Es ist ein ungewöhnliches und im Kreis Pinneberg einzigartiges Kunstprojekt: In Wedel bildet das Barlach Museum in Zusammenarbeit mit vielen Partnern aus der Stadt Jugendliche zu Kunst-Botschaftern aus.
Wedel. Das gibt es so im Kreis Pinneberg kein zweites Mal. In Wedel haben sich Institutionen zusammengeschlossen, um den Jugendlichen aus der Stadt Kultur auf eine besondere Art und Weise näher zu bringen. Unter der Federführung des Ernst Barlach Museums bringen die starken Partner Kunst erst in die Schule, dann ins Jugendzentrum und wenn möglich auch in die Bahnhofstraße. In fünf Schritten werden dafür einige der Teilnehmer zu Kultur- und Medienexperten ausbildet, und am Ende des halbjährigen Projekts stellen sie sogar eine Ausstellung selbst auf die Beine. Doch damit ist nicht Schluss.
Die geschulten und zertifizierten Kunstbotschafter sollen ihr Wissen dann an die nachkommenden Generationen weitergeben und zum Beispiel Kinder durchs Museum führen.
„Das Projekt schafft in einer hohen Weise Nachhaltigkeit“, sagt Heike Stockhaus. Die Geschäftsführerin des Ernst Barlach Museums überzeugte mit dem Konzept nicht nur die drei Hauptpartner in Wedel (die Wedeler Fachhochschule, die Ernst Barlach Gemeinschaftsschule und das Kinder- und Jugendzentrum), sondern auch das Bundesministerium für Bildung und Forschung. Das genehmigte vor kurzem insgesamt 30.000 Euro aus dem Förderprogramm „Kultur macht stark“ für die Finanzierung der Aktion.
Das Ganze funktioniert so: Gesucht werden zwischen acht und 20 Jugendliche im Alter von 14 bis 18 Jahren, die sich zu Museumsbotschaftern ausbilden lassen wollen. Freiwillig, außerschulisch, kostenlos. In der ersten Phase von Februar an geht es ins Barlach Museum. Bei den wöchentlichen Treffen können die Jugendlichen hinter die Kulissen schauen.
Zudem lernen sie den in ihrer Stadt geborenen Künstler Barlach näher kennen und erfahren, warum seine Kunst auch 100 Jahre später noch so aktuell ist. Denn unter dem Motto „Haben oder Sein“ nähern sich die Jugendlichen Barlach-Werken wie „Der Bettler“ (1930), setzen sich mit Identitäts- und Konsumfragen auseinander. „Wer bin ich, mein Smartphone oder ich? Was zählt, meine Person oder das Markenlogo auf meiner Kleidung? Das sind genau die Themen, die Schüler auch beschäftigen“, sagt Stockhaus.
Vom Museumsalltag geht es im nächsten Schritt für die Teilnehmer an die Wedeler Fachhochschule. Hier lernen sie unter fachmännischer Anleitung den Umgang mit Medien. Sie erstellen eine eigene Website, erfahren, wie sie Facebook und Co. für Werbezwecke nutzen können. Anschließend können die Jugendlichen selbst entscheiden, wie sie weiter arbeiten wollen, ob im IT-Bereich oder im Kunst-Sektor. Zudem holen die Organisatoren zu diesem Zeitpunkt mehr Teilnehmer ins Boot. In bis zu sechs Workshops, die noch terminiert werden, können Wedeler Jugendliche Kunstfotografie, Videoarbeit und Graffitikunst erlenen.
Die dabei geschaffenen Werke sollen im Juni in leeren Räumen möglichst an der Wedeler Bahnhofstraße ausgestellt werden. Den Platz suchen sich die Kulturmanager in spe selbst aus, die Werke werden sie in Szene setzen und die Aktion auf den unterschiedlichen Kanälen bewerben.
„Das passt perfekt in die Wedeler Bildungslandschaft und ist ein tolles Beispiel dafür, wie übergreifende Zusammenarbeit funktionieren kann“, schwärmt Ulrike Quadfasel. Die Rektorin der Ernst Barlach Gemeinschaftsschule in Wedel ist Feuer und Flamme für die Kulturarbeit der etwas anderen Art. Als Kooperationspartner möchte sie besonders ihre Schüler motivieren, das Angebot wahrzunehmen, das aber für alle geöffnet ist. Barlach wird in den kommenden Tagen in der nach ihm benannten Schule auf jeden Fall schon einmal mehr präsent sein als bislang. Das Museum stellt 15 Bilder zur Verfügung, die die Flure der Gemeinschaftsschule zieren werden.
Zudem wird der offizielle Auftakt am Donnerstag, 16. Januar, in der Aula der Ernst Barlach Gemeinschaftsschule am Tinsdaler Weg gefeiert. Um 14 Uhr beginnt die Informationsveranstaltung, zu der die Jugendlichen eingeladen sind. Der Musiker „Der Dodo“ rappt den eigens für das Projekt kreierten Titel „Haben und Sein“ – das Motto des Wedeler Kulturprojekts im ersten Halbjahr.
Denn nach den Sommerferien startet auf jeden Fall eine zweite Runde des Projekts. Bei positiver Resonanz soll es weitergehen, vielleicht ein Dauerbrenner werden. Wie das gehen soll und wie sich Jugendliche einbringen können, erklären die Organisatoren Interessierten am 16. Januar.
Weitere Informationen und Anmeldungen sind online unter www.ernst-barlach.de/goyoung und unter Telefon 04103/918291 möglich.