Die 37 Jahre alte Susanne aus Uetersen leidet an Blutkrebs. Während die Mutter zweier Kinder im Krankenhaus liegen muss, versuchen ihre Freunde und viele weitere Menschen einen Stammzellenspender für sie zu finden.
Uetersen. Für Joachim Walter ist es nur ein kleiner Pieks. Doch dieser könnte der zweifachen Uetersener Mutter Susanne das Leben retten. Vorausgesetzt, der Wedeler ist der passende Spender für die an Blutkrebs erkrankte 37-Jährige. Walter sagt, er sei es gewohnt, für andere zu spenden. Seit knapp 20 Jahren ist er Blutspender. Jetzt ist er auch als potentieller Stammzellenspender bei der Deutschen Knochenmarkspenderdatei DKMS registriert. So wie Hunderte andere Menschen auch, die am Sonnabend aus dem ganzen Kreisgebiet zur Typisierungsaktion nach Uetersen kamen.
„Ich hatte die Plakate für die Aktion gesehen, die waren bei mir der auslösende Aspekt, um hier dabei zu sein“, sagt Walter. Sollte er am Ende als Spender infrage kommen, würde er sofort zur Verfügung stehen. „Ich weiß, wie schwierig es ist, Spender zu finden. Das ist wie die Suche nach eineiigen Zwillingen“, sagt der Wedeler. Und nicht nur ihm ist bewusst, wie kompliziert die Suche ist. Die Uetersenerin selbst liegt bereits seit den Herbstferien im Krankenhaus. Nach Angaben aus ihrem Freundeskreis geht es ihr schlecht, die bislang erfolglose Chemotherapie raubt ihr die Kraft. Susanne war eigentlich nur wegen einer Schwellung am Mund zum Arzt gegangen, festgestellt wurde dann eine akute Leukämie.
Ein Schicksal, das viele Menschen in der Region berührt. Bis zur Mittagszeit hatten sich am Sonnabend fast 500 Menschen fünf Milliliter Blut abnehmen lassen oder eine Speichelprobe abgegeben. Am Ende wurden es 830 Menschen, die helfen wollen, Susannes Leben zu retten. Regina Glowick vom Organisationsteam ist stolz auf das Engagement der Bürger. Nicht nur derer, die sich in der Grundschule an der Birkenallee typisieren ließen, sondern auch derer, die sich an der Organisation des Hilfstages beteiligt haben. Der Bauhof der Stadt Uetersen hat mit angepackt, und insgesamt 90 freiwillige Helfer sorgten in der Sporthalle und in der Cafeteria für einen reibungslosen Ablauf der Aktion.
Bei den Gesprächen mit Bürgern sei ihr im Vorfeld aufgefallen, dass viele von ihnen noch gar nicht wussten, dass Blutkrebskranken mit einer Stammzellenspende geholfen werden könne, so Regina Glowick. Somit hätten die Freiwilligen beim Spendensammeln Aufklärungsarbeit geleistet, in der Hoffnung, dass der eine oder andere zur Typisierungsaktion kommen würde.
Landrat Oliver Stolz, Uetersens Bürgermeisterin Andrea Hansen und Rolf Heidenberger, Initiator der Hilfsaktion „Appen musiziert“, die sich vor Ort ein Bild von der Aktion machten, waren angetan von der Spendenbereitschaft der Menschen. Eine eigene Blutabnahme war für sie allerdings kein Thema. Denn vor knapp zehn Jahren haben sie sich bereits typisieren lassen. Das sei, so sagt Stolz, wichtig gewesen, denn es habe einige Fälle in der Region gegeben, wo jede Hilfe zählte.
Auch Bettina Steinbauer von der DKMS ist angetan von dem Spendewillen der Bürger. „Wir sind zufrieden mit dem Ergebnis, trotz des Blitzeises auf den Straßen“, sagt sie. Wäre die Wetterlage besser gewesen, wären vielleicht noch mehr Menschen gekommen, doch das Ergebnis könne sich sehen lassen, auch weil es nicht die erste Typisierungsaktion im Kreis Pinneberg sei, zu der die DKMS aufgerufen habe.
Was ihr an diesem Tag positiv aufgefallen sei, das sei die generell gute Informationslage vieler Teilnehmer. Zu allgemeinen Fragen hätten sich die Menschen im Vorfeld gut informiert, sodass sich die notwendigen Beratungsgespräche in Grenzen halten würden. „Viele waren schon gut informiert, aber individuelle Fragen, die bleiben natürlich“, sagt sie. „Die wichtigste Frage der Bürger ist, was passiert, wenn man Spender wird.“ Hier werde aufgeklärt, das Prozedere erläutert. Manche, so sagt sie, würden denken, dass Mark aus der Wirbelsäule oder aus dem Hüftknochen entnommen werde, dass also ein operativer Eingriff notwendig sei. Das sei aber falsch, denn am Rücken werde nie Knochenmark entnommen, und auch ansonsten werde nur bei Kleinstkindern eine Knochenmarkentnahme vorgenommen.
„Normalerweise wird eine periphere Stammzellenentnahme vorgenommen“, sagt sie. Das sei ein recht einfacher ambulanter Eingriff, der etwa vier Stunden dauere. Bei dieser Methode spritzen sich die Spender vor dem Spendetermin fünf Tage lang einen hormonähnlichen Stoff unter die Haut. Dieser Stoff bewirke, dass die Stammzellen stärker produziert und dann in das fließende Blut ausgeschwemmt werden. Nach dem Abschluss dieser Vorbehandlung können die notwendigen Stammzellen dann über ein spezielles Verfahren aus dem Blut gesammelt werden und auf den Krebskranken übertragen werden.
Die Proben, die am Sonnabend in Uetersen gesammelt wurden, werden nun umgehend nach Dresden geschickt. Dort befindet sich ein spezielles Labor, dass in den kommenden Wochen die Blutproben untersuchen wird. „Es wird etwa vier bis sechs Wochen dauern, bis alle Proben durch sind“, sagt Steinbauer. Dann stehe fest, ob ein möglicher lebensrettender Spender für Susanne in der Region vorhanden ist.