen und Backen gebraucht wird, was es aber sonst nur im entlegenen Supermarkt gibt. Auch Schulausrüstung, ein Fahrradverleih und Getränke sind im Gespräch.
Es gehe bei dem Projekt auch darum, eine gewisse Idylle zu schaffen und einen Anlaufpunkt für andere Aktionen im Ort. Da der Laden ehrenamtlich betrieben werden soll und an drei Tagen in der Woche zu jenen Zeiten, die die Bürger auch für sinnvoll ansehen, gebe es genügend Zeit, die etwa für Nähgruppen, Lesungen und anderes genutzt werden könnte.