Die Stadt Pinneberg und die im Rat vertretenden politischen Parteien wollen nicht auf das defizitäre Pinneberger Hallenbad verzichten, obwohl die Kreisstadt auf eine Rekordverschuldung zusteuert.
Pinneberg. Die Stadt Pinneberg und die im Rat vertretenden politischen Parteien wollen nicht auf das defizitäre Pinneberger Hallenbad verzichten, obwohl die Kreisstadt auf eine Rekordverschuldung zusteuert. Das hat eine Umfrage des Hamburger Abendblattes ergeben. Zwar ist in einer sogenannten Giftliste, die Vorschläge zur Verbesserung der städtischen Finanzsituation enthält, auch die Schließung des Schwimmbades als eine Streichungsoption erwähnt. Aber weder Bürgermeisterin Urte Steinberg (parteilos) noch die Vertreter von CDU, SPD, Grünen und Unabhängigen, den Bürgernahen und der FDP wollen, dass das Bad an der Burmeisterallee geschlossen wird.
„Das Schwimmbad gehört zur Grundversorgung Pinnebergs“, sagte Urte Steinberg. „Jedes Mittelzentrum in Deutschland braucht ein Schwimmbad. Dazu gehört auch unsere 42.000 Einwohner zählende Stadt Pinneberg.“ Dass das Pinneberger Schwimmbad zur „Grundversorgung“ gehört, sagten im Gespräch mit dem Abendblatt auch die Vertreter aller Pinneberger Parteien.
Die Verwaltung Pinnebergs hat im Ratsinformationssystem der Stadt die „Vorschläge zur Verbesserung der städtischen Finanzsituation“ online veröffentlicht. Nachzulesen sind sie in der Rubrik Ausschüsse. Dort sind auf der Position Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft und Finanzen unter Punkt 4.4 in der Anlage DS 15_2014 die „Vorschläge zur Verbesserung der städtischen Finanzsituation“ gelistet. Das Schwimmbad erwirtschaftet derzeit ein Minus von 1,2 Millionen Euro pro Jahr. Wenn die Stadt das Bad schlösse, würde sie unterm Strich 800.000 Euro netto mehr im Haushalt haben.
Diese Summe wäre ein Beitrag zur Entschuldung der hilflos überschuldeten Kreisstadt. Am Donnerstag hatte der Pinneberger Rat – gegen die Stimmen der Grünen und Unabhängigen – den Stadthaushalt für das Jahr 2014 verabschiedet. Demnach verbucht Pinneberg in diesem Jahr einen Jahresfehlbetrag von 3,6 Millionen Euro auf. Für 2,3 Millionen Euro nimmt die Kreisstadt Kredite für Investitionen auf. Die Gesamtschulden der Stadt an der Pinnau steigen damit auf 121,7 Millionen Euro. Doch das wird nicht das Ende der Fahnenstange sein: Bis 2017 könnten die Schulden laut der mittelfristigen Finanzplanung auf 182,2 Millionen Euro steigen – in dieser Kostenexplosion sind auch 34,5 Millionen Euro für die geplanten Sanierungen der Pinneberger Schulgebäude enthalten.
Große Sprünge kann Pinneberg derweil nicht machen. Die Stadt hat sich unter den finanzpolitischen Rettungsschirm des Landes Schleswig-Holstein begeben. 2013 musste Kämmerer Michael Artus auf Geheiß des Innenministeriums Investitionskredite von 5,83 Millionen Euro um 883.000 Euro auf fünf Millionen Euro kürzen.
Nun stellt sich die Frage, wo Pinneberg in diesem Jahr kürzen muss. Die „Giftliste“ enthält einige interessante Vorschläge, die von den Politikern der Stadt bislang noch nicht in den Ausschüssen debattiert worden sind. So könnte die Grundsteuer B erhöht werden und der Stadt Mehreinnahmen von 483.000 Euro bescheren. Im Gespräch ist auch, die Gewinnrücklagen der Stadtwerke zu reduzieren und eine „deutliche Erhöhung der Gewinnausschüttung durch die Stadtwerke“ um netto 700.000 Euro zu erzielen – ein Vorschlag, der bei Stadtwerke-Chef Henning Fuchs für ein wenig Erstaunen sorgt: „Eine Gewinnerhöhung kann man nicht anordnen“, sagte Fuchs im Gespräch mit dem Abendblatt. „Wir haben 2,5 Millionen Euro an den Stadthaushalt weitergegeben und in den vergangenen Jahren Gewinnrücklagen zwischen 500.000 Euro und einer Million Euro gebildet.“
Ein Großteil der Kräfte in der Stadt, auch Bürgermeisterin Steinberg, will die Westumgehung bauen und das Gewerbegebiet Müssentwiete entwickeln. Der Verkauf der städtischen Grundstücke soll der Stadt 6,8 Millionen Euro einbringen. Und wenn das Gewerbe angesiedelt sein wird, sollen jährlich 400.000 Euro in die Stadtkasse sprudeln.
Es bleibt die Frage, ob sich die Stadt an andere „heilige Kühe“ herantraut: So ist in der „Giftliste“ die Verlagerung des Kleingartens Hasenmoor neben den Westring und die Entwicklung eines Gewerbegebietes im Hasenmoor im Gespräch – der Verkauf des Grundstücks könnte zwei Millionen Euro bringen. Auch das Gewerbegebiet Rehmenfeld könnte entwickelt werden, der Verkauf sechs Millionen Euro bringen und jährliche Einnahmen von 175.000 Euro fließen.
Die „Giftliste umfasst 24 Punkte. Demnach sollen auch Schulstandorte „überprüft“ werden– ebenso wie der der Verkauf oder die Verpachtung von Sportanlagen an die Vereine. Auch Zuschüsse an Kitas, Schulen, Sport und Kultur könnten reduziert werden.
Pinneberg, sagt Bürgermeisterin Steinberg, leide unter einem strukturellen Defizit. „Wir haben ein Einnahmeproblem und sind deshalb gehalten zu sparen und gleichzeitig neue Einnahmen zu generieren. Wir müssen Pinneberg nachhaltig auf gesunde Füße stellen. Eigentlich können wir uns das Schwimmbad nicht leisten.“