Die Schenefelder Kita Biene Sonnenstrahl ist seit einem Jahr Bauruine. Der Streit zwischen dem Bauherren, Politikern und Verwaltung eskalierte jüngst. Gegenseitige Schuldzuweisungen gibt es schon seit längerem.
Schenefeld. In Rellingen ist die neue Kita eröffnet. In Tornesch folgt am Montag der nächste Streich. Während im Kreis Pinneberg derzeit überall neuer Raum für dringend benötige Betreuungsplätze für Kinder geschaffen wird, ragt in Schenefeld seit einem Jahr eine Bauruine gen Himmel. Ursprünglich sollte die Kita Biene Sonnenstrahl mit 35 neuen Plätzen im Mai dieses Jahres eröffnen. Doch auf der Baustelle an der Lindenallee tut sich einfach nichts – anders als hinter den Kulissen. Dort tobt eine Schlammschlacht um Schuld und Gründe, um Verantwortung und Kosten. Offene Briefe werden geschrieben, Anwälte bemüht, Vorwürfe gemacht. Von einer Lösung scheinen Politiker, Verwaltung und Bauträger entfernter denn je zu sein.
Olivia Schmersahl kann darüber nur den Kopf schütteln. Ihre beiden Kinder Antonia, 3, und Valerie, sieben Monate, stehen zusammen mit etwa 60 Kindern auf der Warteliste für die Biene Sonnenstrahl. Schmersahl hatte Glück. Für Antonia bekam sie im August einen Platz in einer anderen Kita der Stadt vermittelt. Trotzdem trauert die Schenefelderin dem Projekt nach. „Der Waldorfkindergarten wäre eine Bereicherung für diese Stadt gewesen“, sagt sie. „Ich hatte die Hoffnung, dass unsere Kinder dort hingehen könnten.“ Die Kita Biene Sonnenstrahl sollte die neunte Einrichtung in Schenefeld und die erste Waldorf-Kita werden. Schmersahl, die tagtäglich an der Bauruine vorbeikommt, findet den Anblick einfach nur traurig. „Es ist so schade, dass hier nichts passiert. Der Bedarf ist da“, ist sie sich angesichts zahlreicher Gespräche mit anderen Müttern sicher. Schmersahl überlegt, einen Brief an die Stadt zu schreiben, um sich die Gründe einmal genau erklären zu lassen.
Das Antwortschreiben könnte lang werden. Die Vorgeschichte ist es nämlich auch. Und je nachdem, welche Seite man befragt, liegen die Gründe unterschiedlich. Klar ist: In der vergangenen Woche eskalierte der Streit, der seit Monaten brodelt. Schenefelds Bürgermeisterin Christiane Küchenhof zog einen Schlussstrich und kündigte die Zusammenarbeit mit dem Träger, dem Heilpädagogischen Förderzentrum Friedrichshulde, auf. Für das Projekt ist das gleichbedeutend mit dem Todesstoß. Denn ohne die Unterstützung der Stadt springt die Kreisverwaltung Pinneberg ab, die nach Verfahrensfehlern bei der Ausschreibung die Fördermittel 2012 einfror und erst freigab, nachdem sich die Schenefelder Stadtverwaltung einschaltete. Ohne die 280.000 Euro starke Zuschussspritze von Land und Bund kann der Verein, der auch Träger des Jugendheims auf der anderen Straßenseite ist, das Kita-Projekt nicht stemmen und bleibt auf einem Darlehen von 500.000 Euro sitzen.
Dem Trägerverein läuft die Zeit davon
Zudem rinnt die Zeit davon. Zum einen muss der Rohbau dringend winterfest gemacht werden, damit er die kommenden Monate übersteht. Zum anderen stammen die nötigen Fördermittel aus einem Topf für den Ausbau des Betreuungsangebots, mit dem der zusätzliche Bedarf durch den im August in Kraft getretenen Rechtsanspruchs für Eltern auf einen Krippenplatz abgefedert werden sollte. Diese Fördermittel sind zeitlich begrenzt. Stichtag: der 31. Dezember dieses Jahres.
„Das ist ein totales Dilemma“, sagt Sabine Birkhoff, Geschäftsführerin des Heilpädagogischen Förderzentrums Friedrichshulde. Sie ist verzweifelt und sauer. Sauer auf die Stadtverwaltung, deren Hilfsangebot aus ihrer Sicht das Verfahren oftmals nur weiter verzögerte. „Alles musste über den Tisch des städtischen Rechnungsprüfers gehen. Diese Prüfungen haben die Abläufe nicht beschleunigt, sondern größtenteils verzögert, und wenn wir um Hilfe baten, zum Beispiel Kontakte in die Kreisverwaltung zu knüpfen, hieß es, das sei Sache des Bauherren, da halten wir uns raus“, so Birkhoff. Küchenhof dagegen spricht von einer sehr intensiven und fachlichen Beratung, die jedoch nicht fruchtete. „Vorschläge und Warnungen wurden nicht ernst genommen. Zudem scheint die Bauherrin nicht verstanden zu haben, dass sie zuständig dafür ist, dass es alles geregelt abläuft.“
Sauer ist Birkhoff auch über das Übernahme-Angebot der Stadt, das dem Träger kurz vor der Eskalation unterbreitet wurde. Die Stadt wollte in das Projekt aber laut Birkhoff nicht in die Finanzierung einsteigen. „Wie sollen wir den Förderern und Vereinsmitgliedern gegenüber rechtfertigen, dass wir der Stadt den Rohbau und das Grundstück schenken und uns noch nicht einmal garantiert wird, dass der Verein Betreiber der Kita wird. Was ist das für ein unseriöser Vorschlag?“, fragt Birkhoff. Deshalb habe man die Übernahme an logische Bedingungen geknüpft. Diese von einer Anwältin formulierten Forderungen kamen im Rathaus gar nicht gut an. „Die aufgelisteten Punkte konnten und wollten wir nicht erfüllen“, so Küchenhof mit Blick auf die Risiken für den Steuerzahler. Daraufhin wurden die Gespräche abgebrochen.
In einem Punkt sind sich Küchenhof und Birkhoff aber einig: Der Bedarf in Schenefeld sei groß genug, um dreimal die Kita Biene Sonnenstrahl zu füllen. Ob, jetzt eine neue Einrichtung auf einem städtischen Grund in Eigenregie errichtet wird und wie es an der Lindenallee weitergeht, damit befassen sich am 14. November der Haupt- und Sozialschuss in einer gemeinsamen Sitzung.