Peter Schmidt, Vorstand der Hamburger Autorenvereinigung, fordert, Kulturpreis des Kreises Pinneberg nach Künstlern wie Rilke, Liliencron oder Fallersleben zu benennen. Nur so würden Preisträger überregional bekannt.
Kreis Pinneberg. Wenn man den Text zum Artikel „Zoff um den Kulturpreis“ in der Pinneberger Beilage zum Hamburger Abendblatt liest, scheint er dem Drehbuch von „Borgen“ (deutscher Titel „Gefährliche Seilschaften“), der erfolgreichen dänischen TV-Serie, entnommen. Man hat sofort die Nebenfigur Svend Åge Saltum, den Parteiführer der Freiheitspartei vor Augen. Bauerntheater pur. Nun, es war beim jährlichen Runden Tisch mit den Kulturschaffenden nicht so.
Ich erlebte eine kontroverse, aber sachliche Diskussion der Kulturschaffenden und auch einen eben solchen Auftritt der Politiker; wenigstens solange wir dabei waren. Es gab viele bedenkenswerte Einwürfe zur Amtszeit und Zusammensetzung der Jury. Man will mehr Transparenz und Durchlässigkeit schaffen und vor allem „gefährliche Seilschaften" mit Insiderabsprachen vermeiden. Deshalb sollte die Fortsetzung analog eines „Dinner for one" durchaus einmal unterbrochen und überdacht werden.
Das Problem der Preisträgerschaft ist weniger ein Wohnort außerhalb Pinnebergs oder eine Tätigkeit im Ausland. Mehr ist es der geringe Bekanntheitsgrad jenseits der Landkreisgrenzen, der Preisträgern dann kaum Renommee verschafft. Das wäre als Anerkennung noch bedeutsamer als das im nationalen Maßstab eher überschaubare Preisgeld.
Ich habe bei der Begründung von einigen Preisen (Hamburger Bürgerpreis, Hannelore Greve Literaturpreis, Walter Kempowski Literaturpreis) mitgewirkt. Bei der Etablierung ist die Medienresonanz, über die örtliche Wahrnehmung hinausgehend, eine wichtige Startvorgabe. Die erzielt man nicht nur mit dem Preisgeld, sondern auch mit prominenten Preisträgern. Erst danach kann man sich dem Unbekannten zuwenden, und dann profitieren weniger bekannte Künstler mehr, als wenn man in diese Richtung einen Frühstart hinlegt. Was macht man aber mit einem eingeführten Preis?
Mit einem Relaunch kann man ein neues Kapitel aufschlagen, deshalb habe ich eine andere Namensgebung mit dem mindestens national bekannten Namen einer historischen Künstlerfigur vorgeschlagen. Ernst Barlach wäre hier ein Maßstab, ist aber schon vergeben. Man schaue nur mal in die häufig ausgeblendete kulturelle Geschichte des kleinen Haseldorf. Was sich hier und auf dem dänischen Schloss Palsgaard Jahr für Jahr versammelte, besaß internationales Flair, sowohl der Dichterprinz und Neuromantiker Emil v. Schoenaich-Carolath wie seine beiden Schützlinge Rilke und Liliencron.
Als ich ab 1992 humanitäre Hilfe in St. Petersburg leistete, war der Hunger dort groß. Wenig erstaunlich, dass die Schule auf der Basilius-Insel, ehemals Zentrum der Deutschen im Zarenreich, Essen, Kleidung und Zeitungen gern entgegen nahm. Nach Jahrzehnten stalinistischer Unterdrückung war seit kurzem Deutschunterricht wieder möglich und der Hunger der Lehrer nach Gedichtbänden von Rainer Maria Rilke größer als nach dem Angebotene. Wir überraschten Deutschen haben beim nächsten Transport eilends nachgeliefert. Aber auch der Erbauer des Haseldorfer Herrenhauses Christian Frederick (C.F.) Hansen, war seinerzeit nicht nur der bedeutendste Architekt Dänemarks, Holsteins und Altonas, sondern der Europas. Oder wie wäre es mit dem Freiheitsdichter Hoffmann von Fallersleben, der den Text unserer Nationalhymne auf Helgoland schuf.
„Think big" – nur das kann jetzt der Maßstab sein, der dann auf die Preisträger abfärbt. Als ich 2003 im Vorfeld der Olympia-Entscheidung den Maler Rudi Kargus bei einer Ausstellung entdeckte und ihn für eine große Ausstellung im Hamburger Gastwerk gewann, war noch einige Überredungskunst nötig. Der Quickborner war einst ein Sportheld und wollte nicht als Dilettant in der Kunst wahrgenommen werden. Eine unbegründete Furcht. Es gab eine glanzvolle Ausstellung seiner Werke und große Berichte in den Medien.
Warum nicht einmal einen solchen Künstler als Preisträger, der den Ruf des Preises über die Landkreisgrenzen trägt? Name und Preisträger sind dann ein Aushängeschild für unseren Landkreis und das Geld eine gute Investition auch für die später Ausgezeichneten.