Stadtverwaltung informiert über die geplante Notunterkunft für Asylbewerber am Ansgariusweg. Obwohl es die größte ihrer Art in Wedel ist, diskutieren Anwohner fast nur, wie sie den Flüchtlingen helfen können.
Wedel. Es geht eben doch anders und die Wedeler machen vor wie. Andernorts sorgen die benötigen neuen Asylunterkünfte für Flüchtlinge für Probleme. Dagegen präsentieren sich die Wedeler außergewöhnlich offen für die neuen Nachbarn. Das zeigte sich besonders am Mittwoch. Etwa 100 Interessierte waren zur einer Informationsveranstaltung ins Rathaus gekommen. Das Thema: der Bau einer Notunterkunft am Ansgariusweg, Ecke Blöcktwiete. Die Stadtverwaltung stellte die Pläne kurz vor. Es wurden Fragen gestellt, einige Bedenken geäußert und dann konstruktiv darüber diskutiert, wie man die Neu-Wedeler am besten integriert und einige boten gleich ihre Hilfe an. Dabei ging es an diesem Abend immerhin um die Schaffung der größten Notunterkunft der Stadt.
Auf dem Grundstück am Ansgariusweg soll mit Hilfe von zwei Wohncontainern dringend benötigter Raum für etwa 40 Flüchtlingsfamilien geschaffen werden. Hinzukommen die bereits vorhandenen Wohnungen, die Platz für 16 Hilfesuchende bieten. Das Grundstück wird für die Südumfahrung freigehalten und war deshalb sofort verfügbar. Denn es muss schnell gehen. Wedel gehen aufgrund der steigenden Asylbewerberzahlen die Notunterkünfte aus. Die jetzt geplanten Wohncontainer sollen den geschätzten Bedarf abdecken und spätestens zum Herbst bezugsfertig sein.
„Die Container sind keine Dauerlösung“, erklärte Bürgermeister Niels Schmidt. Man wolle so Zeit gewinnen, um Standorte für die Errichtung von festen Gebäuden zu suchen. Wie lange das dauern kann, vermochte er nicht zu sagen. Derzeit geht die Stadtverwaltung davon aus, dass die Wohncontainer fünf bis zehn Jahren lang am Ansgariusweg stehen werden.
„Ich habe überhaupt nichts gegen diese Unterkünfte“, meldete sich Walter Zimmer als erstes zu Wort. Er und seine Frau wohnen in der Blöcktwiete. Zimmer berichtete, dass vor mehr als 20 Jahren vor allem Deutschrussen die Notunterkünfte im Ansgariusweg bezogen. „Mit ihnen haben wir Freundschaften geschlossen, die bis heute halten“, so Zimmer, der sich für die Zukunft aber einen Ansprechpartner in der Verwaltung wünschte, falls es zu Problemen käme. Außerdem mahnte er an, dass es nicht ausreiche die Flüchtlinge unterzubringen.
„Wir richten nicht nur die Wohnungen ein und dann war es das. Wir werden die Familien auch später betreuend begleiten“, versprach Schmidt. Er machte aber deutlich, dass die Verwaltung angesichts der wachsenden Zahl das nicht allein leisten könne und warb um ehrenamtliche Helfer. Eine, die das bereits macht, ist Barbara Kautz. „Gehen Sie auf diese Menschen zu. Sie bekommen soviel zurück“, appellierte sie an die Versammelten am Mittwoch. Kautz weiß, wovon sie spricht. Die Wedelerin ist als „Omamama Barbara“ Teil einer afghanischen Flüchtlingsfamilie geworden. Zufällig.
Vor knapp einem Jahr kam die sechsköpfige Familie auf Umwegen nach Deutschland. Sie sprechen eine andere Sprache, schreiben von rechts nach links, leben nach einer anderen Zeitrechnung – und haben einiges durchgemacht, um aus ihrer Heimat zu fliehen. So viel hat Kautz in den vergangenen Monaten verstanden. Denn die Verständigung ist nicht leicht, aber sie wird besser. Anfangs half die ehemalige Kindergartenleiterin, die auch als Lehrerin arbeitet, beruflich der Familie.
Als die Finanzierung wegbrach und das ihre Tätigkeit auslief, wollte sie sich bei der Familie verabschieden. Sie besuchte sie in ihrer städtischen Unterkunft. Die Familie bereitete Kautz einen enorm gastfreundschaftlichen Empfang auf ihren zugewiesenen knapp 30 Quadratmetern. „Ich saß auf dem Fußboden und mir wurde selbst gemachter Zitronentee serviert“, erinnert sich Kautz, die anschließend noch versuchte das allein für sie zubereitete Huhn ohne Besteck zu essen. „Das hat mich gerührt“, so Kautz.
Seitdem hilft sie den Flüchtlingen, geht mit ihnen zum Amt, holt die Kinder von der Kita ab, lernt mit ihnen die Sprache. Zwei bis dreimal die Woche ist „Omamama Barbara“, wie die Kinder sie nennen, da. Zum 36. Geburtstag der Mutter organisierte sie einen Ausflug in den Klövensteen. Die Kinder im Alter von fünf bis zwölf Jahren spazierten begeistert durch den Wald – Kautz vermutet, zum ersten Mal in ihrem Leben. Auch abends ist sie im Einsatz. Als zum Herbstjahrmarkt in Wedel das Feuerwerk entzündet wurde, fuhr sie sofort hin. Kautz wusste, dass die Familie, die bis heute aus gepackten Rucksäcken lebt, völlig verängstigt war. Mit Hilfe einer Zeichnung erklärte sie, dass es sich sich nicht um Gewehrschüsse oder Schlimmeres handelt.